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Ein Mensch namens Jesus

Ein Mensch namens Jesus

Titel: Ein Mensch namens Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Messadié
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des Zeloten gebeugt. »Ich nehme an, du weißt das von meinem Gesellen Simeon, der dir auch mein Haus genannt hat.«
    »Simeon ist tot«, erwiderte Judas. »Sie haben ihm den Kopf abgeschlagen.«
    Josef wankte, und Jesus lief herbei, um ihn zu stützen. Aber der alte Mann fing sich rasch wieder und schob seinen Sohn beiseite. »Simeon war tapfer«, sagte Nathan.
    Und damit war die Trauerrede beendet.
    Josef legte in Weingeist getränkten Wegerich auf die gereinigte Wunde. Seine Hände zitterten, gingen aber fachkundig zu Werke. Verletzungen beim Sägen und Hobeln waren in der Werkstatt nichts Außergewöhnliches.
    »Jedenfalls...«, wollte Judas eben anheben, als er von seinem Stuhl kippte. Josef versetzte ihm eine Ohrfeige. Judas schlug die Augen wieder auf. »Ich wollte sagen...«
    »Du wirst es später sagen«, fiel ihm Josef ins Wort.
    »Bring ihnen Sauermilch und Brot!« sagte er zu seinem Sohn. Und zu den beiden Verfolgten gewandt: »Wenn ihr gegessen habt, dann legt euch schlafen! Ich werde euch vor Tagesanbruch wecken.« Er legte Judas einen Verband an, welcher der Kinnbinde eines Toten recht ähnlich sah.
    Jesus brachte das Essen. Judas beobachtete ihn eine Weile und sagte dann: »Gesegnet sei Er, der uns dieses Brot gibt, und gesegnet sei der Diener, der es uns aufträgt. Gesegnet sei Er, der Seinen Soldaten auf ihrem Weg barmherzige Menschen begegnen läßt.« Gierig begann er das Essen hinunterzuschlingen.
    »Der Herr beschützt die Verteidiger des Gesetzes«, sagte Josef. »Zehn Tote«, murmelte Judas, »für fünf Römer, die zur Hölle gefahren sind.« Er rückte den Verband auf seinem Kopf zurecht, legte sich hin und schlief sofort ein.
    »Laß uns deinen Sohn!« bat Nathan.
    »Ihr sucht die Schuld nicht beim wirklichen Feind«, erwiderte Josef. »Der weilt mitten unter uns.«
    »Du sprichst wie Zadok, Alter.«
    »Wer ist das?«
    »Unser zweiter Anführer.«
    »Er ist ein Sadduzäer.«
    »Wie du sagst.«
    »Dann gibt es wenigstens einen guten Sadduzäer«, sagte Josef. Judas schnarchte.
    »Dann vertraue doch Zadok deinen Sohn an!«
    Jesus’ Augen leuchteten auf.
    »Es gibt Besseres zu tun, als Römer niederzumachen.«
    »Juden niedermachen, meinst du wohl.«
    »Du nennst sie Juden, ich Gesetzesverächter.«
    »Würdest du uns deinen Sohn überlassen, wenn wir ein paar Priester aus Jerusalem in Stücke rissen?«
    »Und den Tempel in Brand steckten?« fragte Jesus.
    »Und den Tempel in Brand steckten?« wiederholte Nathan lächelnd.
    »Hört zu, ihr beiden«, sagte Josef, »diese Art Gewalt ist lächerlich, solange das Volk das Ziel, das mit ihr verfolgt wird, nicht versteht. Zehn Aufstände sind weniger wert als wenige gut gesprochene Worte. Wir brauchen Propheten, keine Schwerter.«
    »Was sollen wir dann tun?« fragte Nathan und unterdrückte ein Gähnen. »Predigen?«
    »Sende ein Wort«, erwiderte Josef, »und es fliegt viel weiter als ein Pfeil oder ein Wurfspieß. Und es wirkt viel länger«, fügte er hinzu. Nathan war eingeschlafen. Jesus und der Vater sahen sich an.
    »Wir schlafen abwechselnd, jeder eine Stunde«, sagte Josef. »Geh nun!«
    Nachtfalter flatterten um die Lampe. Bei Tagesanbruch würden sie tot sein.
    Als ihn sein Vater weckte, brummte er unwillig. Er hatte im Traum gekämpft.
    »Vergiß nicht, mich zu wecken! Sie haben keine Chance. Ich bin zu alt, du bist zu jung. Die Waffen...«, sagte er und zuckte mit den Schultern.
    Jesus ging, um über die Schlafenden zu wachen. »Sende ein Wort...«, murmelte er. Was für ein Kampf, Herr der Heerscharen? Was für ein Kampf? Die allmählich ins Haus dringende Feuchtigkeit kündigte den nahenden Morgen an. Er öffnete den Fensterladen der Dachluke. In einer Stunde würde es dämmern. Und David, Herr? Hatte er nicht Goliath getötet? »Sende ein Wort...«
    Dann weckte er Josef, dessen magere Gestalt fast unter den Falten seines Gewandes verschwand und mehr denn je der eines Toten glich. Der Greis öffnete die Augen und blickte in die seines Sohnes. Da war kein Mitgefühl, nein, Greise hatten kein Mitgefühl mehr. Wortlos vergewisserte er sich, daß sein Sohn ihn verstanden hatte.
    Sie weckten ihre Schützlinge. Josef überprüfte den Zustand der Wunde; sie schwoll ab. Er öffnete die Tür und trat hinaus. Hatte da unten nicht eben eine Grasmücke gesungen? Er nickte. Die beiden Zeloten setzten ihre Kappe auf und gingen. Die Dunkelheit verschluckte sie. Im Hintergrund des Zimmers tauchte Maria auf.
    »Ich habe Milch warm gemacht«, sagte

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