Ein Mann wie Mr Darcy
mehr als ein dünnes Rinnsal heraustropft, unter das ich meinen Waschlappen halte. Eine der Regeln, wenn man Stellas Ergüssen lauscht, lautet, dass man ihr seine volle Aufmerksamkeit schenken muss. Unabhängig davon, ob sie einen bei irgendetwas Wichtigem unterbrochen hat – man muss alles stehen und liegen lassen. Und man darf sich keinesfalls – Gott bewahre – beim Multitasking erwischen lassen.
»… und ich hatte meine neuen Hotpants an, die mit dem Silberstreifen an der Seite, außerdem habe ich mir einen dieser Sarongs umgebunden, die ich in Chinatown gekauft hatte. Dieses Ding gab ein erstklassiges Top ab …«
Nachdem ich mir das Gesicht gewaschen habe, greife ich nach der Zahnbürste. Hm, das könnte schwierig werden. Ich drücke einen kleinen Klecks Zahnpasta heraus und fange an, mir mit geschlossenem Mund die Zähne zu putzen. Es ist überraschend effektiv. Auch wenn die Zahnpasta ziemlich schäumt.
»Hmhm … Hmhm...«, mache ich mit vollem Mund.
»Tja, Bea und ich saßen also im Club und haben uns einen Krug Margarita geteilt …«
Leise spucke ich den Schaum ins Waschbecken, verzichte im Namen der Freundschaft aufs Ausspülen und wische mir den Mund mit einem Handtuch ab. So weit, so gut. Bei diesem Tempo schaffe ich es noch bis zum Frühstück.
»… und rate mal, wen ich da sehe?«
Aber vorher muss ich noch mal.
»Scott!«, kreischt sie in den Hörer.
»Hm … ernsthaft?« Ehrlich, kann mir mal jemand sagen, warum ich immer im unpassendsten Moment zur Toilette muss? Ich muss wieder an die Situation im Bus mit Spike denken.Vielleicht sollte ich anfangen, Preiselbeer- oder Granatapfel-Saft oder sonst irgendwas gegen Blasenschwäche zu trinken...
Leise hebe ich den Toilettendeckel an. Es mag ja sein, dass meine Beckenbodenmuskulatur stahlhart ist, aber das werde ich keinesfalls schaffen. In nicht einmal fünf Minuten ist es mir gelungen, von der ›Wäre besser, jetzt noch zu gehen‹-Phase zum ›Jetzt muss ich aber dringend‹-Stadium zu gelangen. Ich besitze den Ferrari unter den Blasen, ehrlich.
»Und da ist er mit einer Horde Mädels. Direkt vor meinen Augen! Mitten auf der Tanzfläche!«
»Ernsthaft?« Leise fange ich an, die Toilettenrolle abzurollen, sorgsam darauf bedacht, den Halter dran zu hindern, ein entlarvendes Rattern von sich zu geben.
»Ernsthaft!«, zetert sie. »Sie hingen an ihm, und er hing an ihnen. Das Problem war nur, dass ich ihn unter all dem Schaum kaum erkennen konnte.«
Ich lege das Toilettenpapier kreuzweise in dicken Lagen in die Schüssel über den Abfluss, um – wie soll ich sagen – eine weiche Landung zu garantieren.
Daran können Sie wahrscheinlich erkennen, dass es nicht das erste Mal ist, dass ich zur Toilette gehe, während ich telefoniere.
»Also marschiere ich geradewegs zu ihm und schütte ihm meine Margarita ins Gesicht. Und ich weiß schon, was du jetzt sagst, Em -«
Ehrlich? Ich weiß es nämlich nicht, denke ich, während ich mich setze.
»Was für eine Verschwendung, der schöne Tequila, aber ich war so wahnsinnig wütend …«
Ich stimme mit einem mitfühlenden »Hmhm« ein. »Dieser elende Mistsack!«
Dieses Mal steuere ich ein enthusiastisches »Hmhm« bei. »Dreckskerl!«
Gefolgt von einem eher traurigen »Hmhm«.
»Arschgesicht!«
Das sich zu einem anfeuernden »Hmhm« aufbaut.
Meine Güte, es ist schon erstaunlich, was man allein mithilfe von Intonation übermitteln kann, was?
»Elender Loser«, japst sie, ehe sie sich eilig korrigiert. »Na schön, ein Verlierer ist er ja in Wahrheit nicht, oder? Er ist reich, gut aussehend und erfolgreich und feiert wahrscheinlich genau in diesem Moment eine heiße Orgie.«
Ich beende mein Geschäft und will schon die Spülung bedienen, als es mir wieder einfällt -
»Oh Mann, ich komme mir so dämlich vor«, fügt sie leise hinzu, und ich glaube ein leichtes Zittern in ihrer Stimme zu hören. »Ich bin dermaßen auf ihn reingefallen. Ich dachte, er mag mich wirklich.«
Es entsteht eine Pause, dann höre ich es: ein Schniefen.
Das ist mein Stichwort.
»Aber hast du ihn wirklich geliebt?«, frage ich sanft.
»Ja«, schnieft sie, diesmal lauter, und ich sehe sie vor mir, wie sie in ihrem Zimmer auf der Bettkante sitzt und sich die Augen mit ihrem Sarong abtupft. »Okay, er war vielleicht ein wenig arrogant …« Sie verstummt nachdenklich.
Dies ist das erste Mal, dass sie zugibt, dass Scott vielleicht nicht der tolle Typ war, für den sie ihn gehalten hat, also nutze ich die
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