Ein Mann zum Heiraten
Moment erinnerte, in dem James ihren Schleier hochgehoben und sie schweigend angesehen hatte, bevor er ihr Gesicht umfasst hatte.
Sie hatte am ganzen Körper gezittert, als er den Kopf geneigt und sie geküsst hatte. Obwohl sein Kuss nicht verlangend gewesen war, war ihr dabei ganz seltsam zumute gewesen. Es hatte an dem Ausdruck in seinen Augen gelegen, an der feierlichen Situation, als sie sich ewige Treue geschworen hatten.
Ob jemand von den Gästen bemerkt hatte, wie James ihr anschließend über den Bauch gestrichen hatte, als würde er dem Kind ein stummes Versprechen geben?
Poppy bezweifelte es. Diese Geste war nicht für die Augen der anderen bestimmt gewesen, sondern für seinen Sohn oder seine Tochter. In dem Moment hatte Poppy sich ausgeschlossen gefühlt, und ihr war umso deutlicher klar geworden, warum James und sie heirateten und dass er nach außen hin nur so tat, als würde er sie lieben.
Nun kam Chris auf sie zu. Nachdem er seinen Bruder ungestüm umarmt hatte, schenkte er Poppy ein strahlendes Lächeln. Als sie ihn ansah, ging ihr durch den Kopf, dass sein Haar dringend geschnitten werden musste. Es reichte ihm bis zu den Augen und ließ ihn jungenhaft erscheinen.
Sally schalt ihn liebevoll, weil er den obersten Hemdknopf aufgemacht und seine Krawatte abgenommen hatte. Während sie ihr zuhörte, fragte Poppy sich, was passiert wäre, wenn sie von
ihm
ein Kind erwartet hätte und nicht von James. Wie hätte Chris wohl darauf reagiert? Sie versuchte sich vorzustellen, wie er die Sache in die Hand nahm, ihre Eltern besuchte, um es ihnen zu erklären, und schließlich die Schuld auf sich nahm. Dann musste sie zugeben, dass diese Rolle wohl eher ihr zugefallen wäre, wenn er tatsächlich der Vater gewesen wäre.
“Hör auf damit”, warnte James, der ihre Gedanken offenbar erraten hatte. “Du bist mit
mir
verheiratet, nicht mit Chris. Und das Kind, das du erwartest, ist von
mir
.”
“Glaubst du, ich wüsste das nicht?”, entgegnete Poppy bitter. Ihr Kleid spannte plötzlich unangenehm in der Taille. Außerdem hatte sie Kopfschmerzen und war müde. “Diese ganze Heuchelei ist mir zuwider”, fügte sie wütend hinzu.
“Ach ja? In der Nacht, als du dir eingeredet hast, du würdest mit Chris schlafen statt mit mir, hattest du offenbar keine derartigen Skrupel”, erinnerte er sie unverblümt.
Nach seinem überzeugenden Schauspiel vor dem Traualtar schockierten seine Worte sie umso mehr, sodass sie ihn schweigend ansah. Zum Glück kam in diesem Moment ihre Mutter auf sie zu. “Ist alles in Ordnung, Schatz?”, rief sie. “Du siehst ziemlich blass aus. Komm und setz dich. Die Gäste sind mittlerweile alle eingetroffen, und wir können essen.”
8. KAPITEL
“Es dauert jetzt nicht mehr lange.”
Obwohl Poppy dagegen gewesen war, in die Flitterwochen zu fahren, hatte James darauf bestanden und sie darauf hingewiesen, dass es komisch aussehen würde, wenn sie es nicht taten. Daher gab sie schließlich nach, was sie sofort bereute, als sie erfuhr, wohin die Reise ging.
“Nach Italien!”, rief Poppy entsetzt. “Nein, ich kann nicht nach Italien fahren. Es wird mich ständig an deine japanische Freundin erinnern – die, mit der du im Hotel die Nacht verbracht hast.”
“Die einzige Person, mit der ich im Hotel die Nacht verbracht habe, warst du”, erklärte James entschieden.
“Du hast eine Nacht nicht in unserem Zimmer geschlafen”, warf sie ihm vor.
“Das stimmt, aber ich war nicht mit einer anderen Frau zusammen. Ich habe die ganze Nacht gearbeitet.”
Sie konnte ihm kaum in die Augen sehen. “Trotzdem möchte ich nicht wieder nach Italien fliegen.”
“Wir haben keine andere Wahl”, informierte er sie kühl. “Meine Mutter besteht darauf, uns die Villa zur Hochzeit zu schenken, und es wäre sehr unhöflich, wenn wir es ablehnen würden.”
Poppy war klar gewesen, dass er recht hatte. Nach dem Tod seines Vaters hatte seine Mutter die Villa nicht mehr benutzt, weil sie dort immer den Urlaub mit ihrem Mann verbracht hatte und diese Zeiten in guter Erinnerung behalten wollte, wie sie sagte.
James und Poppy gegenüber hatte sie erklärt, es wäre nun an der Zeit, dass jemand anders aus der Familie das Haus nutzte. Da James eine viel stärkere Bindung an Italien hätte als Chris, sollten er und Poppy es bekommen.
Poppy war einmal als Kind mit ihren Eltern dort gewesen. Noch jetzt erinnerte sie sich daran, wie beeindruckt sie von der herrlichen Landschaft und den freundlichen
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