Ein Mann wie Mr Darcy
gehen.
Zwanzig
In einem Minicar.
Ich sitze auf dem Rücksitz eines alten silbernen Mercedes, trommele mit den Fingern auf die Armlehne und sehe ungeduldig zum Fenster hinaus.
Obwohl ich mich in rekordverdächtiger Geschwindigkeit fertig gemacht habe, musste ich, nachdem ich die Treppe hinuntergestürzt war, feststellen, dass der Bus ohne mich abgefahren war. Was bedeutete, dass ich ein Taxi nehmen musste. Leichter gesagt als getan. Bath ist nicht Manhattan. Nicht einmal annähernd. Hier tritt man nicht einfach vor die Tür und winkt sich ein Taxi von den geschäftigen Straßen heran.
›Alles, was man sich auf diesen Straßen einfangen kann, ist eine Erkältung, Emily,‹ habe ich mir gesagt, während ich in Ballkleid und Stilettos frierend auf dem Bürgersteig stand und in die stille Leere starrte.
Am Ende fand ich die Telefonnummer eines örtlichen Unternehmens und rief ein Taxi, aber es dauerte weit über eine Stunde, bis der klapprige Mercedes vor dem Hotel vorfuhr. Seine Karosserie hing so durch, dass der Boden beinahe über das Kopfsteinpflaster schleifte. Ich hatte also viel Zeit gehabt, um in Panik zu geraten, mein Make-up zahllose Male aufzufrischen, eine neue Frisur auszuprobieren und zwei Miniatur-Smirnoffs aus der Minibar in meinem Zimmer zu trinken.
»Sie sind also nicht aus der Gegend, was?«
Über den Lärm von Band Aids »Do They Know It’s Christmas«, das laut aus dem Radio dudelt, höre ich eine raue Stimme. Ich löse mich vom Fenster und sehe meinen Fahrer an, der mich neugierig im Rückspiegel mustert. Er sieht mich an, wie Einheimische Leute von außerhalb anstarren.Wie einen Fremden, einen Touristen, eine Kuriosität. Ziemlich schräg, wenn man bedenkt, dass er eine rote, mit Lametta verzierte Nikolausmütze trägt und mit seinem fast weißen Bart und den dazupassenden watteweichen Augenbrauen selbst wie ein leibhaftiger Weihnachtsmann aussieht.
Wenn auch mit dickem Kassenbrillengestell und einem marineblauen Anorak.
»Nein, ich bin aus New York«, brülle ich, um mich über die laut jubelnden Chöre hinweg verständlich zu machen.
»Das war so gut, dass sie den Namen noch mal benutzt haben, was?« Mein Fahrer lacht, und ich lächle höflich. »Meine Frau und ich, wir waren mal in Florida. Waren Sie schon mal in Florida?«
»Nein, noch nie«, antworte ich.
Allerdings fürchte ich, dass er es kaum hören kann, da nun Boy Georges Sopran erklingt, während er mir alles über seine Reise nach Fort Lauderdale erzählt, um seinen herzkranken Bruder zu besuchen. Nach ein paar Minuten fällt mir auf, wie meine Gedanken abzuschweifen beginnen.
Aus dem Augenwinkel registriere ich einen kleinen künstlichen Weihnachtsbaum auf dem Armaturenbrett, dessen Beleuchtung in regelmäßigen Abständen an- und ausgeht und meinen Blick wie magisch anzieht. Ich habe noch nichts gegessen, deshalb ist mir sehr warm durch den Alkohol, und ich fühle mich ein klein wenig benommen – ein Gefühl, das einen Miniatur-Weihnachtsbaum unglaublich faszinierend erscheinen lässt, sodass man zusieht, wie er an- und ausgeht, an, aus, an, aus, an, aus...
Das schrille Läuten meines Handys reißt mich aus meiner Trance. Eilig krame ich es aus meiner Tasche.
»Hallo?«
»Na, wie ist England so zu dir?«, fragt eine leise, raue Stimme am anderen Ende der Leitung.
Ich erkenne sie nicht sofort, weil sie so schwer zu verstehen ist – mein Fahrer, der gerade mitten in seinem Monolog ist, stellt auch keine allzu große Hilfe dar:
»… und dann sind wir nach Disneyland gefahren.Waren Sie schon mal in Disneyland? Sie ahnen ja nicht, was Sie verpasst haben, die haben da echt ein paar irre Fahrgeschäfte …«
Dann fällt der Groschen. »Freddy!«, brülle ich, teils wegen des Fahrers, hauptsächlich aber, weil ich mich so freue, von ihm zu hören. »Wie geht es dir?«
»Gut, gut«, antwortet er fröhlich. Zu fröhlich.
»Toll!« Ich spiele das Spiel mit. Freddy und ich sind Freunde, doch es ist nicht die Art Freundschaft, bei der man sich ständig anruft, um irgendwelche Belanglosigkeiten auszutauschen. Also muss irgendetwas passiert sein. Und ich bin mir ziemlich sicher, worum – besser gesagt, um wen – es geht.
»Tja, um ehrlich zu sein, geht’s mir ziemlich schlecht. Ich vermisse Stella«, gesteht er trübselig.
»Oh, Freddy«, seufze ich leise.
»Ich weiß, ich weiß … Ich bin ein hoffnungsloser Fall.«
»Du bist kein hoffnungsloser Fall, sondern ein wunderbarer Kerl«, protestiere ich in dem
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