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Ein Mann wie ein Erdbeben

Ein Mann wie ein Erdbeben

Titel: Ein Mann wie ein Erdbeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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die wie drohende Fäuste seinen Weg säumten. »Lutz! Ich konnte dir nicht helfen! Es war zu heiß. Die Flammen, Lutz! Ich bin nicht rangekommen! Du hast doch gesehen, daß ich nicht rankonnte?! Lutz!«
    Eine Stunde später las ihn der Rallyewagen Nummer 51, ein schwedisches Team, auf der Staatsstraße auf. Bob Barreis lag am Straßenrand, die verbrannten Handflächen in den Schnee gewühlt. Er weinte und war nicht zu beruhigen.
    Von Briançon, einem kleinen Städtchen nördlich der Unfallstelle, raste die Feuerwehr heran. Ihr Sirenengeheul flog ihr weit voraus durch die stille, kalte Nacht.
    Bob Barreis schwankte zu dem schwedischen Wagen und verkroch sich auf den Hintersitz zwischen die Spezial-Reservereifen.
    Die Feuerwehr? Wer hatte sie angerufen? Woher wußte man in Briançon, daß ein Wagen ausgebrannt war? Die Rallyefahrer auf der Strecke jedenfalls wurden von dem Unfall überrascht.
    Bob Barreis umwickelte seine Hände mit den Brandbinden aus der Autoapotheke der Schweden. Sein verwirrter Geist sammelte sich wieder und begann nüchtern zu arbeiten.
    Die Feuerwehr von Briançon!
    Gab es dort oben in den Felsen einen Augenzeugen?
    Die amtliche Untersuchung der Unfallkommission, der sich die Polizei von Nizza und Grenoble anschloß, kam zu einem eindeutigen Ergebnis. Das Verhör, dem sich Bob unterzog, und die Feststellungen der Experten am Unfallort setzten sich zu einem klaren Bild zusammen. Kommissar Pierre Laval, ein im Dienst auf der Straße ergrauter Beamter, dessen größter Fall vor zehn Jahren die gewaltsame Schwängerung einer Bürgermeistertochter gewesen war, führte die Verhandlung mit der Höflichkeit der Franzosen und der Achtung vor dem Geld, das jetzt um ihn versammelt war. Wenn ich von jeder Million, die hier herumsteht, nur einen Franc bekomme, dachte er, habe ich ein Jahresgehalt zusammen.
    Bob Barreis, blaß, aber von einer erstaunlichen Energie durchdrungen, machte mit fester Stimme seine Aussagen. Sie saßen in einem kleinen Omnibus der Polizei von Nizza und waren bis zu dem ausgebrannten Wrack gefahren. Den verkohlten Körper hatte ein Bestattungsunternehmen bereits abtransportiert und in der Leichenhalle von Nizza aufgebahrt. Die Kosten übernahm Bob. Er drückte dem Vertreter des Sarggeschäfts ein Bündel Francnoten in die Hand und sagte mit erstickter Stimme:
    »Suchen Sie Ihren schönsten Sarg aus. Und regeln Sie die Überführung nach Vredenhausen. Chartern Sie ein Flugzeug, und bringen Sie meinen Freund nach Deutschland. Kosten spielen keine Rolle.«
    Nun saßen Kommissar Laval, Bob Barreis, die Schweden, die ihn gefunden hatten, der Gerichtsmediziner, zwei Unfallexperten und ein Mitglied der Rallyeleitung in dem kleinen Polizeibus und sahen schaudernd hinaus auf das ausgeglühte, zusammengeschmolzene, formlose Auto. Bob Barreis schilderte noch einmal den Hergang.
    »Lutz wollte den Weg abkürzen. Er hatte diese verdammte Nebenstraße ausgemacht und sich ausgerechnet, daß wir damit vierzig Kilometer abkürzen könnten. Natürlich war das Betrug, aber Lutz war so erregt, daß mit ihm nicht mehr vernünftig zu reden war. Der Zeitverlust, die Aussicht, nur Vierter zu werden, machten ihn glatt verrückt. Ich habe alles versucht, ihn umzustimmen, habe auf ihn eingeredet wie auf ein krankes Pferd … umsonst. Als er dann in die Nebenstraße wirklich einbog, habe ich sogar versucht, den Schlüssel aus der Zündung zu ziehen. Das war lebensgefährlich bei dem Tempo, das er draufhatte. Er hat mich gegen die Stirn geschlagen und auf den Sitz zurückgeworfen. Wie ein Irrer ist er den schmalen, vereisten Weg hinauf … Ja, und dann ist's passiert. Es ging so schnell … ich weiß nicht, wie es geschah … Ich wurde plötzlich aus dem Wagen geschleudert, weil die Tür aufsprang. Und dann brannte auch schon der ganze verbeulte Blechhaufen.«
    Bob Barreis wischte sich mit zitternden Händen über die Augen. Die Anwesenden hatten Mitleid mit ihm. Der Rallyedirektor schnaufte ergriffen durch die Nase. Kommissar Laval starrte trübsinnig auf das Wrack. Dünner Neuschnee hatte aus ihm eine phantastische Plastik gemacht.
    »Der Wagen brannte sofort?« fragte er.
    »Wie nach einer Explosion.«
    »Aber er ist nicht explodiert.«
    »Ich sagte ›wie‹, Herr Kommissar.«
    »Und Sie haben Ihren Freund nicht mehr herauszerren können?«
    »Nein. Er war so eingeklemmt, daß alles Ziehen und Reißen nichts half. Als dann die Flammen zu hoch wurden …« Bob hob seine dick verbundenen Hände. Sie waren

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