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Ein Mann zum Abheben

Ein Mann zum Abheben

Titel: Ein Mann zum Abheben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Wright
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ständig hört, die in jedem Zimmer des Hauses aus Lautsprechern dringt und die einem das Gefühl gibt, als befände man sich in einer Art ewig währendem Warteraum.
    »Ist sie da?«, frage ich, und Rosa zeigt zur Decke.
    Ich glaube nicht, dass ich jemals ohne Kelly durch dieses Haus gegangen bin, und es hat die Atmosphäre einer Schule während der Sommerferien oder eines Museums in der Nacht. Dumpf und leer, und mir fällt ein, wie Kelly mir erzählt hatte, dass sie verlobt sei. Sie sagte nur: »Ich heirate Mark«, als wäre es das Logischste von der Welt, als wäre der Umzug in eine von Toren bewachte Gemeinschaft genau das, was sie ihr ganzes Leben lang geplant hatte. Niemand hatte ihn zuvor kennengelernt. Sie selbst hatte nur drei Monate lang für ihn gearbeitet. »Unter ihm gearbeitet«, wie sie es mit einem kleinen Lächeln nannte, dass allen Fragen zuvorkommen sollte. Es war nicht möglich, höflich zu fragen, warum sie das machte. Sie war der letzte Mensch auf dieser Erde, der für Geld heiraten würde, trotzdem schien es keine andere Erklärung zu geben. Nun, vielleicht eine einzige andere Erklärung.
    Unmittelbar nachdem Kelly eingezogen war, kamen PhilI und ich zum Abendessen. Ich war nervös. Damals hatte ich noch Angst, dass meine Freunde meinen Mann für dumm oder kalt halten würden, und ich erzählte viele kleine Lügen. Manchmal gab ich vor, dass er gerade telefoniert, obwohl das nicht der Fall war. Wenn jemand sagte, ich würde einen
hübschen Pulli tragen, lächelte ich und erzählte, Phil hätte ihn ausgesucht. Auf der Hinfahrt instruierte ich Phil über das, was er nicht sagen durfte. Unbedingt notwendig war, dass er ihren Rasen nicht erwähnte. Phil war besessen von der Rasenpflege, und einer der glücklichsten Tage seines Lebens war, als wir morgens aufwachten und feststellten, dass zwischen unseren Büschen das Schild »Garten des Monats« aufgestellt worden war, während wir schliefen. Doch Mark und Kelly hatten einen Gartenarchitekten beauftragt, und mir war klar, dass Mark etwas wie »Darum kümmert sich jemand« sagen würde, sollte Phil ihn fragen, wie er seine Hecken so gleichmäßig hinbekam, während Kelly und ich uns - wenn auch aus unterschiedlichen Gründen - für unsere Ehemänner schämen würden.
    Phil erwähnte den Rasen mit keinem Wort, trotzdem war es ein schrecklicher Abend. Kelly kochte kornisches Wildhühnchen - was sie nie zuvor und auch danach niemals wieder gegessen hatte -, und sie führte uns durch das ganze Haus, das in einem Stil gehalten ist, den Mark als Tuscany Tudor bezeichnete.
    »Was zum Teufel heißt das denn?«, knurrte Phil, während wir ihr alle drei Treppenfluchten nach oben und unten folgten und beobachteten, wie sie auf dem Weg steif auf interessante Stellen hinwies: das Oberlicht über dem Whirlpool im Hauptbadezimmer, das Weinregal mit Steuerung der Luftfeuchtigkeit, die eingebaute Schuhablage, die sensoraktivierten Wasserarmaturen, die in die Grasnarbe des Rasens eingelassenen Strahler.
    Auf dem Nachhauseweg sagte Phil: »Es ist ein beschissenes Neureichendomizil«, und als ich nichts darauf antwortete, fügte er hinzu: »Ich nehme an, du glaubst, einen Versager geheiratet zu haben.«
    Ich versicherte ihm, dass ich all das Zeug gar nicht haben
wolle, dass ich nicht verstehen würde, warum Kelly es wollte, und dass ich ihn ganz bestimmt nicht dorthin gezerrt hätte, um ihm das aufs Butterbrot zu schmieren. »Mark ist uralt«, sagte ich. »Das ist der einzige Grund, warum sie so leben.«
    Jetzt gehe ich durch das Haus, in dem alles gedämpft und perfekt wirkt, mit Arrangements von Tulpen und Krokussen auf dem Tisch im Foyer, den aufgeschüttelten und eingedellten Kissen im danebenstehenden Sessel. Es ist schön, wie sollte es auch nicht sein, und ich verstehe, wie könnte ich auch nicht, dieses Bedürfnis nach einem Ehemann, einem Haus und Tulpen auf dem Tisch. Nur ein paar Minuten früher, als ich die zerfurchte Zufahrt von der Töpferei wegholperte, habe ich meine Hand nach dem Handy ausgestreckt. Es ist erstaunlich, wie automatisch man den Ehemann anruft, wenn etwas schiefgeht, erstaunlich, wie schnell mein Finger die Nummer 2 der Kurzwahltasten sucht. So wird es immer sein, egal was zwischen uns geschieht, ein Teil meines Gehirns wird in Problemzeiten immer nach Phil rufen. Jahre später, in einem Bett, das weit weg von hier stehen wird, werde ich einen Alptraum haben und im Aufwachen seinen Namen rufen.
    Der Marmorfußboden glänzt so sehr, dass

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