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Ein Mann wie ein Erdbeben

Ein Mann wie ein Erdbeben

Titel: Ein Mann wie ein Erdbeben
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Verzückung.
    »Willst du bei mir bleiben?« fragte er.
    »Das habe ich als sicher angesehen, Bob.«
    »Nicht nur diese Nacht. Immer.«
    »Immer? Was heißt immer? Für Männer ist ›immer‹ nur die Zeit, die sie brauchen, um bis zum Kotzen satt zu werden. Ich kenne das.«
    »Wo wohnst du?«
    »Willst du zu mir?« Sie sah ihn verblüfft an. »Hast du kein schönes Hotelzimmer? Bei mir ist es dumpf, muffig, es riecht nach Bratfisch und Pommes frites, die in altem Öl gebacken sind. Wenn du aus dem Fenster blickst, ist unter dir ein stinkender Hof voller Gemüsekisten, in denen Kohl und Salat verfaulen, die nicht verkauft wurden. Kennst du die Rue de Marconi?«
    »Nein.«
    »Und Madame Bousnard?«
    »Nein.«
    »Sie hat sieben Katzen, die auf den faulenden Gemüsekisten sitzen und jaulen. Man kann die Fenster schließen, man könnte sie sogar verkleben – die Katzen hört man immer, und der Gestank dringt durch die Mauern. Da willst du mich lieben? Bist du pervers?«
    »Komm zu mir, Claudette.« Bob Barreis legte den Arm um ihre schmale Schulter. »Ich habe eine Wohnung im Fiori-Haus.«
    »So vornehm?«
    »Ganz oben, mit einem weiten Blick übers Meer und direkt in den Himmel.«
    »Und da redest du von ›immer‹?«
    »Ja. Du verstehst das nicht –«
    »Bestimmt nicht. Ich bin eine arme Hure, mein Liebling. Das heißt, ich hätte reich sein können, wenn ich bei allen Männern das verdammte ›immer‹ geglaubt hätte. Aber so dumm war ich nie. Nur bei dir« – Sie zögerte, sah ihn mit ihren mandelförmigen, etwas schrägen Augen an und strich sich die langen schwarzen Haare aus der Stirn. Es war ein Blick, der das Bild Marions in Bobs Herz wegschmolz. Noch einmal dachte er an sie, dann verdunkelte sich die Erinnerung völlig, und die Gegenwart und die Zukunft leuchteten auf wie hundert heiße, gleißende Sonnen. »Bei dir bin ich zum erstenmal unsicher …«, sagte sie leise. »Aber was soll's: Es gibt ja kein ›immer‹! Ich bin eine Hure!«
    »Du bist ein Zaubergeschöpf, Claudette«, sagte Bob Barreis. »Mit dir könnte das Leben seinen Brechreiz verlieren.«
    »Bis du mich auskotzt …«
    »Dann bin auch ich am Ende.« Er drückte sie an sich, es war ein wenig kitschig und übersentimental, Liebesgejammer und Katergeheul, aber er meinte es in diesem Augenblick so ernst, daß er es hätte beschwören können. »Wollen wir das Ende zusammen erleben?«
    »Ende? Bist du krank? Unheilbar?«
    »O Himmel nein, ich bin kerngesund. Ich will hundert Jahre werden. Schon darum, um noch vierundsiebzig Jahre lang das Barreis-Vermögen zu belasten. Allein dieser Gedanke wird mich jung halten. Und du sollst bei mir sein …«
    »Vierundsiebzig Jahre lang?«
    »Ja.«
    »Liebling, du bist vielleicht ein Narr! In zehn Jahren sehe ich aus wie ein Brezelmännchen! Glaub es mir. Aber diese zehn Jahre, die lebe ich. Mit Trompeten und Posaunen, Trommeln und Pauken. Rechne also nur mit zehn Jahren, Schätzchen.« Sie hob die Schultern. »Vielleicht werden's auch nur zehn Tage. Ich bin teuer.«
    »Wenn das wahr wäre, hättest du eine Villa auf Juan-les-Pins.«
    »Ich brauche alles Geld für anderes.«
    Sie sagte es leichthin, und Bob begriff es nicht. Er dachte an Kleider, Schmuck, teure Restaurants, Bälle, Seefahrten, Ausflüge zu den Plätzen, wo das Einatmen der Luft schon ein Luxus ist.
    »Ich habe genug«, sagte er. »Wenn es nicht reicht, werde ich mit Onkel Theodor verhandeln. Um allein in Vredenhausen zu regieren, würde er dem Teufel den Schwanz vergolden.«
    »Ich kenne weder Onkel Theodor noch dieses Vredenhausen.« Claudette hakte sich bei ihm unter. Vom Meer wehte ein warmer Wind durch den Park des Angleterre. Atem aus Afrika, ein Aufseufzen der Sahara. »Ich will deine Wohnung unter dem Himmel sehen, Bob.«
    Er nickte, spürte in sich das unbeschreibliche Gefühl eines Glückes, das die Welt verändert, und zog sie mit sich fort zu seinem auf der Croisette wartenden Wagen.
    Von der Tanzterrasse des Hotels d'Angleterre beobachteten Tschocky und seine Freunde den seligen Abgang Bob Barreis'. Sie hoben die Gläser und stießen miteinander an, als hätten sie einen guten Vertrag zum Abschluß gebracht.
    »Der Fisch ist am Haken!« sagte Tschocky zufrieden. »Jetzt wird er aufs Trockene gezogen.«
    »Und du glaubst, Claudette schafft es?«
    »Wenn eine, dann nur sie.«
    »Und falls sie sich in Bob verliebt? Auch bei Huren ist alles möglich!«
    »Das ändert nichts. Im Gegenteil.« Tschocky trank ex. In seinem weißen
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