Ein Mann will nach oben
Hornochse! Kalli Flau war keiner, er sah es sofort ein. Aber am meisten interessierte ihn nun die Frage, wo Karl Pferd und Wagen hernehmen wollte. Hatte er schon was Festes abgemacht? »Pferde!« sagte Karl Siebrecht mit Nachdruck. »Nicht ein Pferd – Pferde! Es muß gleich nach was aussehen, sonst beißt keiner an. Und ich habe auch einen guten Rollwagen. Das heißt, was Festes habe ich noch nicht ausgemacht, ich wollte erst sehen, wie das mit den Dienstmännern ausgeht.«
»Und wie ist es ausgegangen, Karl, was meinst du selbst?«
»Schlecht«, gab Karl Siebrecht zu.
»Und der Zusammenstoß mit dem Kiesow eben, war der nun schädlich oder nützlich? Der Blaue hat ihm doch gesagt, er soll sich mit uns einigen.«
»Mit dem Opa«, verbesserte Karl. »Mit dem wird er schnell fertig, dem gibt er eine Mark, und fertig ist der Lack. Auf uns aber wird er nun eine Extrawut haben, das heißt auf mich.«
»Auf mich sicher auch, ich habe ihm ja sogar Dresche angeboten. Du aber hast gesagt, du willst ihn nicht anzeigen.«
»Das hat alles nichts zu sagen. Dich mögen sie, und mich kann keiner ausstehen, weiß der Henker, warum!« Er dachte einen Augenblick nach, dann sagte er: »Doch, ich weiß schon warum!«
»Warum meinst du denn, Karl?«
»Weil ich klüger bin als die! Das giftet die, darum können sie mich nicht leiden!« Er sah Kalli Flau herausfordernd an, und als der schwieg, fragte er: »Nun, stimmt das Kalli, oder stimmt es nicht?«
»Ach, Karl –« sagte Kalli und schwieg wieder.
»Was heißt das: ach, Karl –? Stimmt es oder stimmt es nicht?«
»Natürlich stimmt es nicht, Karl. Es gibt einen ganzen Haufen Leute, die klüger sind als die Dienstmänner am Stettiner. Das wissen die ganz gut, und das finden die auch ganz richtig, deswegen haben die noch lange keine Wut auf die Klügeren. Aber –«
»Aber –?« fragte Karl Siebrecht ungeduldig, als Kalli Flau noch immer schwieg.
»Ach, du schnappst ja doch ein, wenn ich es dir sage, Karl!«
»Ich schnappe bestimmt nicht ein, Kalli!«
»Doch tust du es!«
»Bestimmt nicht, Ehrenwort, Kalli!«
»Also meinethalben! Weißt du, Karl, du hast so eine verfluchte hochnäsige Art zu den Leuten. Zu allen, Karl, nicht nur zu den Dienstmännern. Auch zu Rieke und zu mir.«
»Ich habe euch doch nie –« fing Karl Siebrecht gekränkt an.
»Doch hast du, Karl! Du hast uns schon viele Male merken lassen, wie dumm wir sind und wie klug du bist. Du denkst immer, wir merken es nicht, aber wir merken es doch. Du mußt ja nicht immer die Leute gleich Hornochsen schimpfen –«
»Aber sie waren Hornochsen, richtige Hornochsen waren sie!«
»Ja, glaubst du denn, Karl, das haben sie dir übelgenommen, daß du sie Hornochsen geschimpft hast?! Die schimpfen sich noch ganz anders untereinander: Mistvieh und alter Madensack, deswegen schnappen die noch lange nicht ein. Aber wenn du sie schimpfst …«
»Siehst du, es ist nur, weil ich es tue. Mich können sie eben nicht leiden!«
»Aber wenn du sie schimpfst, dann fühlen sie, daß du sie verachtest, und das kränkt sie. Darum ist dir heute auch alles schiefgegangen, und darum haben sie solche Wut auf dich. Sieh mal, Karl, daß es Arme und Reiche und Dumme und Kluge auf der Welt gibt, das wissen wir alle, und darüber regt sich keiner groß auf. Wenn nun aber die Klugen, die doch schon viel besser weggekommen sind, anfangen, die Dummen verächtlich zu behandeln, dann muß es ja schiefgehen, Karl!«
Karl Siebrecht schwieg eine lange Weile still zu den Worten des Freundes. Sie waren nun schon in der Hofjägerallee, sie schlenderten langsam nebeneinander her. Leise ächzend lief die Karre hinter ihnen, Karl Siebrecht drückte nur gerade so viel auf die Holme, daß sie im Gleichgewicht blieb. Erschämte sich ein wenig, gerade die schlichte Art, in der Kalli gesprochen hatte, hatte so etwas Überzeugendes an sich. Und doch dachte er: Und ich habe doch recht! Sie sind nun mal Hornochsen, und das finde ich verächtlich. Nur nicht so anmerken lassen darf ich es mir – das war nicht richtig!
»Nun bist du also doch eingeschnappt, Karl«, fing Kalli wieder an.
»Nein, bin ich gar nicht, Kalli!«
»Und warum sagst du nichts?«
»Weil ich nachdenke.«
»Worüber denkst du denn nach?«
»Ach, nur so. – In einem hast du doch unrecht, Kalli. Daß ich es mit den Dienstmännern falsch angefangen habe, habe ich schon zugegeben. Aber daß ich dich und die Rieke verachte, ist nicht wahr, euch mag ich richtig gern. Ich weiß auch
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