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Ein Mann will nach oben

Ein Mann will nach oben

Titel: Ein Mann will nach oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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ich bestimmt. Engelbrecht wollte sich früher einmal mit zwanzigtausend beteiligen, und der Herr von Senden war bis zur Inflation ein sehr reicher Mann.«
    »Wenn Sie also mein Vater fragt«, sagte sie, »werden Sie ihm mitteilen, daß Sie etwa hunderttausend Mark zusammenbringen können!«
    »Aber soviel bringe ich keinesfalls auf! Das darf ich nicht versprechen!«
    »Doch, das dürfen Sie. – Ich habe nämlich eigenes Vermögen.«
    Er schwieg überwältigt.

91. Erste Verhandlung mit Herrn Eich

    Hertha Eichs Vater war ein zierlicher Mann mit einem gelblichen Gesicht und einer hohen, sehr schönen Stirn, über der die dunklen Haare schon dünn zu werden anfingen. Er sah Karl Siebrecht aus dunklen Augen rasch, aber fest an, deutetemit seiner Hand auf einen Stuhl und sagte: »Hertha, am besten verschwindest du jetzt.«
    »Am besten bleibe ich, Vater«, antwortete Hertha. »Ich störe euch bestimmt nicht.«
    »Mich bestimmt nicht«, sagte Herr Eich und lächelte. »Aber bitte, setzen Sie sich doch, Herr Siebrecht!«
    Wieder wurde Karl Siebrecht der Stuhl am Schreibtisch zugewiesen, er setzte sich. Hertha saß hinter seinem Rücken, er sah sie nicht. Herr Eich aber nahm nicht am Schreibtisch Platz. In einer Hausjoppe aus braunem Flausch und in weichen Hausschuhen fing er an, im Zimmer auf und ab zu wandeln. »Sie möchten Ihren Betrieb erweitern, Herr Siebrecht«, sagte er dabei. »Sagen Sie mir, wie Sie sich diese Erweiterung denken.«
    Er sprach leise, aber deutlich und bestimmt. Karl Siebrecht hatte das Gefühl, daß jedes Wort dieses Mannes genau überlegt war. So suchte auch er möglichst knapp das zu schildern, was er beabsichtigte: eine lückenlose Gepäckabfuhr zwischen sämtlichen Berliner Bahnhöfen, die Beförderung von Gepäck aus allen Berliner Stadtteilen, Annahmeschalter auf den Bahnhöfen, feste Tarife, aber auch eine Monopolstellung, die Ausschaltung jeder Konkurrenz.
    »Schön«, sagte Herr Eich. »Das ist etwa das, was Sie vor dem Kriege schon anfingen. Warum haben Sie nicht nach dem Krieg sofort wieder versucht, diese Pläne durchzuführen?«
    Bei der Antwort hierauf war es schon schwerer, sich kurz zu fassen … Persönliches spielte herein, und Karl Siebrecht hatte den Eindruck, daß Herrn Eich Persönliches unerwünscht war. So mußte er sich auf Allgemeinheiten über das Darniederliegen des Eisenbahnwesens und die wirtschaftlichen Folgen der Inflation beschränken.
    »Schön«, sagte Herr Eich wiederum, aber diesmal war deutlich zu hören, daß er dies nicht schön fand. »Sie sind also nicht wieder in Gang gekommen. An anderen Stellen ist unterdes einiges geleistet worden: die Bahnen sind wieder in Gang, und die Rentenmark ist fest wie Eisen. Das stimmt doch?«
    »Das stimmt«, antwortete Karl Siebrecht verlegen und rot.
    »Immerhin, Sie glauben jetzt den Augenblick gekommen, Ihre alten Pläne wiederaufzunehmen. Warum eigentlich?«
    Diese Frage kam so plötzlich, daß sie Siebrecht völlig verwirrte. Ja, warum eigentlich gerade jetzt? Weil er Hertha Eich kennengelernt hatte? Weil er dadurch Verbindung zu ihrem Vater bekommen hatte? Das konnte er kaum sagen. Er entschloß sich: »Ich habe alles mögliche versucht, aber nichts hat mir geschmeckt. Als ich früher nach Berlin kam, habe ich zuerst richtige Arbeit auf den Berliner Bahnhöfen gefunden, Arbeit, die mich freute. Seitdem sitzt das in mir fest, ich komme von den Banhöfen nicht los. Es ist gewissermaßen ein Traum von mir.«
    »Das klingt schon besser«, sagte Herr Eich und nickte. »Aber der Krieg war neunzehnhundertachtzehn zu Ende, und wir schreiben jetzt neunzehnhundertvierundzwanzig. Sie lassen sich Zeit, Ihre Träume zu verwirklichen, Herr Siebrecht!«
    »Ich kam erst neunzehnhundertneunzehn aus der Kriegsgefangenschaft heim. Ich habe lange Zeit gebraucht, mich wieder zurechtzufinden. Es waren wirklich verwirrte Zeiten.«
    »Ja, das waren sie, verwirrt. Und Sie meinen, Sie haben sich nun zurechtgefunden?«
    »Ja.«
    »Keine Neigung zu Extratouren mehr? Keine Lastwagenfahrten mehr über Land?«
    »Nein. Das alles ist zu Ende.«
    »Sie wissen vielleicht, es gibt Akten über Sie – oder wissen es auch nicht. Jedenfalls müßte es wirklich zu Ende sein. Man kann nur mit einem verläßlichen Mann einen Vertrag schließen. Was in einer verwirrten Zeit übersehen werden kann, ist in einer sicheren unentschuldbar. Sind Sie verläßlich?«
    »Ja.«
    »Schön!« sagte Herr Eich zum dritten Mal. »Aber wenn Ihnen eine Monopolstellung

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