Ein Mann will nach oben
vor uns haben?«
»Es ist nicht mein Geheimnis«, sagte Karl Siebrecht.
»Ich verstehe«, begann Herr Eich und nahm, sehr langsamsprechend, seine Wanderung wieder auf. »Es ist eine lächerliche Geheimniskrämerei. Es gibt Akten über Akten in dieser Geschichte. Sie wissen Bescheid, meine Herren: Waffenschmuggel, Ententekommission. Herr Siebrecht hatte damit zu tun, und Herr Engelbrecht hatte auch damit zu tun.« Er blieb stehen. »Es scheint wieder auf eine Erpressung hinauszulaufen. Der eine weiß vom andern was – wer am meisten weiß, bleibt Sieger.«
»Nichts derart«, antwortete Karl Siebrecht. »Aber da Sie schon soviel wissen, ist Ihnen vielleicht der Name Dumala ein Begriff?«
»Dumala –?« fragte Herr Eich. »Doch, ich erinnere mich.«
»Ich würde mich überhaupt nicht an Herrn Engelbrecht wenden. Ich würde nur mit diesem Dumala sprechen«.
»Und was soll das nützen?«
»Herr Dumala ist jetzt unter einem anderen Namen als Kriminalassistent auf dem Polizeipräsidium beschäftigt.«
Die beiden Anwälte wechselten einen raschen, wissenden Blick. »Ich möchte einen Irrtum richtigstellen«, sagte Herr Lange lächelnd. »Der fragliche Herr ist bereits Kriminalkommissar. Er ist ungewöhnlich schnell befördert worden.«
»Jawohl, er ist sehr tüchtig«, gab Karl Siebrecht zu. »Ein sehr harter Mann, wo es nötig ist.« – Eine Weile schwiegen die vier Herrn gedankenvoll.
Dann sagte Herr Eich rasch: »Ich stelle anheim!«
Und sofort schlug Herr Messerschmidt vor: »Wir werden Herrn Siebrecht bei dem Herrn anmelden. Jede Stunde heute ist Ihnen recht?«
»Jede Stunde heute ist mir recht.«
100. Der dritte Punkt
»Würde einer von den Herren wohl das Fenster öffnen?« sagte Herr Eich. »Ich finde die Luft hier recht verbraucht. – Ich danke Ihnen, Herr Messerschmidt. – Wir kommen jetzt zum dritten Punkt unserer Besprechung: zu meiner Tochter.«
Alle sahen nach dem Sessel in der Ecke hin, aber Hertha Eich blickte nicht auf. Der breite Hutrand beschattete ihr Gesicht. »Wie mir alle Gerüchte über meine Person gleichgültig sind, denkt auch meine Tochter: der ganze Tratsch interessiert sie nicht. Wir sind aber bei unseren Maßnahmen davon ausgegangen, daß die Firma des Herrn Siebrecht intakt bleiben muß, intakt in ihrem Ansehen und intakt in ihrer Arbeit. Wir haben weiter festgestellt, daß wir Herrn Siebrecht als Direktor beizubehalten wünschen. Ich habe mich also dahin entschieden, daß Herr Siebrecht meine Tochter heiratet – im Interesse der Firma.« – Hier murmelten beide Anwälte beifällig. Dieser Entschluß schien ihnen eine Last vom Herzen zu nehmen. – »Die Heirat muß so schnell wie möglich stattfinden. Sie werden heute noch alle Schritte tun, um die Aufgebotsgeschichte möglichst zu beschleunigen, meine Herren. Sie werden den Herren alle nötigen Papiere aushändigen, Herr Siebrecht – ich nehme an, Sie haben keine Einwendungen gegen diese Heirat?«
»Nein«, antworte Karl Siebrecht. »Ich nicht.«
»Schön«, sagte Herr Eich kalt. »Die Hochzeit wird mit einigem Aufwand stattfinden, wir haben keine Ursache, das Licht der Öffentlichkeit zu scheuen. Im Gegenteil, je mehr über diese Hochzeit geredet wird, um so rascher wird sich der Klatsch lahmlaufen. Ich denke an die Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche und an ein erstes Hotel im Stadtinnern. Sie erledigen auch das, meine Herren?«
Wieder murmelten die Anwälte beistimmend. Herr Messerschmidt verstieg sich sogar zu dem Satz: »Die allerbeste Lösung – Angriff ist immer die beste Verteidigung.«
»Jawohl«, sagte Herr Eich und sah plötzlich alt und zerknittert aus. »Es gibt nur eine einzige Schwierigkeit bei dieser Lösung –« Er pausierte. Alle warteten gespannt. Aber Karl Siebrecht wußte schon, welche Schwierigkeit das sein würde … »Die Schwierigkeit ist die, daß meine Tochter sich bisher auf das entschiedenste weigert, diesen Herrn zu heiraten.«
»Oh!« rief Herr Lange.
»Es ist unmöglich!« rief Herr Messerschmidt. Anwälte erleben vielerlei in ihrer Praxis, sehr viel Außergewöhnliches kommt ihnen vor, aber dies hatten sie doch nicht erwartet.
»Ich hoffe«, fuhr Herr Eich fort, »daß meine Tochter sich in den wenigen Tagen, die bis zu dieser Hochzeit noch vergehen müssen, anders besinnt. Es wird an Bemühungen von meiner Seite nicht fehlen. Ich habe meiner Tochter nie etwas befohlen, und ich habe sie selten um etwas gebeten …«
»Es ist zwecklos, Vater«, sagte sie und sah zum ersten Mal
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