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Ein Mann zum Abheben

Ein Mann zum Abheben

Titel: Ein Mann zum Abheben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Wright
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und sie macht nichts anderes, als dazusitzen und mit einem Hammer Töpfe zu zerschlagen. Sie verschwindet und fliegt sonst wohin, und meine Mutter kommt und ihre Mutter kommt, und wir alle tun so, als wäre das ganz normal und in Ordnung, weil jeder weiß, dass man alles tut, was man tun kann, damit Elyse die Ruhe bewahrt. Es ist, als ob wir ertrinken. Sie zieht mich runter, und ich ziehe sie runter …«
    »Ich verstehe, dass du frustriert bist …«
    »Was stimmt nicht mit ihr? Abgesehen von der Katze, meine ich. Was ist los mit ihr? Die meisten Frauen wären glücklich, wenn sie das hätten, was sie hat.«
    »Es tut nichts zur Sache, wie die meisten Frauen reagieren würden«, wirft Jeff ein. »Du hast nur eine einzige Frau.«
    »Vielleicht sollte sie gehen. Sie redet die ganze Zeit vom Gehen, meinetwegen, sie muss nur packen und gehen. Soll
sie doch in ein Apartment ziehen und zur Abwechslung alles selber zahlen, mal sehen, wie ihr das gefallen wird. Elyse muss einmal gehörig in ein Sandwich der Tatsachen beißen.«
    »Was soll das denn heißen?«
    »Er will damit sagen, dass er nicht glaubt, dass ich allein für mich sorgen kann.«
    »Kannst du’s?«
    Jetzt sieht Jeff einigermaßen panisch aus. »Ich verstehe ja, dass ihr beide wegen der Katze durcheinander seid …«
    »Torys letzter Schultag ist am ersten Juni«, sage ich. »Das wäre ein guter Zeitpunkt für die Trennung.«
    Jeff zwinkert sehr schnell, schaut von mir zu Phil. »Redet ihr von einer Trennung auf Probe? Oder von einer gerichtlichen? Redet ihr von Scheidung?«
    Ich zucke die Achseln. »Wir können noch den ganzen Tag hier sitzen und darüber diskutieren, wann genau die Katze eingegangen ist.«
    »Wartet«, sagt Jeff. »Wir wollen nichts dramatisieren. Ihr beide seid schon so viel besser miteinander ausgekommen, und jetzt erlebt ihr einen kleinen Rückschlag. Bei der Eheberatung passiert das immer wieder, und es besteht kein Grund, große Entscheidungen zu treffen …«
    »Es ist, als würden wir sterben«, entgegnet Phil. »Los, sag’s schon.«
    »Wir sterben.«
    »Ich sehe, dass ihr beide sehr aufgeregt seid, genau deswegen solltet ihr nicht …«
    »Hast du sie nicht gehört? Sie hat gesagt, dass wir beide tot sind.«
    Zum ersten Mal seit langem fühle ich einen Augenblick lang einen Anflug von Zuneigung für Phil. Einen Augenblick nur sind wir miteinander verbunden, auch wenn alles, was uns verbindet, Hoffnungslosigkeit ist. Wie ist es so weit
gekommen? Hätte ich mich damals, vor Jahren, als er aus der Arbeit nach Hause kam und ich ihm Tory übergeben habe und abgezogen bin, umdrehen und bleiben sollen? Kelly hat vor ein paar Wochen, als wir bei ihr zu Hause Suppe gekocht haben, etwas gesagt. Sie hat gesagt, dass man, wenn man etwas loslässt und dann versucht, den Weg zurück zu finden, es manchmal schafft und manchmal nicht. So arbeitet Kellys Verstand. Sie glaubt, dass alles in den Händen des Schicksals liegt. Das ist einer der Gründe für ihre Liebenswürdigkeit, einer der Gründe, warum sie so leicht verzeihen kann und warum sie wahrscheinlich für immer verheiratet sein wird. Deshalb ist ihr Gesicht so faltenlos, fast abgeklärt, während meins von Falten zerknautscht und meine Stirn gerunzelt ist und meine Augen von einer Seite zur anderen schnellen. Immer auf der Suche nach einem Fluchtweg vor dem Unvermeidlichen. Immer auf der Suche nach dem Ausgang.
    Dass Phil gesagt hat, wir würden uns gegenseitig runterziehen, hat mich überrascht. Es hat mich überrascht, dass er bereit war, es geradezu auszuspucken, aber er hat Recht. In dieser Ehe gehen wir beide unter, er genauso wie ich. Doch jetzt - vielleicht weil er endlich bereit war, es zuzugeben - ist es, als würde sein Kopf aus dem Wasser schießen und plötzlich erkenne ich meinen alten Freund wieder. Den Mann, dem ich vertraue, den Mann, der immer genau das macht, was er sagt. Den Mann, der sich so sehr darum bemüht, gerecht zu sein, dass wir, als wir jung, mittellos und jungverheiratet waren, vier neue Reifen kauften und zwei auf mein Auto, zwei auf sein Auto aufzogen. »Es ist nur gerecht«, erklärte er dem Firestone-Händler, »dass wir die gleiche Chance haben, eine Reifenpanne zu haben.«
    Phil zwinkert Tränen weg. Er kämpft, kämpft genauso wie ich, doch er ist noch immer da. Ich mache mir keine
Illusionen, mir ist klar, dass dieser Augenblick nicht lange andauern wird. Phil kümmert sich viel zu sehr um die Meinung anderer Leute, und zweifellos wird Jeff mit

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