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Ein Mann zum Abheben

Ein Mann zum Abheben

Titel: Ein Mann zum Abheben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Wright
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nehme die Jungen.« Sie übergibt mir den Armvoll Flügel. »Du fängst an, sie an den Mädchen festzustecken, weil …« Weil Mädchen im Gegensatz zu Jungen dreißig Minuten lang stillsitzen und ein unbequemes Kostüm ertragen. Das weiß jeder, der einmal bei einem Krippenspiel mitgearbeitet hat. Man zieht die Mädchen zuerst an und lässt sie stehen und warten. Die Jungen lässt man spielen und richtet sie in letzter Minute her.
    Ich rufe einigen der älteren Mädchen zu, dass sie mir folgen sollen, und trage die Kostüme zum Damenwaschraum. Einen Augenblick später kommt Lynn, und wir richten eine Fließbandabfertigung in Sachen Flügelanheften ein, statten jedes Mädchen aus und entlassen es mit der Anweisung, den nächsten Engel hereinzuschicken, in die Vorhalle. Als Nancy hereinkommt, um nachzusehen, wie weit wir sind, sind wir fast fertig. Jetzt, wo alles läuft, ist sie ruhiger.
    »Was hältst du von unserem neuen Gemälde?« Sie zeigt auf ein neues Porträt einer rothaarigen Frau, das über der Couch an der Wand hängt. Die Frau ist in blauen Stoff gehüllt und schaut einem direkt in die Augen.
    Wir waren so beschäftigt, dass es mir nicht aufgefallen ist. »Ist das Maria?«
    »Fragt sich, welche Maria.« Lynn spricht mit zusammengepressten Lippen, weil Nadeln in ihrem Mund stecken.
    »Jeff findet nicht, dass es die Jungfrau ist«, sagt Nancy, die einen schief aussehenden Heiligenschein aus einer Plastiktüte zieht.
    Ich bin mit meinem Engel fertig und nehme mir den nächsten vor. »Woher stammt es?«
    »Miss Bessie hat der Kirche eine Menge vererbt, als sie gestorben ist, das weißt du wahrscheinlich. Vor ein paar Monaten ist diese mysteriöse Nichte aus Kanada endlich, nach zwei Jahren, heruntergekommen, um das Zeug auszusortieren.
Es hat sich herausgestellt, dass Miss Bessie auf der Hälfte der Gegenstände in ihrem Haus Namen angebracht hatte, und zwar auf Gegenständen, die sie bestimmten Leuten hinterlassen wollte. Sie muss gewusst haben … oder vielleicht hatte sie es ja schon vor Jahren gemacht. Alte Leute werden so. Keiner weiß, warum sie das Bild der Kirche hinterlassen hat. Wir nehmen an, dass es eine Heilige ist. Allerdings war Miss Bessie nachweislich nicht katholisch, deshalb ist mir nicht klar, warum sie ein Ölgemälde von einer Heiligen hätte haben sollen.«
    »Es handelt sich um Maria Magdalena«, behauptet Lynn diesmal nachdrücklicher. Sie belegt zweimal in der Woche Kurse am theologischen Seminar, und es stört sie, dass Nancy davon nie Notiz zu nehmen scheint. Inzwischen hat Lynn keine Nadeln mehr im Mund stecken und sich den Heiligenscheinen zugewandt. »Man kann es an ihren roten Haaren erkennen. In der Malerei war es Tradition …« Sie zögert und mir wird klar, dass sie im Begriff war, »Huren« zu sagen, sich dann aber an all die Engel im Raum erinnert hat. Lynn reicht Nancy einen Heiligenschein und ein paar Haarklammern. »Wenn eine Frau auf einem Gemälde rote Haare hat, war es ein Zeichen dafür, dass sie eine bestimmte Sorte Frau war.«
    »Das habe ich noch nie gehört«, sagt Nancy. Ihre Wangen laufen ein wenig rot an.
    »Lynn hat Recht. Maria Magdalena war aber wahrscheinlich keine - du weißt schon, Geschäftsfrau. Sie sind im Begriff, ihre Sichtweise zu ändern.«
    Das ist selbst für einen Haufen von Presbyterianern gefährlicher Boden. Als wir in unserem Literaturkreis Sakrileg lasen, hat sich Jeff so aufgeregt über die Theorie, Jesus wäre verheiratet gewesen, dass er der Entlarvung dieses Buchs eine ganze Predigtserie gewidmet hatte. Es wurde ein solcher
Kreuzzug, dass selbst Phil zugeben musste, Jeff würde zu weit gehen.
    »Um Himmels willen, es ist ein Roman«, sagte er, als wir am Sonntag nach Hause fuhren. »Was denkst du, regt ihn wirklich so daran auf?« Ich hätte fast die Schultern gezuckt, aber um ehrlich zu sein, war ich mit Jeff in diesem Fall einer Meinung. Auch mir gefällt die Vorstellung nicht, dass Jesus verheiratet gewesen sein könnte. Es ist unmöglich, einen Ehemann anzubeten.
    Ich schaue mir das Gemälde an, im Stehen, um ihm meine volle Aufmerksamkeit zu schenken. Die Frau erwidert meinen Blick, ihre Lippen sind leicht geöffnet, ihre Augenlider schwer, ihre langen roten Haare von einem Windstoß ergriffen, der ihr Gewand nicht zu tangieren scheint. Nein, es handelt sich eindeutig nicht um die Jungfrau Maria, und es ist sehr seltsam, dass »Miss Bessie von den vielen Kasserollen« ein solches Gemälde in ihrem Haus hängen hatte. Es hat ein

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