Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Mensch wie Du

Ein Mensch wie Du

Titel: Ein Mensch wie Du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
– das tust du mir nicht an! Die Mailänder haben Tagliavini entdeckt, in Neapel wurde Caruso groß, Tito Schipa sang in der Scala – laß mir den Krone!«
    »Ohne Sandra Belora!«
    »Diavolo! Ich hänge mich auf!« Giulio warf den Hörer auf die Gabel und stützte den Kopf in beide Hände. Er war ein dicker, glatzköpfiger Mann mit zu hohem Blutdruck und einer Neigung zu Chiantiorgien. »Ohne die Belora«, stöhnte er. »Und ich habe heimlich gedacht, sie beide zusammen in einer Oper zu bringen! Diavolo!« Er schüttelte den Kopf und griff nach einem Glas Chianti.
    Auf der Terrasse der Villa Caricacci saß noch immer Franz Krone und sah hinaus auf das schweigende, abendliche Land. Die Schatten der Pinien und Zypressen überwucherten die Wege und die Grabsteine der Via Appia antica. Ein Eselskarren, wie vor zweitausend Jahren, holperte über den Weg, beladen mit Steinen und einigen Reisigbündeln. Ein Bauer mit einer alten Decke über den Schultern hockte auf dem schmalen Bock und lenkte den Esel. Der Himmel war blutrot, als die Sonne unterging, wie Terrassen bauten sich die Wolken empor bis zu den Sternen, die aufleuchten würden, wenn das Gold der Sonne fahler wurde und das dunkle Tuch des Himmels sich über das Land spannte.
    Der Eselskarren ratterte vorbei, ein Liebespaar schritt jetzt die Straße entlang, er hielt sie umarmt und schlenderte mit ihr in den sinkenden Tag hinaus – junges Leben auf der alten römischen Gräberstraße.
    Caricacci kam auf die Terrasse und lächelte, als er das Liebespaar sah. »Sehnsucht?« fragte er leise.
    Franz Krone schüttelte den Kopf. »Nein … Ich bin nur glücklich.«
    »In drei Tagen ziehen Sie das große Los.«
    »Ich werde Sie nicht enttäuschen. Jetzt nicht mehr!«
    »Ich weiß.« Caricacci legte die Hände auf Krones Schulter, gemeinsam sahen sie hinaus in den herabsinkenden Abend und in den in Streifen aufgelösten orangenen Himmel.
    Ruhe war um sie herum, vollkommene Ruhe. Ruhe, die hineinglitt ins Herz.
    »Was werde ich singen?« fragte Krone leise.
    »Den Cavaradossi in ›Tosca‹.«
    Und Krone nickte, als habe es nie die Oper ›Tosca‹ gegeben, in deren erstem Akt der Sänger Franz Krone zerbrochen war.
    Die Schatten der Pinien erreichten die Terrasse. »Es wird kalt«, sagte Caricacci. »Gehen wir hinein. Ihr Hals ist wertvoller als der schönste Sonnenuntergang.«
    Am Abend vor dem Vorsingen saßen Caricacci und Franz Krone wieder draußen auf der Terrasse und tranken eine kleine Flasche Wein. Es war kühl, ein scharfer Wind wehte über die Campagna. Krone hatte einen Pullover an und den Hals mit einem Wollschal umwickelt.
    »Was ich noch sagen wollte«, meinte Caricacci, indem er sich noch ein Glas vollgoß. »Ihr Name ist für uns kaum auszusprechen. Franz Krone – das kann keiner nachsagen, weder in England, Amerika, Frankreich und schon gar nicht in romanischen Ländern. Sie müssen einen Namen haben, der klingt wie die Musik, die Sie darbieten. Was halten Sie von Francesco Corani?«
    »Nicht übel … Francesco Corani.« Krone schmunzelte. »Der Name geht ins Ohr.«
    »Dann nehmen wir ihn!« Caricacci hob sein Glas und stieß es an das Franz Krones. »Taufen wir Sie hiermit, mein Lieber. Es lebe Francesco Corani!«
    »Hoch!« rief Krone übermütig. »Jetzt muß ich eine neue Unterschrift üben – für die Autogramme!«
    »Das wäre zweckmäßig.« Caricacci trank sein Glas in einem Zug leer. »Sie glauben nicht, wie froh ich bin, bei diesem schrecklichen Erlebnis in Griechenland gerade in der gleichen Höhle wie Sie gewesen zu sein! Was wäre wohl sonst aus Ihnen geworden Corani?«
    Krone schüttelte lachend den Kopf. »Ach so, Corani! Das bin jetzt ich! Daran muß man sich erst gewöhnen.« Er sah hinaus auf die sich wiegenden Pinien an der Via Appia. »Ohne Sie wäre ich noch Jazzsänger bei Jackie John. Vielleicht hätte ich Gloria geheiratet …«
    »Sie lieben das Mädchen?«
    »Ich weiß nicht.« Corani zuckte mit den Schultern. »Sie hat mir viel gegeben, die kleine Gloria. Ich war glücklich an ihrer Seite, und ich konnte vergessen. Ich wurde durch sie ein anderer Mensch, losgelöster, freier, wieder weltoffen. Ob das Liebe war …?«
    »Und was soll aus dieser Gloria werden?«
    »Ich habe ihr versprochen, sie nach Rom kommen zu lassen, sobald ich …« Er schwieg und sah auf den Boden der Terrasse, der mit großen Bruchsteinplatten ausgelegt war.
    Caricacci wiegte den Kopf hin und her. »Das ist genau das, was Ihnen nicht zu raten ist!

Weitere Kostenlose Bücher