Ein Mann will nach oben
Hosenbeine stieß.
»Mach los, Karl!« drängte Kalli. »Es stinkt!«
Jawohl, es war nicht zu verkennen, daß ein heftiges Gewitter für die beiden Knaben am Himmel stand. Bei den Schaltern sah man den Dienstmann 13 heftig auf einen Bahnbeamten einreden, auch ein paar grüne Gepäckträger standen recht unwirsch in der Nähe. Karl und Kalli beluden sich mit dem Gepäck. Sie mußten es auf einmal fortkriegen, da half nichts, sie konnten es nicht wagen, ein Stück in der Halle stehenzulassen. Gottlob war es nicht soviel, wie Kalli gesagt hatte. »Was haben die heute bloß?« flüsterte der. »Häng mir den Hutkarton noch um den Hals, Karl!«
»Nachher!« sagte Karl und hängte ihm den Karton um den Hals.
»Woher kennst du denn den feinen Pinkel?« wurde er wieder gefragt.
Und wieder antwortete er bloß: »Nachher!«
Unangefochten kamen sie noch aus der Halle. Neben der Karre des Küraß stand der Dienstmann Kupinski und redete eifrig auf den Alten ein. Als er die Jungen kommen sah, sagte er nur noch: »Also, du weißt Bescheid, Küraß!« und sah aus finsteren Augen auf das heranwankende Gepäck.
»Ach Jotte doch, wie konntste det ooch bloß sagen, Karle!« jammerte der Opa sofort los. »Allet wäre jut, wozu haste bloß Hornochsen jesagt?! So wat muß die Herren doch beleidigen!«
»Hast du Hornochsen zu denen gesagt, Karle?!« fragte Kalli Flau. »Das ist großartig, Karl, das haben diese Hornochsen redlich verdient!«
Ein dumpfes Grollen entrang sich der Brust des lauschenden Kupinski.
Aber der Opa jammerte weiter: »Und nu bringt ihr all dasJepäck! Ich soll doch nich mehr mit euch fahren, saren sie. Sie saren, sie schlagen mir meine Karre kaputt. Sie zeigen mir bei’s Jewerbe an, saren sie …«
Kalli Flaus Gesicht wurde streitsüchtig. »Wenn was kaputtgeschlagen wird –« fing er an.
»Ruhig bist du, Kalli!« befahl Karl Siebrecht. Und zum Küraß: »Diese Fuhre fährst du noch mit uns, Opa! Und von da an ist Schluß. Du weißt ja, ich habe was anderes vor.«
»Ach, du mit deinem Wagen!« brummte der Alte. »Wat det wohl wird? Keenen Koffer setzen se dir druff!«
»Du hast ’nen Wagen, Karl?« rief Kalli Flau begeistert, aber nicht gerade geschickt. »Das finde ich großartig! Da hängen wir die ganzen Hornochsen ab! Wir machen eine Gepäckbeförderung auf –«
»Also denn los! Quatsch nicht, Kalli, ehe du nicht Bescheid weißt!«
Das Gepäck war nun aufgeladen und festgebunden. Siebrecht warf noch einen prüfenden Blick auf den finster dastehenden Kupinski. Rasch entschloß er sich. »Es tut mir leid«, sagte er, »daß mir das mit den Hornochsen so rausgefahren ist. Ich habe es nicht so gemeint. Seit Wochen habe ich mir die Sache schon durchgerechnet, ihr konntet das gar nicht so schnell kapieren. Aber rechnet mal nach, ihr werdet schon sehen, wo euer Vorteil sitzt!«
»Jetzt hast du gut reden«, sagte der Mann böse, »wo du merkst, du bist hinten runtergefallen. Aber uns redest du nicht dumm. Du kommst nicht wieder auf den Bahnhof.«
»Also schön, rechnet es euch in Ruhe nach«, antwortete Karl Siebrecht und ging wieder an seinen Karren. »Los, Kalli! Hau ruck! Komm, Opa!«
Das Gefährt, sanft knurrend unter dem Gewicht der rittmeisterlichen Koffer, setzte sich in Bewegung. In der Gabel ging Kalli Flau, hinten schob Karl Siebrecht, neben ihm trabte der alte Küraß. Nur ehrenhalber legte Dienstmann 77 seine Hände von Zeit zu Zeit an den Berg aus Gepäck: er schob nicht mit. Dafür füllte er des Jungen Ohren mit wehleidigemGejammer und Vorwürfen. Nach drei Minuten war Karl Siebrecht dieses Geschwätz völlig unerträglich geworden, er wechselte mit Kalli die Plätze. Jetzt aber war es noch schlimmer: er hörte den Alten vor Kalli seine Klagelieder singen und ihm berichten, was geschehen war, aber falsch. Karl Siebrecht verfluchte sich und den Opa, sich, weil er nicht schon vorher dem Freunde alles erzählt hatte, den Alten aber nur, weil er eben alt war, das heißt geschwätzig, greinend, voll steter Angst. Schließlich, als es ihm zu bunt wurde, drehte er sich, immer weiter fahrend, um und schrie: »Verdamm mich! Verdamm mich! Verdamm uns! Wenn du jetzt nicht deinen Mund hältst, Opa, stopfe ich dich eigenhändig aus und stecke dich da ins Naturkundemuseum!« Er sah von dem Alten hinüber zu den hohen funkelnden Scheiben des Museums.
Da tat es einen Krach! Der Karren mit Karl Siebrecht wurde zur Seite geworfen, der Kofferberg geriet ins Schwanken, fiel und traf den Opa. Der Opa
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