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Ein Mensch wie Du

Ein Mensch wie Du

Titel: Ein Mensch wie Du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sprengen, das Fest der Stimmen erstrahlte wie ein tausendfaches Feuerwerk, dessen goldene Sterne in Kaskaden zur Erde zurückfallen und die Nacht erhellen mit dem Zauber unwirklicher Schönheit.
    Greta Sanden stand noch immer am Tisch. Die Flasche hatte sie hingesetzt, mit geschlossenen Augen lauschte sie der Stimme, die sieghaft, alles übertönend, wie zum Schwingen gebrachtes Metall das Maß einer menschlichen Kehle augenblicklich zu sprengen schien.
    Schwerterklang, der Zweikampf zwischen Manrico und Graf Luna, der Aufschrei Leonores – »es ist Sandra«, durchzuckte es Greta, »Sandra und Franz – sie singen wieder zusammen –«, dann fiel der Vorhang, und das Radio überschlug sich in dem aufdonnernden Applaus der zweitausend Gäste.
    »Welch eine Stimme!« sagte der Assessor leise und ergriff ein Glas. Er trank einen Schluck und stellte es dann wieder auf den Tisch zurück. »Dieser Corani ist wirklich einmalig …« Er blickte zu Greta hinüber und erhob sich erstaunt. Noch immer stand sie mit geschlossenen Augen am Tisch, und es schien, als schwanke sie jetzt ein wenig. Er trat zu ihr hin und umfaßte sie. »Was hast du?« fragte er besorgt. »Ist dir nicht gut? Leg dich ein wenig hin …«
    Greta Sanden schüttelte den Kopf. »Es ist unmöglich«, stammelte sie. »Es kann doch nicht möglich sein …«
    Entsetzt umfaßte sie der Assessor. »Was ist denn Greta? Greta?!« Er schüttelte sie, als müsse er sie aus einem Trancezustand erwecken. Sein Gesicht war angstvoll verzerrt. »Was hast du denn?! Sprich doch! Du bist ja ganz blaß. Greta …« Er wollte sie küssen, aber sie wich ihm aus und nahm ihr Gesicht zur Seite.
    »Corani …« Sie senkte den Kopf. Und plötzlich weinte sie, die Tränen stürzten ihr aus den Augen, so sehr sie sich dagegen wehrte. Sie verbarg den Kopf an der Schulter des Assessors, ein wildes Schluchzen durchschüttelte ihren Körper.
    »Corani?« sagte der Assessor verblüfft. »Was ist denn mit Corani …?«
    »Corani ist Franz«, schrie sie an seiner Schulter.
    »Franz Krone …« Der Assessor drückte Greta an sich und starrte auf das Radio, aus dem jetzt der Zigeunerchor ertönte. Gleich würde er wieder singen, gleich blühte diese herrliche Stimme wieder auf, die schönste Stimme, die je auf einer Bühne gesungen hatte.
    Er ließ Greta los und stand mit ein paar Schritten am Radio. Er drehte es aus. In diesem Augenblick begann er diese Stimme, der die ganze Welt zujubelte, zu hassen. Er haßte sie so glühend, daß er alle Vernunft verlor und die Fäuste ballte. Sein Gesicht war wächsern und verzerrt. »Dieser Lump!« sagte er hart.
    »Er lebt!« Greta sah ihn mit einem glücklichen Lächeln an. »Er lebt … Er ist nicht verkommen. Und er singt schöne als je zuvor …«
    »Er ist ein Schuft!« schrie der Assessor. »Er hat dich betrogen, er hat den Toten gespielt, und als Francesco Corani kommt er wieder, maskiert wie ein Dieb, unter falschem Namen …«
    »Aber er ist da!«
    Aus einer anderen Wohnung erklang die Stimme Coranis. Sie schwebte über die Straße, unwirklich in ihrer Klarheit und Kraft. Mit einem Satz war der Assessor am Fenster und schlug es zu. »Ich kann ihn nicht mehr hören!« schrie er.
    Greta lehnte an der Tür, sie war zurückgewichen und sah den Assessor mit großen, bittenden Augen an.
    »Ich habe geglaubt, er ist tot«, sagte sie stockend. »Aber jetzt lebt er, jetzt ist alles anders …«
    »Was soll das heißen?«
    »Ich muß zu ihm nach München …«
    Der Assessor starrte sie an, als habe er sie nicht verstanden. Schwer atmend hob und senkte sich seine Brust. »Du willst zu ihm?« sagte er leise. »Du willst unsere Verlobung lösen?«
    »Ich muß es … Ich habe versprochen, auf ihn zu warten.« Sie hob beide Arme. »Versteh mich doch«, sagte sie bittend. »Du weißt, daß ich mich nur mit dir verlobte, weil ich glaubte, er käme nie wieder. Aber jetzt ist er da …«
    »In München!« schrie der Assessor. »Als Francesco Corani! Mit Sandra Belora, die seine Geliebte ist. Alle Welt weiß, daß sie seine Geliebte ist! Du bist aus seinem Gedächtnis entschwunden … Mit keinem Gedanken erinnert er sich an dich! Du warst gut genug, seine Ausbildung zu bezahlen … Er liebte dich, solange er dich brauchte, aber jetzt, wo er der große Corani ist, bist du Luft für ihn!«
    Sie sah zu Boden, mit hängenden Armen stand sie in der Tür. Aus der Nebenwohnung tönte durch die dünnen Wände eine Stimme; sie war weich, schwebend, von einer Süße, die

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