Ein Mann zum Abheben
hinterfrage. Kelly sah glücklich, ja fast strahlend aus.
»Weiß ist deine Farbe«, sagte ich, und wir lachten, verschränkten die Arme und drehten uns um, um einen Blick auf unsere Männer zu werfen. Es war eine erfreuliche kleine Szene. Mark sah in seinem Smoking sehr gut aus, sehr imposant mit der Zigarre in der Hand. Er wedelte ausgiebig damit herum, während er sich mit Phil unterhielt, der sich an die mit Seidentapete verkleidete Wand lehnte und Tory trug. Vor lauter Aufregung war sie seit Tagen überdreht gewesen und fast in der Sekunde, in der die Zeremonie zu Ende war, eingeschlafen. Sie lag ausgestreckt auf den Armen ihres Vaters, mit zurückgelegtem Kopf und offenem Mund, das Körbchen mit den Rosenblättern noch fest in der Hand. Kelly seufzte.
»Meinst du, dass es dieses Mal funktionieren wird?«
»Ich hoffe es.«
»Ich würde nie etwas tun, das Mark verletzt.«
»Das weiß ich.«
»Es ist anders, aber es ist auf seine Weise gut. Er ist für mich da, und das ist viel wert.«
»Das ist eine Menge wert.«
»Du hast die Briefe verbrannt, richtig?«
»Natürlich habe ich die Briefe verbrannt.«
Sie beugte sich herüber und gab mir einen Kuss auf die Stirn. Sie wusste, dass ich gelogen hatte.
Kapitel 12
Der Oktober kommt und geht. Er ruft weiterhin an.
Nicht jeden Tag, aber doch so oft, dass wir ein Gefühl von Kontinuität entwickeln und ein seltsam detailliertes Wissen über das Leben des jeweils anderen ansammeln. Er hört mir zu, wenn ich von Sachen rede, die entweder zu groß oder zu klein sind, um sie im Normalfall zu besprechen. Der Topf, der eher grün als blau geworden ist, die teuren Schuhe, die Kelly mir geschenkt hat, weil sie ihr zu eng sind, der Traum, in dem sich meine Mutter in einen Bären verwandelt hat. Diese komischen grauen Härchen an einer Stelle meiner Augenbraue, die scheinbar über Nacht aufgetaucht sind. Sie zeigen, dass ich alt werde. Sie zeigen, dass ich auf den Tod zugehe. Ich erzähle ihm, dass ich Angst vor dem Tod habe. Ich erzähle ihm, dass ich meinen Lieblingsfüller verloren habe.
»Das habe ich bisher noch nie gemacht«, sagt er. »Was immer das ist, was wir da machen.«
Das Telefon liegt auf der Küchentheke, wie ein Kuchen auf einem Teller ist es eine ständige Versuchung. Nur mal ein kurzes Knabbern hier, ein Zuckergussfleckchen auf meiner Zunge. Dass ich diesen Mann zu meinem Vertrauten machte, dass er mich zu seiner Vertrauten machte, stellt natürlich den gewaltigsten Betrug dar, den es gibt. Dass er mir die Ortsschilder vorliest, an denen er vorbeifährt, dass
ich den Kühlschrank öffne und ihm mitteile, ich hätte vergessen, Sahne zu kaufen. Dass ich vom Selbstmordversuch der Schwester seines besten Freundes weiß oder er mir hilft, das Sonntagskreuzworträtsel zu lösen, wenn ein lateinisches Wort darin vorkommt. Er weiß, wann meine Periode anfängt. Ich weiß, dass es elfhundert Dollar gekostet hat, die Delle in seinem Auto zu reparieren. Ich erzähle ihm, dass der rote und gelbe Pfeffer in meiner Bratpfanne nach Sommer duftet, nach Spätsommer und Ende, er erzählt mir, dass er in der Schlange vor dem Drive-in-Restaurant steht, aber lieber bei mir in der Küche wäre. Er wünscht sich, durch die Tür zu kommen, hinter mich zu treten und seine Arme um meine Taille zu legen. Ich schließe die Augen und höre die erstaunlich deutliche Stimme irgendeines jungen Mädchens in Boston, das ihn fragt, ob er eine Sauce dazu haben will.
»Mein Leben ist ätzend«, sagt er, und ich löse meine Faust und werfe Pinienkerne in die Pfanne. Für das, was Gerry mir bedeutet, gibt es kein Wort, obwohl Kelly, als ich endlich schwachgeworden war und ihr alles gebeichtet hatte, eine Augenbraue hob und ihn »die Ablenkung« nannte.
Jedes Mal wenn ich aus der Eheberatung komme, rufe ich ihn an. Jeff beendet die Sitzung immer mit der Erinnerung, dass ich etwas für mich tun soll. Jeden Tag ein bisschen für mich, und ich bin mir ziemlich sicher, dass er damit nicht meint, ich soll Gerry anrufen, doch das ist das Einzige, was mich nach einer dieser unmöglichen Therapiesitzungen tröstet. Fünfzig Minuten, in denen ich versuche zu beschreiben, was ich zu Beginn unserer Ehe wollte und warum ich es inzwischen nicht mehr will. Fünfzig Minuten, in denen ich erkenne, dass ich mir nicht mehr sicher bin, was ich eigentlich genau will, aber ziemlich sicher bin, dass Phil nicht imstande ist, es mir zu geben. Fünfzig Minuten, in
denen ich zugebe, dass ich die falsche
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