Ein Mann wie Mr Darcy
sein.Wenn Stellas schwule Freunde von der Modeschule das gehört hätten, hätten sie sich vor Lachen in ihre Prada-Hosen gemacht.
»Guten Abend, Madam. Darf ich Ihnen den Mantel abnehmen?«
Wie von Zauberhand öffnet sich die Tür, und ich werde von einem Türsteher im Pinguin-Anzug und mit weißen Handschuhen in Empfang genommen.
Eilig reiße ich mich zusammen und setze eine ernsthafte Miene auf. »Aber gewiss, herzlichen Dank«, antworte ich, schlüpfe aus meinem dicken Wollmantel und reiche ihn ihm. Er bringt ihn zur Garderobe, und ich bleibe in der Marmor-Eingangshalle zurück und bin, das muss ich gestehen, ein klein wenig nervös.
Die Musik eines Streichquartetts und das Knallen von Champagnerkorken schwappt an meine Ohren. Okay, ich bin mehr als nur ein klein wenig nervös.
Ich gehe auf den Lärm zu, der vom anderen Ende der Halle hinüberdringt, und als ich um die Ecke biege, erblicke ich einen herrlichen Ballsaal, dessen Türen weit offen stehen. Überwältigt bleibe ich stehen. Noch nie habe ich so etwas gesehen. Ich war schon auf einigen protzigen Partys in New York, sogar auf einem schicken Event im Ritz Carlton, aber das hier ist etwas vollkommen anderes.
Sechs beeindruckende Kronleuchter hängen von der geschmückten Decke herab, obwohl es aussieht, als wären es Hunderte, weil sie durch die zahlreichen Spiegel reflektiert werden, die im ganzen Saal an den Wänden angebracht sind. Sie zaubern ein Meer aus glitzernden Diamanten, und eine Weile lang stehe ich einfach nur da und nehme den Anblick in mich auf, wie als Kind, als ich stundenlang den Weihnachtsbaum bestaunen konnte. Diese vielen kleinen Lichter haben etwas Magisches an sich, denke ich, als mich die Vorfreude ergreift. Ich habe das Gefühl, als wäre alles möglich.
Schließlich reiße ich den Blick von der gleißenden Pracht los und nehme die roten Seidenbögen, die glänzenden grünen Stechpalmenkränze und den beeindruckenden Weihnachtsbaum direkt hinter dem Streichquartett wahr. Der Ball ist bereits in vollem Gange, und der Raum ist voller Menschen.
Nervös suche ich in der Menge nach Mr. Darcy – nur für den Fall der Fälle -, doch es ist so voll, dass man kaum jemanden ausmachen kann. Wenn Frauen vorbeieilen, sehe ich Seiden- und Taftkleider wie Schokoladenpapier zwischen den schwarzen Smokings der Herren aufblitzen. Dort drüben steht eine ältere Dame in leuchtend blauem Samt, eine hagere Brünette in scharlachroten Rüschen, eine glamouröse Blonde in einem violetten Schulterfreien …
Ich zupfe am Stoff meines Kleides. Bevor ich ins Taxi stieg, war ich ziemlich guter Dinge, doch jetzt komme ich mir ungelenk und deplatziert vor. Ich ziehe meinen Bauch noch weiter ein und straffe die Schultern, so gut ich kann, versuche meinen Körper noch weiter durchzudrücken, um schlanker auszusehen. Mein Gott, ich habe noch nie ein solches Kleid getragen. Sehe ich nicht lächerlich aus? Es ist so freizügig und eng anliegend und, na ja, verführerisch. Und mit all dem Fleisch, das hier gezeigt wird, fühle ich mich auf einmal viel dicker als sonst.
Mein Magen krampft sich zusammen. Da drüben, mir direkt gegenüber, steht eine Frau in genau demselben Kleid! Und sie sieht wesentlich besser darin aus! Niedergeschlagen seufze ich tief und mache einen schleppenden Schritt nach vorn. Sie auch. Dann zwirbele ich mir eine Haarsträhne. Oh, wie lustig, sie auch -
Moment!
Ich drehe mich einmal von einer Seite auf die andere, während sich ein strahlendes Lächeln auf meinem Gesicht ausbreitet.
Das bin ich! Das ist mein Spiegelbild!
Ungläubig halte ich inne. Wow, ich fasse es nicht. Ich bin ganz vernarrt in mein eigenes Spiegelbild. Auch wenn man das nicht von sich selbst sagen soll, aber: Ich sehe toll aus.Wie verwandelt. Als würde ich zu den Oscars gehen oder so. Ich mache noch eine kleine Drehung und sehe, wie der Stoff um mich herumschwingt.Wenn man sich schon beim Tragen eines solchen Kleides wie eine Prinzessin fühlt, was habe ich dann noch alles verpasst? Mein Gott, Stella hatte ja so Recht.
Was habe ich nur die ganze Zeit in all diesen Cargo-Hosen und T-Shirts gemacht? Ich setze eine ernste Miene auf und mache ein paar Tanzschritte.
Schwing. Schwing. Schwing -
»Champagner, Madam?«
Ein Kellner mit einem silbernen Tablett voller Champagner-Flöten tritt zu mir.
»Oh … ähm, toll«, sage ich und erstarre mitten in einer Drehung, während mir die Hitze ins Gesicht schießt. Dankbar nehme ich ein Glas an. Ich bin fest
Weitere Kostenlose Bücher