Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Mensch wie Du

Ein Mensch wie Du

Titel: Ein Mensch wie Du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
an das Herz griff und gleichzeitig erschauern ließ im Erlebnis des Einmaligen. Der Assessor hielt sich die Ohren zu. »Ist denn die ganze Welt voll Corani?!« schrie er. Er stürzte an die Wand und trommelte mit beiden Fäusten an die Mauer. »Leiser stellen!« schrie er dabei. »Stellen Sie leiser! Zum Teufel! Leiser!«
    In der Nebenwohnung wurde das Radio leiser gedreht. Lastende Stille war jetzt in dem kleinen Raum. Mit in das Gesicht hängenden Haaren stand der Assessor an der Wand.
    »Greta«, sagte er stockend. »Greta, ich liebe dich … Ich will dich nicht verlieren! Ich werde um dich kämpfen! Gegen diese Stimme!«
    Sie schüttelte den Kopf. »Warum machst du es uns allen so schwer?« sagte sie schwach. »Ich kann nicht mehr bei dir bleiben, seitdem ich weiß, daß er lebt. Ich gehöre zu ihm.«
    »Er wird dich gar nicht beachten! Er liebt Sandra Belora!«
    »Er ist in ihrem Bann, aber er liebt sie nicht. Ich weiß es …«
    »Bildest du dir ein, die einzig richtige Frau eines Corani zu sein?!« Er lachte grell. »Die schönsten Frauen liegen ihm zu Füßen! Er ist nicht mehr der weltferne Franz Krone, der Blumen züchtete und dabei sang, sondern er ist der gefeierte Corani geworden, dessen Stimme selbst Gigli ein Wunder nennt! Greta, sei doch vernünftig …«
    »Erst muß ich ihn sehen, ihn sprechen …« Sie fuhr sich mit der Hand zerfahren durch das Gesicht und die Haare. »Ich werde nach München fahren …«
    »Nicht allein! Ich begleite dich!«
    Sie schüttelte den Kopf. »Es ist besser, ich spreche allein mit ihm.«
    »Ich habe ein Recht, als dein Verlobter dabei zu sein!«
    Eine Weile sahen sie sich stumm an. Jeder wußte in diesem Augenblick, was der andere dachte. Es war eine jener geheimnisvollen Situationen, in denen die Seelen der Menschen bloßliegen und man ihr Inneres sieht wie auf einem Röntgenbild. Nichts war mehr zu verbergen, alles war klar, folgerichtig und auf einmal so einfach und selbstverständlich.
    »Greta«, sagte der Assessor leise. »Greta – tu es nicht.«
    Sie antwortete nicht, aber sie zog den schmalen, goldenen Ring von ihrer linken Hand und legte ihn auf die Tischdecke. Dort lag er im Schein der Stehlampe, schwach blinkend, ein Symbol der Hoffnung und der Liebe.
    Der Assessor senkte den Kopf. Er nahm den Ring nicht auf, er trat von der Wand weg ins Zimmer, nahm von der Garderobe seinen Mantel und seinen Hut und blieb an der Tür vor Greta stehen.
    »Du schickst mich weg?« Alle Bitterkeit lag in diesen Worten. Greta schloß die Augen, weinend lehnte sie sich an den Türrahmen. »Ich wollte dich zu meiner Frau machen … Du hättest ein ruhiges, schönes, sorgloses Leben gehabt … Du und unsere Kinder …« Er schluckte, seine Stimme schwankte, und er zwang sich, fest zu bleiben. »Es wäre ein schönes Leben geworden, eine kleine, geborgene Welt, in der wir glücklich sein könnten. Wir hätten ein Häuschen gebaut mit einem Garten herum, wir wären in den Ferien verreist, irgendwohin, eine glückliche Familie, die man beneidete. Das alles wirfst du weg eines Mannes wegen, der ein Lump ist, ein Vagabund, und es immer bleiben wird. Ein Künstler, der das Maßlose braucht, um seiner Kunst zu dienen. Ein Mensch, der trotz seiner gottbegnadeten Stimme nie glücklich sein wird und nie wahres Lebensglück geben kann, weil er gar nicht weiß, was Zufriedenheit und Geborgenheit bedeuten!«
    »Bitte – geh«, sagte sie leise.
    Der Assessor nickte schwer mit dem Kopf. »Ich gehe, Greta. Du weißt, daß ich dich liebe, wirklich liebe. Ich werde immer für dich da sein, wenn du mich rufst. Vielleicht wird alles so, wie wir es uns erträumt haben, wenn du einsehen lernst, daß dieser Franz Krone nur eine Utopie ist, wenn er dich wieder enttäuscht und du einsamer als damals im Leben stehst und verzweifeln könntest. Du kannst immer zu mir kommen, vergiß es nicht, Greta –«
    Er trat an ihr vorbei in den dunklen Flur; dort zog er seinen Mantel an und verließ dann die Wohnung. Sie hörte, wie unten die Haustür zuklappte; sein Schritt knirschte durch den Schnee, er verlor sich in der Nacht.
    Da fiel sie aufschluchzend auf die Couch und vergrub das Gesicht in die Kissen.
    Durch die Nacht – war es von oben oder unten, oder kam es über die Straße geflattert? – geisterte eine herrliche Stimme.
    ›Lodern zum Himmel …‹ Die Stretta des Manrico … Die Glanzarie des Troubadours, nach der der Opernraum vom Beifall fast gesprengt wurde.
    Francesco Corani sang. Seine Stimme riß

Weitere Kostenlose Bücher