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Ein Mann wie ein Erdbeben

Ein Mann wie ein Erdbeben

Titel: Ein Mann wie ein Erdbeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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die Brauen zusammen. Ein neuer Ton bei Renate, so plötzlich, so das ganze Bild der Jungfer Peters umstoßend, daß er einen Moment sprachlos war. Dann sagte er: »Renatchen, du machst dich. Noch solch einen Salto vorwärts, und wir verstehen uns wieder prächtig.« Er holte vorsichtig Atem … wenn er jetzt tief einatmete, würde das Kribbeln zu seinem Geschlecht vordringen. Dann war es zu Ende mit der Ruhe – er kannte das genau. Die vollen Brüste vor seinen Augen zogen ihn an wie ein Magnet. Sie wird sicherlich schreien, dachte er. Um sich schlagen. Um Hilfe rufen. Mich wegstoßen. Mit den Fäusten um sich schlagen. Treten. »Bist du verrückt, Bob?!« wird sie schreien. »Ich habe dich großgezogen. Ich war deine zweite Mutter …« Und er würde zurückschreien, mitten in ihr vor Entsetzen sich auflösendes Gesicht: »Das ist es ja! Darum mußt du dran glauben! Darum bringe ich dich um!«
    Bob Barreis rückte weg von Renate und lehnte sich an die Tür. Nein, schrie er sich zu. Nein! Nein! Wenn du das jetzt tust, bist du ein Wahnsinniger. Dann weißt du selbst, daß du nicht mehr zu dieser Menschheit gehörst. Eigentlich weißt du das schon längst, aber du sollst es dir nicht selbst bestätigen.
    »Lutz Adams …«, sagte Bob gedehnt. »Darüber wolltest du etwas sagen. Über den alten Adams, diesen wandelnden Sänger der Rache. Warum eigentlich benimmt er sich so?«
    »Er behauptet, daß du Lutz umgebracht hast.«
    »So, sagt er das? Er war ja auch dabei, als der Wagen brannte.«
    »Niemand war dabei – nur du und Lutz. Und Lutz verbrannte, weil er auf seiner Seite nicht aus der Tür konnte. Da waren die Felsen.«
    »Richtig. Das wurde alles von der Polizei rekonstruiert. Wir klebten an den vereisten Steinklötzen wie Rotz.«
    »Aber du konntest dich retten.«
    »Ist das eine Schande? Wäre es besser gewesen, wenn ich auch im brennenden Benzin gelegen hätte? Habt ihr alle auf solch einen Zufall gewartet? Onkel Theodor, nicht wahr? Er beklagt seitdem das Schicksal und Gott, daß beide so blind waren. Vielleicht tritt er sogar aus der Kirche aus, was? Und auch die Weihnachtsbescherung im Kindergarten von Vredenhausen fällt dieses Jahr aus, weil der liebe Gott mich hat leben lassen? Ist so die Lage in meiner hochehrsamen Familie? Und wer steht im Hintergrund, als neuer Kronprinz der Barreis-Werke? Mein Freund und Lebensretter Hellmut Hansen, dieser seelenvolle Pisser, bei dem jeder Tropfen Urin Menschenwürde und Nächstenliebe enthält! Aber siehe da … der Lümmel Bob lebt! Entkommt dem Feuermeer. Da muß doch wieder etwas schief dran sein, das kann doch nicht mit rechten Dingen zugehen, so sträflich blind kann Gott nicht sein, daß er Old Seelenheld vernichtet und Old Riesenschwein überleben läßt. Da stimmt doch etwas nicht. Ist es so, Renatchen?«
    »Bob –«
    »Hör auf mit deinem Bob. Es klingt wie Amen!« Barreis' Stimme wurde schriller. Das Kribbeln in seinem Körper stieg höher, lag in den Hüften, kroch dem drängenden Gefühl im Unterteil seines Körpers von oben, über Hals und Schulter, entgegen. Wenn sie zusammentreffen, ist es geschehen, durchfuhr es ihn. Ich fühle die Sehnsucht, jemanden schreien zu hören. Ich spüre es bereits ganz stark. Es zerfrißt mich von innen, wenn nicht bald jemand schreit … »Sag endlich, was du weißt!«
    »Ich habe bei Herrn Haferkamp auf dem Schreibtisch die Akten gesehen, die Dr. Dorlach von der Polizei bekommen hat. Abschriften der technischen Untersuchungen.«
    »Und hast sie gelesen?«
    Renate Peters nickte langsam. Es war ein bedeutungsvolles Nicken. »Ja. Was sie darin schreiben …«
    »Was schreiben sie?«
    »Lutz wäre hilflos zwischen Sitz und Armaturenbrett eingeklemmt gewesen. Nach dem Grad der Brandschäden hat sich das Feuer von hinten langsam nach vorn gefressen … so langsam, daß du Lutz hättest befreien können, bevor ihn die Flammen erreichten …«
    »Meine Hände waren verbrannt!« Bob Barreis stieß die Tür auf. Nachtkühle stieß in den Wagen, prallte gegen seine Stirn, auf der in dicken Tropfen der Schweiß stand. »Hast du sie nicht gesehen? Habt ihr nicht alle es gesehen? Beide Hände waren verbunden, die Handflächen ohne Haut, ich habe jetzt noch Narben … Hier, hier … sieh sie dir an!« Er hielt ihr beide Handflächen vors Gesicht, so nahe, daß sie gar nichts mehr sehen konnte. Hände, die zitterten, die in der Nähe ihres Körpers zu glühen begannen. »Ich habe alles versucht! Weißt du überhaupt, welche Glut ein

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