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Ein Mann wie ein Erdbeben

Ein Mann wie ein Erdbeben

Titel: Ein Mann wie ein Erdbeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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brennender Wagen entwickelt?«
    »Ich nicht – aber die Experten.«
    »Die Experten sind Scheißer! Haben sie schon mal in einem brennenden Auto gesessen? Jeder Unfall ist anders, es gibt darunter keine Zwillinge.« Er beugte sich vor. Renates Gesicht, noch glatt, etwas rundlich, mit großen, fragenden Augen, immer verzeihende Güte, angeborene Mütterlichkeit wie ein Muttermal, wich nicht zurück. Es blieb ein Marienbild, vor dem man beichten soll. Man müßte hineinschlagen, durchzuckte es Bob. Mitten hineinschlagen. In diese Visage mit überirdischer Liebe alles zudeckender Sanftheit. Zertrümmern diese Augen! Zerreißen diesen frommen Mund. »Was glaubst du?« fragte er so heiser, daß er sich selbst kaum noch verstand. »Na? Sag es schon! Bin ich ein Mörder? Habe ich meinen Freund Lutz bewußt verbrennen lassen? Und das Motiv? Wo ist das Motiv? Nur so, Renatchen, nur so aus Spaß, nicht wahr, tötet ein Barreis seinen besten Freund? Zuzutrauen ist es ihm, nicht wahr? Ein Kerl, der nur Geld ausgibt, aber keins verdient, der ist verdächtig, gehört nicht in unsere wohlerzogene Gesellschaft. Onkel Theodors Lohntütensprüche! Berühmt im ganzen Land. Einen habe ich behalten: ›Eine volle Lohntüte ist der Händedruck des Fleißes.‹ Ich habe mir von den Arbeitern alle erreichbaren Tüten geben lassen und mir zehn Tage lang damit den Arsch gewischt. Die letzte, beschissene Lohntüte habe ich in einem Samtkästchen Onkel Theodor mit der Post geschickt. Er hat nie darüber gesprochen – aber er ahnt, wer so ruchvoll demonstrierte. So ein verkommener Mensch – was sage ich, Mensch, ein Subjekt, dem man keinen Namen geben kann – läßt natürlich seinen Freund verbrennen.«
    »Warum stand der Wagen auf einem schmalen Seitenweg und nicht auf der Rallyepiste?«
    »Wir hatten uns verfahren.«
    »Du hattest dich verfahren?«
    »Lutz. Als ich es merkte – ich war eingeschlafen –, wechselten wir. Ich mußte weiter, was blieb mir anderes übrig?«
    »Die kleine Straße durch die Felsen kürzte die Rennstrecke ab, nicht wahr? Wußtest du das?«
    »Natürlich! Ich hab's auf der Karte gesehen. Weiß ich, was Lutz sich dabei gedacht hat, als er abbog?«
    Renate Peters blickte Bob Barreis groß an. Er lügt, dachte sie. Ich habe immer gemerkt, wenn er log. Er konnte vor mir nicht lügen. Und er wußte das … deshalb blickte er mich nie an, wenn er die Unwahrheit sagte. Auch jetzt sieht er an mir vorbei. O mein Gott, wenn der alte Adams und seine Anklagen keine Hirngespinste sind! Irgendwo muß hier die Wahrheit hinter Blut und Feuer stecken … warum hat Dr. Dorlach sonst die Akten angefordert und mit dem Oberstaatsanwalt telefoniert? Ich habe es gehört. »Ich komme vorbei und spreche mit Ihnen den Fall durch«, hat er gesagt. »Eine unglückliche Kette von Zufällen – so etwas kann sich zu einem völlig falschen Bild summieren. Bedenken Sie, Robert Barreis ist ein bekannter Rallyefahrer, er hat ungezählte Preise errungen, er fühlt sich in einem Sportwagen wohl wie in seinem Bett, auch in Unfällen hat er Praxis –« Lachen von Dr. Dorlach »– er hat wirklich alles bis zur Selbstaufopferung getan, um seinen besten Freund zu retten! Wir sprechen die Sachlage noch eingehend durch, Herr Oberstaatsanwalt.«
    Und dann war da eine Berechnung bei den Akten. Von der Rennleitung bestätigt. Zeitnehmerkontrollen. Bob Barreis und Lutz Adams lagen an vierter Stelle, durch einen Reifenwechsel bei Grenoble. Neununddreißig Minuten Verlust bis Monte Carlo … die elektrischen Uhren der Kontrollen waren unbestechlich. Ein Bob Barreis nur Vierter? Und da gibt es eine Möglichkeit, durch einen engen Felsweg die Strecke abzukürzen, diese fehlenden Minuten zu ersetzen durch einen Schwindel. Keiner sieht es in dieser eisigen Nacht, keiner wird etwas sagen … man wird Bob Barreis zujubeln, wenn er mit der besten Zeit durch die Zielkontrolle fährt. Nur einer ist da neben ihm, der von seinem Vater gelernt hat: Ehrlichkeit ist das Fundament des Lebens. Ein Satz, den ein Bob Barreis ebenfalls mit Kot beschmieren würde wie die Lohntüten seines Onkels.
    Was war in dieser Nacht auf dem einsamen, vereisten Feldweg geschehen?
    »Du warst nur Vierter, nicht wahr?« fragte Renate Peters.
    Bob Barreis drückte das Kinn an. Die beiden Ströme in seinem Körper trafen sich … das Feuerwerk der Vernichtung leuchtete in ihm auf, zerplatzte mit lustvollen Lauten.
    »Ja.«
    »Aber über den Weg wärest du Erster geworden …«
    »Steig aus!«

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