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Ein Mann will nach oben

Ein Mann will nach oben

Titel: Ein Mann will nach oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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hörte – während alldem fühlte er einen Druck gegen die Brust. Er fühlte durch Stoff und Leder den leichten Scheck, dieses dünne Blatt Papier mit der Zahl Sechzigtausend, das er in seiner Brieftasche trug, und er dachte: Hätte ich ihn dem Rittmeister doch gleich gegeben, als wir zusammen bei mir in der Halle standen! Jetzt ist der richtige Augenblick verpaßt! Und gleich wieder, mit einem gewissen Trotz: Ich will das Mädchen erst einmal sehen. Einen völligen Wahnsinn unterstütze ich nicht. Außerdem muß er mir erst bei Lange & Messerschmidt eine Abtretung unterschreiben. So formlos wollen wir die Dinge denn doch nicht erledigen!
    »Nun sollt ihr sehen!« sagte der Herr von Senden stolz. Siehatten den Wagen abgestellt, Ilse Gollmer in die Mitte genommen und trieben im Strom der anderen.
    »Ich bin ja so gespannt, Onkel Bodo!« rief Ilse Gollmer. »Kommen Sie, Siebrecht, haken Sie sich auch bei mir ein, sonst gehen Sie uns noch verloren!«
    »Und wo landen wir?« fragte Karl Siebrecht den Rittmeister.
    »In der Weißen Maus.«
    »Was? In der Weißen Maus?!« rief Karl Siebrecht verblüfft.
    »Kennst du sie denn?« fragte der Herr von Senden.
    »Nein. Ja. Doch, ich kenne sie, aber nur von außen. Ich bin nie dringewesen. Immerhin ist das für mich ein sehr denkwürdiges Lokal.«
    »Und warum so denkwürdig, Siebrecht?« Ilse Gollmer drückte aufmunternd den Arm ihres Begleiters. »Los, erzählen Sie!«
    »Es gibt kaum etwas zu erzählen. Als ich noch Taxichauffeur war, habe ich Hertha einmal von der Weißen Maus nach Haus gefahren. Von dieser Fahrt her stammt unsere Bekanntschaft.«
    »Ich hätte nie gedacht, daß Hertha in solchen Bumslokalen verkehrt!« rief Ilse Gollmer und verstummte plötzlich.
    Aber der Rittmeister schien diese kleine Entgleisung nicht gehört zu haben. »Das ist wirklich komisch, mein Sohn Karl«, sprach er. »Durch die Weiße Maus hast du deine Frau und ich jetzt Maria kennengelernt. Ich nehme das als gute Vorbedeutung.«
    »Wahrscheinlich hat das gar nichts zu bedeuten«, sagte Karl Siebrecht etwas kurz. Ihn störte der Zufall. Er wünschte keinerlei Parallelen zwischen Hertha und diesem Mädchen. »Je denfalls habe ich meine Frau nicht
in
der Weißen Maus kennengelernt.«
    Es war ein kleiner Saal mit weißem und goldenem Stuck, halb Rokoko, halb Barock. Auf den weißgedeckten Tischchen brannten gelb verhüllte Lampen. »Wir sitzen etwas hinten«, erklärte Herr von Senden, »dafür haben wir diese Logefür uns allein. Wir sehen noch immer genug und hören zuviel. Nein, ihr braucht euch wirklich nicht um das Programm zu kümmern, Maria ist erst die übernächste Nummer. Diese Dicke da – sie behauptet, sie sänge Koloratur, schauerlich! – Was trinken wir?« Und ohne eine Antwort abzuwarten, redete er fort: »Maria trinkt nur Sekt, ihre Zunge ist noch nicht entwickelt. Verzeiht, ich lasse euch völlig freie Hand, aber ich möchte mit einem Whisky beginnen, einem puren und nicht zu kleinen Whisky, ich bin ein bißchen nervös …«
    »Du brauchst doch nicht nervös zu sein, Onkel Bodo«, sagte Ilse Gollmer und legte beruhigend die Hand auf seine Schulter. »Lampenfieber, was? Aber wir werden sicher deine Maria reizend finden und dem Geschmack unseres Frauenlob allen Beifall zollen.«
    Der Herr von Senden lächelte dankbar. »Du bist großartig, Ilse! Tatsächlich, dieser Knabe da«, er nickte Karl Siebrecht zu, »macht mich nervös mit seiner ernsten Miene. Sieht er nicht aus, als wollte er sein Liebstes zu Grabe geleiten? Pardon, Karl! Du tätest mir einen speziellen Gefallen, wenn du dich am Whisky in gleicher Menge beteiligen würdest. Ich weiß, du liebst die starken Getränke nicht, aber ich sähe dich gern in etwas heiterer Stimmung. Du willst? Danke schön! Und was nimmst du, Ilse?«
    »Mir bestelle eine halbe Flasche Rheinwein, Onkel Bodo. Nein, eine ganze! Dann brauche ich keinen Sekt mitzutrinken, den ich verabscheue, und habe mein Fläschchen für mich allein! Wir wollen heute noch sehr vergnügt werden, nicht wahr, Siebrecht?«
    »Selbstverständlich!« sagte Karl Siebrecht und beobachtete den Zauberkünstler auf der kleinen Bühne, der die dicke Koloratur abgelöst hatte.
    »Wirklich sehr nett!« sagte Karl Siebrecht schließlich und klatschte eifrig.
    »Das erste erfreuliche Wort, das ich heute abend von dir höre, Karl!« rief der Rittmeister. »Und nun dein Whisky! Das Wohl deiner Frau! Es ist schade, daß sie nicht mit hier ist.Noch einen Whisky, nicht wahr? –

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