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Ein Mann zum Abheben

Ein Mann zum Abheben

Titel: Ein Mann zum Abheben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Wright
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in den Garten hinausgehen und die Handschellen wegschießen.
    »Wir könnten stattdessen auch einen Schlosser holen«, schlage ich vor. »Mein Gott.« Wir sollten seit zwanzig Minuten auf der Party sein. Er plädiert für die Pistolenlösung.
    »Wir haben keine Pistole«, sage ich, aber andererseits wusste ich auch nicht, dass wir Handschellen haben. Offenbar gibt es in diesem Haus alle möglichen Dinge, von denen ich nichts weiß. Phil ist verzweifelt, geht mit dem Taschenmesser in der Hand zwischen der Küche und dem Wohnzimmer hin und her. Ich stehe perfekt gestylt in meinem
schwarzen Seidenkleid da und überlege mir, wie ich ihn beruhigen kann.
    Mir fällt ein, dass sich der Schlüssel noch immer in dem UPS-Päckchen befinden könnte. »Ruf Kelly an. Sag ihr, dass wir uns verspäten.«
    Erleichtert darüber, eine Aufgabe zu haben, nickt er, und während er am Telefon ist, gehe ich hinaus in die Garage zu der Pappschachtel, durchwühle unbeholfen den Verpackungsinhalt und finde schließlich einen quadratischen weißen Umschlag. Darin befindet sich der Schlüssel, klein und filigran, ein frappierend ähnlicher Zwilling zu dem anderen. Ich komme ins Haus zurück und werfe ihn Phil zu. Bis sich das Schloss der Handschellen öffnet, halte ich meine Hände sehr still.
    »Du hast nicht wirklich eine Pistole, oder? Du hast einen Witz gemacht, stimmt’s?«
    Er lacht seltsam auf. »Ich weiß nicht, warum ich das gesagt habe.«
    »Du hast mich angefahren. Das finde ich nicht okay.«
    Die Handschellen springen auf. »Wenn du den Schlüssel nicht gefunden hättest«, sagt Phil, »wie hättest du das unseren Freunden erklären wollen?«
     
    »Wahnsinn«, sagt Jeff und hält seine Hände hoch. »Das ist wesentlich mehr, als ich wissen muss.«
    »Das ist meine Frau«, sagt Phil. »Manchmal ist sie absolut verrückt.«
    Er sagt es stolz, so wie er vermutlich Lynn erzählt hat, dass ich unberechenbar sei, und so wie Jeff rot wird, als er mich ansieht, wird mir klar, dass Phil ihm die Geschichte schon vorher erzählt hat, auf dem Basketballfeld oder in der Sauna des YMCA. Hier im Besprechungszimmer der Kirche hat Phil sie auf eine gereinigte Version reduziert, doch früher,
in anderer Umgebung, hat Jeff sicher den ausführlicheren Film zu sehen bekommen. Ich, aus eigenem Antrieb an mein Bett gefesselt, ich, auf den Knien und geradezu bettelnd, ich, flach auf dem Rücken und glücklich darüber, heftig rangenommen zu werden, und jetzt sind alle unsere Probleme wie durch ein Wunder gelöst. Alles, was ich jemals zu Phil gesagt habe, ist aus dem Protokoll gelöscht worden.
    Ich könnte wütend sein, aber ich hätte es wissen sollen. Wenn man so lange verheiratet ist wie ich, weiß man verdammt gut, dass Sex den Resetknopf drückt, außerdem kommt mir das ja vielleicht entgegen. Ich habe so viele Jahre damit verbracht, Phils Aufmerksamkeit zu gewinnen, dass ich ständig vergesse, dass das hier ein neues Spiel mit anderen Spielregeln ist. Dieses Mal gewinne ich, indem ich ihn überzeuge, dass alles bestens ist. Das ist eine leichtere Aufgabe. Wenn eine Frau behauptet, dass alles bestens ist, glaubt ihr der Mann immer. Er würde ihr selbst dann noch glauben, wenn sie blutüberströmt vor ihm steht. Sie halten uns für einfach gestrickte Kreaturen, die mit Rosen und glänzenden neuen Schuhen restlos zu besänftigen sind. Vertrauensvoll, kindlich, leicht hereinzulegen - bereit, ihnen Manhattan für eine Handvoll Glasperlen zu verkaufen. Vielleicht haben sie Recht. Mein Mann versteht mich nicht. Na und? Ich verstehe ihn auch nicht. Und außerdem, die Tatsache, dass er mich nicht versteht, hat mich frei gemacht. Er kann nicht sehen, dass mich Geschlechtsverkehr mit nur einem Mann nicht befriedigt, es wird dadurch nur einfacher, mit einem anderen sexuell zu verkehren. Er weiß nicht, wie weit ich gehen kann, wie schonungslos ich sein kann. Er versteht nicht, dass es für Frauen beim Sex keinen natürlichen Haltepunkt gibt.
    Jeff und Phil lächeln in unterschiedliche Richtungen.
Wären sie indiskret genug, einander anzusehen, würden sie sicher zu kichern anfangen. Gut, lass sie lachen, auf diesem Handschellenvorfall werde ich eine ganze Weile dahintreiben können. Diese Geschichte scheint alle glücklich zu machen. Jeff glaubt, dass er mit dem, was Frauen wirklich haben wollen, richtig gelegen hat. Phil glaubt, er hätte seine unberechenbare Frau zurück.
    Und Gerry - natürlich erzählte ich das Gerry, natürlich rief ich ihn gleich am

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