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Ein Mann wie ein Erdbeben

Ein Mann wie ein Erdbeben

Titel: Ein Mann wie ein Erdbeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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einen Handel vor. Wir fahren die Abkürzung und stellen uns unter den Siegerkranz in Monte Carlo … und du kannst einen weißen Schlips tragen, auf dem nicht in roter Farbe steht: Mein Vater ist ein Lump!«
    »Du bist ein Schwein! Ein ganz dreckiges Schwein!« Lutz Adams warf das Streckenbuch nach hinten auf den Notsitz. Zwischen Ersatzteilen und Werkzeugkisten fiel es auf den Boden. »Ich schwöre dir … das ist die letzte Fahrt mit dir! In Monte Carlo kenne ich dich nicht mehr!«
    »Abgemacht!« Bob Barreis lachte wieder, als erzähle man sich die deftigsten Witze. »Ich bin fünf Jahre mit einem Waschlappen herumgefahren! Es wird Zeit, daß ich ihn auswringe.«
    »Du bist verrückt! Du bist tatsächlich verrückt!«
    »Nenn's, wie du willst. Ich muß dieses Rennen gewinnen.«
    »Und warum, verdammt noch mal? Wegen dieses lausigen Pokals, der nachher im Schrank verstaubt?«
    »Nein, es geht um mehr!« Bob beugte sich vor. Die Felsen schoben sich zusammen wie Backen einer Riesenzange. »Aber das verstehst du nicht. Du wirst das nie verstehen! Du bist immer Lutz Adams gewesen. Der brave Sohn. Der Pennäler. Der Abiturient. Der Medizinstudent. Später der Arzt. Der Chefarzt. Ein Mensch aus eigener Kraft. Verflucht, laß mich in Ruhe! Ich gewinne die Rallye! Verstehst du?!«
    Adams nickte schweigend. Er legte den Arm auf die Lehne von Bobs Sitz. Als er dessen Schulter berührte, zuckte Barreis nach vorn, als habe ihn ein Feuerstrahl in den Rücken getroffen.
    »Langsam begreife ich«, sagte Adams mit der begütigenden Stimme eines Psychiaters, der einem Schizophrenen bestätigt, daß er Heinrich der Vogeler sei, und damit dessen Vertrauen gewinnt. »Komplexe, mein Lieber. Gerade darum sollten wir ehrlich als Vierter durchs Ziel gehen.«
    »Du Narr!« Bob nahm das Gas weg. Die Abzweigung tauchte in den sechs Leuchtfingern der Halogenscheinwerfer auf. Sie zitterten zur Seite, ergriffen die schmale Straße, holten den steinigen Belag aus der frostklirrenden Nacht. Der Maserati gehorchte dem Steuer, die Räder mit den stählernen Spikes knirschten im Eis … der Wagen bog ab. Lutz Adams ballte die Fäuste. Er wollte Bob ins Steuer greifen, aber im gleichen Augenblick gab dieser Gas. Heulend tanzten die 240 Pferde über die vereisten Steine bergan.
    Ein Weg, wie für Esel in die Felsen gehauen. Ein elender Pfad. Eine Teufelspiste in die Hölle. Aber vierzig Kilometer kürzer als die Staatsstraße.
    »Hier kann doch kein Auto fahren!« schrie Adams und klammerte sich am Armaturenbrett fest. »Wir brechen uns den Hals! Bob, noch können wir zurück!«
    Der Wagen schlitterte über die glatten Steine, mahlte sich mit den Spikes durch das Eis. Ein paarmal drehten die Räder durch, es war, als hebe sich der Maserati vom Boden ab und schwebe. Schneewolken und vereister Schotter donnerten gegen das Bodenblech und hüllten sie ein wie in einen Explosionspilz. Bob Barreis aber fuhr weiter. Über das Steuer gebeugt, in die tanzenden Lichtpfeile seiner sechs Scheinwerfer starrend, ließ er den Wagen hochklettern und kurbelte sich durch die eng zusammenrückenden Felswände. Als der Pfad etwas breiter wurde, gab er wieder Vollgas. Lutz Adams wischte sich mit zitternden Händen über das schweißnasse Gesicht.
    Er bringt uns um, dachte er. Sein Ehrgeiz ist das Gift, das seinen Verstand auffrißt. Worte verlieren jetzt allen Sinn … man muß handeln. Und zwar sofort, ehe wir uns den Hals brechen.
    Mit einem Schwung warf sich Adams auf Bob, als dieser in einer engen Kurve das Gas wegnehmen mußte und sogar bremste. Der Angriff erfolgte so plötzlich, daß Bob nur mit den Ellbogen zurückstoßen konnte, aber als er sah, wie Adams nach dem Zündschlüssel griff und ihn herumdrehen und aus dem Schloß reißen wollte, gab er wieder Gas und riß das Steuer herum. Der Maserati begann einen Höllentanz, riß sich aus der Herrschaft der Menschen und kreischte über das Eis.
    »Festhalten!« brüllte Bob mit fremder, heller Stimme. »Festhalten!«
    Die Felsen.
    Nackte Wände, über die das Eis wie glitzernde Gardinen hing.
    In den sechs Scheinwerfern blühte der Tod wie ein Zaubergarten auf.
    Ein erstarrter Wasserfall. Eiszapfen wie ein hochgezogenes Gittertor.
    Der Weg ist offen. Freie Fahrt in die Hölle!
    Noch bevor der Wagen gegen die Felswand prallte, drückte Bob den Türhebel hinunter, zog den Kopf tief in die Schultern, krümmte sich zusammen wie ein Turmspringer, der einen Salto dreht, und ließ sich dann hinausfallen. Der Aufprall war

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