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Ein Mensch wie Du

Ein Mensch wie Du

Titel: Ein Mensch wie Du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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»Franz Krone wiederholen!«
    »Na, dann viel Erfolg!« Dr. Fischer sah den Scheck an, ohne ihn zu berühren. »Und Sie glauben, damit wäre alles erledigt? Mit diesem Fetzen Papier, mit Geld? Wie wollen Sie die Skandale bezahlen, die sich aus Ihrem Verhalten entwickeln?!«
    »Ich werde nie mehr in München singen!«
    »Wunderbar! Der Verzicht einer Diva! Soll ich vor Rührung und romantischer Ergriffenheit weinen und eine Ode an Sandra dichten?! Das Gebet eines Stars, sieben Verse im fünffüßigen Jambus?« Dr. Fischer sprang auf und rannte in seinem großen Büro hin und her. »Dieser Krone war eine Enttäuschung, für mich als Intendant, für Sie als Frau. Verzeihen Sie, wenn ich das heikle Thema antaste. Aber es heißt für uns beide jetzt alles überwinden, der Kunst zuliebe! Ich opferte meinen Namen als Talententdecker … Lesen Sie bloß die Kritiken, die in sechzig Blättern stehen, es wird Ihnen übel, und Sie übergeben sich … Sie, gnädige Frau, opferten – wie soll ich sagen –, opferten ein Stück Ihres Herzens, vielleicht aber auch nur das Ende eines glücklichen Erlebnisses …«
    »Dr. Fischer!« rief Sandra empört.
    »Nennen wir das totgeborene Kind beim Namen! Ihrem Gesang macht es nichts aus … Man wird Ihnen weiter zujubeln – in Barcelona, Rom, New York, Rio de Janeiro oder Caracas. Ich habe einen Namen verloren – retten Sie wenigstens den letzten Nimbus meiner Oper, indem Sie die sechs Abende noch singen.«
    Die Beredsamkeit Dr. Fischers war vergebens – Sandra Belora hinterließ den Scheck von 20.000 DM und reiste am nächsten Abend ab nach Rom, wo sie in einer Freilichtaufführung der Oper ›Aida‹ die Titelrolle ohne Probe in den Caracalla-Thermen sang.
    Von Rom nahm sie ein Engagement in Südafrika an, eine Konzertreise für ein halbes Jahr, die sie fern von Europa hielt und ihr Vergessen schenken sollte oder wenigstens eine kleine Linderung ihrer Enttäuschung.
    In Köln hatte sich Greta Sanden Urlaub genommen und war an die Ostsee und später in ein kleines Dorf am Rande der Lüneburger Heide gezogen. Hier, inmitten der Wacholderbüsche, Birken und weiten, violetten Heideflächen, suchte sie Ruhe und saß tagelang in der Einsamkeit, starrte in die am Himmel vorbeiziehenden Wolken und suchte Antwort auf eine Frage, die ihr niemand abnehmen konnte.
    Franz Krone blieb verschollen, für die Menschen wenigstens, die ihm nahestanden und ihn suchten. Das Gefühl seiner Schuld ließ in ihm die Scheu eines Aussätzigen wachsen, wie ein Leprakranker verkroch er sich in die Anonymität eines Daseins, dessen Schwere er als Buße empfand und deshalb auch ertrug. Heute, nach einem zeitlichen Abstand von jenem Schicksalsabend, kam er sich jämmerlicher vor als in den erregenden Minuten, in denen er nach einer gequälten Arie einfach an Sandra vorbei die Bühne verlassen und sich wie ein Verbrecher im weiten Kulissenhaus versteckt hatte. Er hatte sich wenig heldenhaft benommen, er war sogar feige gewesen, hundsgemein feige, war einer Auseinandersetzung zwischen Sandra und Greta ausgewichen und hatte Dr. Fischer, Professor Glatt und zweitausend erwartungsvolle Menschen bitter enttäuscht. Wie konnte er einem real denkenden, nüchternen Menschen verständlich machen, daß er in diesen Minuten völlig den Kopf verloren und eine Art Kurzschluß in seinem Inneren ihn unfähig gemacht hatte, seine Handlungen noch weiterhin klar zu übersehen? Er wußte selbst nicht mehr, was alles geschehen war, als er Greta vor sich durch den Spion sah, als der Zwiespalt zwischen den beiden Frauen über ihm zusammenschlug. Er war feig geworden, unmännlich erbärmlich und der entscheidenden Auseinandersetzung seines Lebens ausgewichen, indem er sich wie ein Irrer von der Brücke in ein dunkles Nichts hinabstürzte und mit diesem Sturz gerettet wähnte.
    Er wußte auch jetzt noch nicht, wie er sich hätte entscheiden sollen, wenn er sich mutig der Situation gestellt hätte und Greta wie auch Sandra eine Entscheidung von ihm gefordert hätten. Das war es, was ihn auch jetzt noch ein wenig seine Tat rechtfertigen ließ – er wußte nicht, ob er zu Sandra gegangen wäre, der Lebensnahen, der immer Rätselhaften, Überraschenden, Betäubenden und Erregenden, oder zu Greta, der Stillen, der Wertvollen, dem Ruhepol seines Lebens, die ihm ihr Postsparbuch ohne Zögern gab und ihn im Studium unterstützte, indem sie jede Nacht in der Königin-Bar Zigaretten verkaufte und ihm das Geld mit einem glücklichen Lächeln

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