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Ein Mann wie ein Erdbeben

Ein Mann wie ein Erdbeben

Titel: Ein Mann wie ein Erdbeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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überwinden. Ich bin die Mauer, über die niemand klettern kann. Was dahinter geschieht, ist für die ganze Welt ohne Interesse. Hat ohne Interesse zu sein … dafür sorge ich.
    »Ihr Sohn ist freiwillig mitgefahren«, sagte Haferkamp langsam. Im Unterton seiner Stimme schwang die Warnung: Auch trauernde Väter sollten sich ihre Worte überlegen. »Es war nicht das erste Unglück und wird nicht das letzte dieser Art sein. Immer verunglücken mutige Sportler. Rosemeyer, Graf von Trips, Nuvolari, Ascari … fast in jedem Jahr einer. Nun hat es Bob und Ihren Sohn getroffen. Wollen Sie Bob dafür verurteilen, daß er überleben konnte? Lieber Herr Adams, ich kann Ihren tiefen Schmerz ermessen. Ich bin gekommen, um Ihnen zu helfen. Ich weiß, Lutz ist durch nichts zu ersetzen. Worte sind jetzt leeres Geschwätz. Trotzdem – Sie sollen wissen, daß ich immer für Sie da bin.«
    Theo Haferkamp holte ein dünnes Heft aus der Brusttasche, riß ein bereits ausgefülltes Formular heraus und legte es auf den Tisch. Ein Scheck. Zehntausend Mark. Der alte Adams legte die Faust darauf.
    »Soll ich Ihnen danken?« fragte er heiser.
    »Nein.«
    »Ich verkaufe meinen Sohn nicht. Auch nicht als Leiche –«
    »Sie mißverstehen mich wieder.« Haferkamp erhob sich schnell. »Ich wollte damit nur ausdrücken …«
    »Ich weiß, ich weiß, Herr Direktor. Und nun gehen Sie. Bitte, gehen Sie –« Der alte Adams wandte sich um und drehte das Radio lauter. Auf volle Lautstärke, die Töne überschlugen sich schreiend.
    Haferkamp zuckte zurück, verzichtete auf weitere Erklärungen und verließ das kleine, armselige Haus. Auf der Rückfahrt nach Vredenhausen überlegte er, wie man Bob aus seiner verwickelten Lage herausholen könnte. Ich werde Hellmut Hansen zu ihm schicken, dachte Haferkamp und freute sich über diesen guten Gedanken. Hellmut wird Bob zurückholen aus dem Wirrwarr, in den er geraten ist. Für solche Missionen ist er unbezahlbar. Bobs private Feuerwehr, hatte Onkel Theo bei sich Hellmut Hansen getauft. Seit jener Rettung aus dem gebrochenen Eis war Hellmut der einzige, der Bob an die Zügel binden konnte. Es war eines der rätselhaften Geheimnisse, mit denen Bob lebte. Für Theo Haferkamp war das Grund genug, Hellmut Hansen wie einen eigenen Sohn zu behandeln und für seine Ausbildung als Diplom-Ingenieur zu sorgen.
    Ich werde ihn nach Monte Carlo schicken, dachte Haferkamp noch einmal. Es gibt im Augenblick keinen besseren Gedanken.
    Er fuhr zu seiner Landhausvilla zurück und gab telefonisch ein Telegramm nach Aachen auf, wo Hellmut studierte.
    ›Sofort nach Monte Carlo fliegen. Bob verunglückt. Onkel Theo.‹
    Dann machte er sich auf den Weg, Mathilde Barreis zu benachrichtigen.
    In der Barreis-Villa, diesem schloßähnlichen Gebäude in einem zwanzigtausend Quadratmeter großen Park, mit Türmchen an den vier Ecken und einem Ruderteich, einem Tennisplatz und einer Schwimmhalle, einer Reitbahn und einem Boccia-Platz, war man Aufregungen wegen Bob gewöhnt. Da sie immer in diesen Mauern blieben und nie nach draußen drangen, wurden die Barreis' allgemein beneidet und als Glückskinder des Schicksals angesehen. Aber nicht nur das. Auch Furcht beschlich die Gemüter, wenn man an die Barreis' dachte. Die Macht der Fabriken lag in fünftausend Betten und war dabei, wenn Kinder gezeugt wurden oder Greise starben. Geburtenhilfe hieß die eine Macht, Sterbehilfe die andere … Theo Haferkamp nannte sie ›meine besten sozialen Einrichtungen‹. Die größte Macht war die Lohntüte. Sie regulierte das tägliche Leben. Sie machte aus einem Arbeitstier erst einen Menschen. Und auf der Lohntüte stand: Barreis-Werke, Vredenhausen.
    Der liebe Gott war ein Hausierer gegen Theo Haferkamp.
    Die Barreis-Werke garantierten die Butter auf dem Brot und Schinken dazu. Der liebe Gott handelte mit nicht nachweisbaren Versprechungen.
    »Ich ahne es«, sagte Haferkamp, nachdem Mathilde Barreis ein paar Tränen abgetrocknet hatte. »Der Junge steckt bis zum Hals in der Scheiße!«
    »Du bist ordinär, Theo.« Mathilde Barreis tupfte sich die feuchte Nase. »Er ist schwer verletzt. Mein Gott, vielleicht hat er große Schmerzen. Und keiner ist bei ihm. Mein armer Junge …«
    »Der arme Junge hatte einen Freund im Wagen, der verbrannt ist. Noch weiß keiner, wie's passiert ist, aber das Telegramm da …« Haferkamp wies auf das Formular, das vor Mathilde Barreis auf dem Barocktischchen lag. »So kurz und lakonisch, wo wir alle wissen, wie Bob mit

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