Ein Mann zum Abheben
schaukeln. Vor und zurück, mit geschlossenen Augen, von diesem kräftigen Körper herunterbaumelnd.
Während der Reise war ich die ganze Zeit müde. Auf dem Rückweg schlief ich in Fredericksburg ein und wachte in Durham wieder auf, Richmond hatte ich völlig verpasst. Irgendwie brachte ich diese leichte Übelkeit, diese bleischwere Müdigkeit, diese plötzlichen Anfälle von Launenhaftigkeit nicht mit einer Schwangerschaft in Verbindung. Vielleicht dachte ich ja, dass sich Frauen so fühlen, wenn sie jemanden haben, der sich um sie kümmert. Und ich hatte jemanden, der sich um mich kümmerte.
»Schlaf du«, sagte Phil. »Ich fahre.«
Nichts bereitete mich auf die Heftigkeit von Torys Geburt vor. Keines der Bücher, keiner der Vorbereitungskurse, keine der Frauen, die mich auf der Straße anhielten, um mir
ihre eigenen schrecklichen Geburtsgeschichten zu erzählen. Die vielen Wehen, die Verzweiflung, der Augenblick, in dem der Arzt seine Hände ganz in meinen Körper schob, um das Baby zu drehen, und dabei ohne Ironie sagte, dass ich einen kleinen Druck spüren könnte. Ich hatte geplant, tapferer zu sein, als ich es dann war. Der Anästhesist erschien und stellte sich als Dr. Wineburg vor. Er sagte, es tue ihm leid, dass er so spät komme, aber er sei bei einer Grillparty gewesen, bei der es einen Ochsen am Spieß gab. Ich war die Einzige, die das abartig fand. Ich kam mir vor wie die einzige Nüchterne auf einem Fest voller Betrunkener. Die Krankenschwester legte sich über mich, damit ich die Nadel nicht sehen oder beim Einstechen zusammenzucken konnte. Die PDA wirkte aber nur einseitig. Auf einer Körperhälfte wurde alles taub, und Dr. Wineburg schüttelte den Kopf, sagte, dass das manchmal passiere und er die Nadel herausziehen und es nochmals versuchen würde, doch der Gynäkologe widersprach, es käme jetzt zu schnell. Die Seite, die sich noch immer bewegen konnte, versuchte über den Tisch zu krabbeln und die Seite zurückzulassen, die einfach nur dalag und diesen Mist über sich ergehen ließ.
Am Ende zog der Arzt so fest, dass er einen Fuß gegen den Tisch stemmte. Dr. Wineburg stand hinter ihm, um ihn aufzufangen, und während der letzten Wehen konzentrierte ich mich auf seine sommersprossigen Arme. Hätte mir jemand erzählt, dass ein menschliches Wesen so kräftig an einem anderen ziehen kann, hätte ich ihm nicht geglaubt.
Irgendwann blaffte Phil: »Sie kann nicht mehr«, und mir wurde bewusst, dass er vom Baby sprach, dessen Anwesenheit ich schon lange vergessen hatte. Tory kam in einem Stück zum Vorschein, groß, wütend und zwinkernd. Die Krankenschwester faltete sie auf meinem Bauch auf wie eine Straßenkarte.
Der Gynäkologe kniete sich mit Nadel und Faden hin und machte einen blödsinnigen Witz darüber, wie eng ich denn sein möchte. Ich sagte ihm, er solle das verdammte Teil einfach ganz zunähen. Phil lief mit seiner Kamera von Zimmerecke zu Zimmerecke und machte so viele Fotos, dass ich den Eindruck hatte, sein Gesicht würde aus jedem erdenklichen Blickwinkel auftauchen. Dr. Wineburg versicherte mir lächelnd, dass ich mir keine Sorgen machen solle, das zweite sei einfacher.
Nach der Geburt fuhren wir zu meiner Mutter, um dort zu bleiben, angeblich, weil ihr Haus keine Treppen hatte, in Wirklichkeit aber wollte ich auf demselben durchgesessenen Sofa liegen, auf dem ich als Kind ein Nickerchen machte, und ich brauchte jemanden, der mir wie damals Zimttoast mit abgeschnittener Rinde brachte. Tory trank alle zwei Stunden an der Brust, und mich überkam eine tiefe Erschöpfung. Die Erinnerung daran macht mir selbst heute noch Angst. Meine Milch schoss ein, ungezügelt und willkürlich, ich hatte so viel, dass ich im Supermarkt nur ein schreiendes Baby zu hören oder eine Werbekampagne über hungernde Kinder in Uganda zu sehen brauchte, und innerhalb von Sekunden war die Vorderseite meines T-Shirts patschnass. Ich bestand darauf, dass mir Phil meinen Ton und meine Abdeckplane brachte und alles in Mamas Esszimmer abstellte. Jedes Mal wenn das Baby schlief, schlurfte ich eisern zum Tisch. Viel habe ich nicht zustande gebracht, sah man einmal von einem Flecken auf dem Orientteppich meiner Mutter ab. Tory war eine schlechte Schläferin, und ich wusste nie, wie viel Zeit mir am Tisch bleiben würde, bevor unser zerbrechlicher Friede in Stücke sprang.
»So kann ich nicht arbeiten«, beklagte ich mich bei meiner Mutter, und sie sagte, dass das keiner von mir erwarte.
Wenn ein Baby da
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