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Ein Mann will nach oben

Ein Mann will nach oben

Titel: Ein Mann will nach oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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sich hin.
    »Das ist ’ne komische Maschine«, sagte Kalli Flau und wärmte über der Herdplatte seine froststarren Hände. »Ha ben sollt ihr sie nicht, und loswerden könnt ihr sie auch nicht. Unser Käpten von der ›Emma‹ – das ist so ’n Trawler, Rieke – sagt immer: die Fische, die man fängt –«
    »Halts Maul, Kalli!« schnauzte Karl Siebrecht.
    »Jawohl, Karl …! Die Fische, die man fängt, sind zu klein, und die großen zerreißen das Netz –«
    »Halts Maul, Kalli!«
    »Im Moment, Karl. – Wozu fängt man eigentlich Fische?«
    »Und wat nu, Karl?« fragte Rieke.
    »Ja, wat nu, Rieke?« äffte er ihr nach.
    Und dann wurde es endgültig still in der Küche. Lange, lange war es still. Langsam wurde es dämmrig, dann schneller dunkel. Karl Siebrecht saß auf seinem Stuhl und schien vor sich hinzudösen. Kalli Flau hatte sich darangemacht, aus einer alten Kiste Kleinholz zum Feueranmachen zu schnitzeln, Rieke stopfte irgendein Wäschestück. Nur der alte Busch wurde immer unruhiger. Er wollte fort, seine Stunde, zu trinken, war gekommen. Dreimal schon hatte ihn Rieke von der Tür zurückgeholt. »Soll ick den Jas anstecken, Karle?« fragte sie dann. Er antwortete nicht.
    »Der is eingepennt, Rieke«, flüsterte Kalli Flau.
    »Der soll man schlafen«, flüsterte sie zurück. »Mit uns is doch nischt mehr zu machen.«
    »Du, Rieke …«
    »Ja, Kalli?«
    »Was ist denn das für ein reicher Knopp, von dem Karl ohne weiteres Geld kriegen kann?«
    »Ach, laß doch, Kalli. Der jeht ja doch nich!«
    »Gibt der ihm wirklich soviel Geld, wie Karl haben will?«
    »Det jloobe ick stark! Der hat sich sogar anjeboten, Karlen studieren zu lassen, uff Baumeesta. Aba Karl will ja nich.«
    »Und warum will Karl nicht?«
    »Ach, ick weeß nich. Er hat da wat von de Bibel jesagt, det der Herr der Vasucha is – ick vasteh det nich. Würdste Jeld liegenlassen, wat de kriegen kannst – und denn in unsre Lage?«
    »Ich nicht, Rieke! Ich bestimmt nicht!«
    »Ick ooch nich, Kalli. Aber det is det: Uns, die wir’t nehmen, wird nischt anjeboten, und er, der’t kriegen kann, der nimmt et nu wieda nich. Komisch is det injerichtet uff de Welt, Kalli.«
    »Ich höre alles, was ihr sagt«, rief Karl Siebrecht ganz vergnügt. »Denkt ihr, ich habe geschlafen? Ich habe nicht einen Augenblick geschlafen!«
    »Natürlich haste geschlafen, Karl! Ick habe dir doch schnurkeln jehört.«
    »Nicht habe ich geschlafen!«
    »Doch haste! Von wat haben wa denn jeredet?«
    »Ihr habt geredet, warte mal – ach, weißt du, Rieke, vielleicht habe ich doch einen Augenblick geschlafen. Mir war so, als wäre ich wieder in dem Hühnerschuppen von Vaters Garten, weißt du, ich habe dir davon erzählt, wo ich mal mit Ria war –«
    »Ick weeß schon, Karl!«
    »Aber Ria war nicht bei mir. Siehst du, ich habe doch nicht geschlafen! Ich hörte euch deutlich reden, daß ich nicht zum Rittmeister wollte, um Geld bitten. Aber ich dachte, das brauche ich ja auch gar nicht. Hier sind ja die Hennen, die Eier legen. Und ich fing an, nach den Eiern zu suchen. Es war ganz dunkel, und ich stieß mich an der Gießkanne und an der Karre, aber dann fand ich doch ein Ei. Es war sehr schwer, ich merkte gleich, daß es aus Gold war, und ich dachte, nun haben wir genug Geld für den Hagedorn und für alles.« Er schwieg, völlig zufrieden.
    »Und denn, Karle?«
    »Dann bin ich eben aufgewacht, und nun bin ich wieder hier bei euch in der Küche. Du bist doch auch da, Kalli –?«
    »Bin ich, Karl. Immer zur Stelle, wenn Kalli gebraucht wird.«
    »Ja, Karle«, sagte Rieke. »Nu biste wieder bei uns in de Küche!Aba hier findste keene joldenen Eier ins Dustere. Die Uhr is bald sechse, um sieben will der Hagedorn sein Jeld, und zweiundneunzigsiebzehn fehlen uns noch imma!« Sie hatte bitter und erbarmungslos gesprochen, ach, sie war wohl so unglücklich, die kleine Rieke, daß sie ihrem Freund sogar seinen schönen Traum mißgönnte!
    »Also dann!« sagte Karl Siebrecht. »Dann muß ich also das Geld schaffen.« Er stand auf. »Wo ist denn meine Mütze? Ach, hier! Also dann wartet hier, kurz vor halb sieben bin ich wieder zurück.« Und er ging zur Tür.
    »Karle!« rief Rieke und lief ihm nach, hielt ihn fest. »Wohin willste? Jeh nich bei den! Vajiß, wat ick gesagt habe! Wenn de bei den jehst und überwindst dir und holst det Jeld meinetwejen – det vazeihste mir dein janzet Leben nich! Lieba soll der Hagedorn uns alle ins Kittchen stecken!«
    »Rieke«, sagte Karl

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