Ein Mann wie Mr Darcy
Anblick seines Namens erfüllt mich mit einem widerstrebenden Gefühl des Respekts. Schließlich ist die Daily Times nicht irgendein Lokalblättchen, sondern eine überregionale Zeitung.
Na ja, aber wir wollen nicht übertreiben, denn die NewYork Times ist es auch wieder nicht. Ich kaue auf meiner Lippe herum, während mein Blick auf den Artikel fällt. Ein Teil von mir ist fest entschlossen, ihn nicht zur Kenntnis zu nehmen, sich aus Prinzip zu weigern, ihn zu lesen. Und doch -
Also bitte, wie sollte ich da widerstehen?
Neugierig beginne ich zu lesen, auch wenn ich nicht die leiseste Ahnung habe, wer dieser Schauspieler ist. Nicht dass es eine Rolle spielen würde. Ich will nur eine Bestätigung dafür, dass es schlecht geschrieben ist. Sobald ich das weiß, höre ich auf. Was, da bin ich mir sicher, in wenigen Minuten der Fall sein wird …
Hm, na ja, die Einleitung ist gar nicht so übel. Aber egal, ich bin sicher, es wird noch schlechter werden.
Aber das tut es nicht, ganz im Gegenteil, es wird sogar noch besser. Beim dritten Absatz bin ich ernsthaft beeindruckt. Spike hat definitiv seinen eigenen Stil. Er schreibt weder zu vage noch überdetailliert, sondern einfach gut.Verständnisvoll, respektvoll und ziemlich sympathisch.
Verdammt.Was für eine Enttäuschung. Dabei wollte ich ihn doch so gern in der Luft zerreißen.
Schlimmer noch, an manchen Stellen ist das Interview sogar lustig, stelle ich fest und kichere über eine Bemerkung über Männer, die in High Heels manchmal besser aussehen als Frauen.Wer hätte das gedacht? Spike Hargreaves hat Humor.
»Irgendwas Lustiges?«
Ich schaue auf und sehe den Autor höchstpersönlich mit etwas, das nach einem großen Brandy aussieht, hinter dem Sessel hervortreten.
»Nein, eigentlich nicht«, antworte ich steif. Ich ärgere mich, weil ich mich habe erwischen lassen, wie ich über etwas lache, das er geschrieben hat.
»Ist das die Daily Times?«
»Keine Ahnung. Ach ja?« Ich tue so, als hätte ich es bisher nicht bemerkt, falte die Zeitung hastig zusammen und stopfe sie seitlich neben das lederne Sitzkissen – ein Versuch, das lästige Beweisstück loszuwerden.
Spikes Augen wandern von mir zu der Zeitung, dann tritt er wortlos vor den Kamin, lehnt sich gegen den Sims und blickt nachdenklich in seinen Brandy, den er im Glas herumschwenkt.
Oh nein, hat er etwa vor, hier stehen zu bleiben? Verärgert über diese Störung, bin ich halb versucht, aufzustehen und zu gehen. Doch mein Stolz hindert mich daran. Ich war zuerst hier, warum sollte ich also den Rückzug antreten? Und abgesehen davon habe ich, wie gesagt, ein neues Kapitel aufgeschlagen. Ich werde nicht mehr zulassen, dass er mich ärgert, sondern einfach so tun, als wäre er nicht da. Lalala …
Lässig nehme ich mein Stolz und Vorurteil zur Hand. Okay, wo war ich? Ich überfliege die Absätze. Ach ja, hier, wo Darcy anfängt, Elizabeth zu beachten.
»Elizabeth war so beschäftigt, Mr. Bingleys Aufmerksamkeiten ihrer Schwester gegenüber zu beobachten, dass sie gar nicht bemerkte, dass sie selbst in den Augen seines Freundes Gegenstand von einigem Interesse geworden war. Mr. Darcy hatte zu Anfang nur mühsam zugeben wollen, dass sie hübsch sei:Auf dem Ball hatte sie keinen großen Eindruck auf ihn gemacht, und als sie sich das nächste Mal trafen, war er nur auf Kritik an ihr aus.«
Hm, wie so mancher, den ich jetzt nennen könnte. Ich ärgere mich noch immer über Spikes Urteil, das er gestern im Bus über mich abgegeben hat.
›Aber kaum hatte er sich selbst und seine Freunde davon überzeugt, wie wenig bemerkenswert ihr Gesicht war, da begann er zu entdecken, dass es durch den strahlenden Ausdruck ihrer dunklen Augen ungewöhnlich intelligent erschien. Dieser Entdeckung folgten einige andere, ähnlich demütigende. Obgleich er nämlich mit kritischem Auge mehr als eine Unregelmäßigkeit in dem Ebenmaß ihrer Züge festgestellt hatte, musste er zugeben, dass ihre Figur schlank und graziös war; und trotz seiner Behauptung, ihr Benehmen sei nicht das der großen Welt, zog ihn ihre liebenswürdige Ungezwungenheit an.‹ <
Spike räuspert sich, als wolle er etwas sagen, aber ich schaue nicht hoch, sondern lese unbeirrt weiter.
›Von all dem merkte sie gar nichts; für sie war er nur der Mann, der überall Anstoß erregte und sie zum Tanzen nicht hübsch genug fand.‹
»Du und ich, wir haben uns offenbar auf dem falschen Fuß erwischt, was?«
Einen Moment lang überlege ich,
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