Ein Mann will nach oben
verdreht, Karle, dafor bin ick zu helle. Du hast Mist jemacht, Karl, det redste mir nich aus.« Sie seufzte tief. »Det Jahr fängt jut an, det muß ick saren. Du ohne Arbeet, Vata säuft, und der Hagedorn war heute nachmittag ooch wieder da.«
»Der Hagedorn? Was wollte der denn? Der hat doch seine Rate pünktlich gekriegt.«
»Ja, wat wollte der wohl? Dußlig reden! Mutter wollte er sehen! In welchem Krankenhaus se liegt, wollte er wissen. Du, Karl, dem trau ick nich mehr, der führt wat im Schilde …«
»Das habe ich gleich gesagt, daß dem nicht zu trauen ist!«
»Ja, det haste jleich jesagt, aber unterschrieben haste darum doch! Ick jloobe, Karl, der will uns wegen die Unterschriften an den Karren fahren!« Wirkliche Angst klang aus Riekes Stimme.
»Also nehmen wir doch das Geld von meinem Sparbuch«, sagte Karl Siebrecht, »und zahlen den Kerl aus, dann haben wir unseren Frieden. Trotzdem –« er überlegte einen Augenblick, dann sagte er: »Eigentlich hatte ich einen anderen Plan, Rieke.«
»Wat haste denn for ’nen anderen Plan, Karl?«
»Also, paß mal auf, Rieke. Ich habe da ’nen Jungen getroffen.« Bei der Erinnerung an Kalli Flau belebte sich Karl Siebrecht. »Achtzehn Jahr ist der. Er war Schiffsjunge, aber nun ist er in Berlin und sucht nach Arbeit. Ein feiner Kerl, der wird dir auch gefallen.« Riekes Miene wurde immer abweisender, je lebendiger Karl Siebrecht wurde. »Der hat mir nun erzählt, daß auf der Spree jetzt Obstkähne liegen und daß daimmerzu jemand gebraucht wird, der den Leuten die Äpfel nach Haus schafft. Da kann man einen Haufen Geld verdienen. Bloß mit dem Auf-dem-Buckel-Schleppen, das schafft nichts. Da habe ich nun gedacht, wenn ich mir von dem Sparbuch ein Dreirad kaufe, oder besser noch zwei, für den Kalli Flau auch eines –«
»Wieso denn ooch for den?«
»Der hat jetzt gar kein Geld, wo er doch gerade vom Schiff ausgerissen ist. Ich habe ihn erst mal in der Kammer bei Felten schlafen lassen, und mein Abendbrot habe ich ihm auch gegeben. Der war ja so verhungert, Rieke –«
Aber Rieke war nicht mehr zu halten. »Det is ja jroßartig, Karl!« schrie sie los. Sie hatte die Arme in die Seiten gestemmt und keifte, gerade als sei Karl nicht ihr Freund. »Da haste dir ja wat Feinet anjehandelt, det muß ick sagen, Karl! Vata arbeitslos, du arbeitslos, fast nischt zu Fressen mehr in’t Haus, und denn sammelste dir noch so ’n Straßenläufer auf, jibst ihm deine feinen Stullen und läßt ihn bei Felten schlafen! Wenn der nu morjen mit ’nem Puckel voll Stoffe losjelaufen is, wat dann, Karl?«
»So ist Kalli Flau nicht! Und außerdem habe ich ihn eingeschlossen!«
»Injeschlossen! Karle, wenn ick so ’n Stuß bloß höre! Wo det Lager parterre liegt, der broocht doch nur ’n Fenster uffmachen! Nee, Karl, heute biste vernagelt wie ’ne olle Eiakiste!«
»Du hast den Kalli ja noch gar nicht gesehen –«
»Ick will ihn ooch jar nich sehen! Hau bloß ab mit solche Freunde! Det sich so eener nich schämt, jleich den ersten Abend mit’s Betteln anzufangen!«
»Es ist ihm sauer genug geworden, Rieke!«
»Wat heeßt hier sauer? Denke doch bloß an den Fritze Krull und an seine Sandkiste im Tierjarten! Dem haste ooch jleich jeglaubt, und denn hattste deinen Knuff im Bauch weg! Der wird dir noch ganz anders eenen vasetzen, dein neuer Freund da!«
»Das wollen wir abwarten, Rieke.«
»Abwarten, ja, aber von wat? Erst beköstigen wa ihn, und denn koofen wa ihm ooch noch ’n Rad! Uff Abzahlung natürlich – als wenn ick mit dem Hagedorn nicht schon Sorjen jenug hätte!«
»Aber, Rieke, mit den Äpfeln kann man wirklich viel Geld verdienen, das leuchtet mir ein.«
»Wenn dir det bloß einleuchtet, dir und deinem Freund! Ihr seid ja beide doof! Mensch, wa sind doch im Januar, alle Tage kann det Pickelsteine frieren, und wat wird dann mit deine Äppel? Weg sind se! Äppel sind doch keene Eisfrucht nich! Den Tag, wo zehn Jrad Frost im Kalenda stehen, is det Jeschäft alle, und ihr sitzt da mit eure Räder und eure Abzahlung.«
»Dann findet sich eben etwas anderes!« sagte Karl Siebrecht, aber etwas schwächer, denn Riekes sehr richtiger Hinweis auf einen drohenden stärkeren Frost hatte ihn doch getroffen.
»Ja, find sich!« höhnte Rieke jetzt ganz offen. »Aba den Mann, der det jut mit dir meint, der dir ’ne Stellung bringt, den schmeißte aus der Küche! Jetzt weeß ick doch, warum du dem seine Stellung nich wolltest: mit deinem neuen Freund willste
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