Ein Menü zum Verlieben: Roman (German Edition)
mich dein Vater dann letztes Jahr fragte, ob ich mit ihm ausgehen wollte, war ich überglücklich. Er ist ein so liebevoller, fürsorglicher und liebenswerter Mann. Vielleicht ist es dir ein Trost, wenn ich dir sage, meine Liebe, dass ich genau weiß, was du gerade durchmachst. Das Gefühl, verraten worden zu sein, lässt einen alles infrage stellen, woran man je geglaubt hat, stimmt’s? Schlimmer geht’s nicht.«
Ich spürte, wie mir Tränen in die Augen stiegen, und stand auf, um mir Kaffee nachzuschenken, damit ich nicht zu weinen anfing.
»Ja«, erwiderte ich, lehnte mich gegen die Küchentheke und umklammerte meine Tasse. »Ich habe mich die letzten drei Jahre dafür verantwortlich gemacht, dass Ethan mich verließ, und war unfähig, mich endgültig an Joe zu binden, weil ich mich immer fragte, ob Ethan wirklich die Liebe meines Lebens war. Und was Daisy betrifft, ihr Verhalten kann ich einfach nicht begreifen. Ich würde ihr so etwas nie antun, nie und nimmer.«
Elaine öffnete die Hintertür zum Garten und stand halb drinnen, halb draußen, um sich ihre Zigarette anzuzünden. Dann nahm sie einen tiefen Zug.
»Nach dem zu urteilen, was dein Vater mir erzählt hat«, meinte sie, »gehen einige ihrer Probleme auf die Zeit zurück, als eure Mutter starb. Das solltest du im Hinterkopf behalten, wenn du versuchst, sie zu verstehen, wenngleich es schwierig ist, etwas anderes als Wut zu empfinden. Was Ethan angeht, meinst du wirklich, er könnte die Liebe deines Lebens sein? Wenn ja, könntest du ihm seine Untreue verzeihen?
Weißt du, ich kenne so viele Menschen durch meine Arbeit, die es tatsächlich geschafft haben, eine Affäre zu meistern und danach glücklicher waren als zuvor, weil sie sich mehr mit sich auseinandersetzen mussten. Tut mir leid, ich scheine hier einen Monolog zu halten. Du hast nur hier gesessen und wolltest in Ruhe in deiner Küche einen Kaffee trinken, und dann kommt irgend so eine Amerikanerin und beginnt, auf dich einzureden. Entschuldigung. Kein Wunder, dass dein Dad aus mir ein Geheimnis gemacht hat.«
Sie grinste mich breit an, und dabei wurde mir bewusst, wie nett sie war. Ich schüttelte den Kopf und lächelte. »Ist schon in Ordnung«, erwiderte ich. »Es ist schön, darüber reden zu können. Ich bin nur so entsetzt, das ist alles. Ich kann einfach nicht glauben, was passiert ist. Was Daisy betrifft, da wusste ich, dass ich sie hier und da schon mal wütend machen konnte, aber der ganze Groll, den sie mir gegenüber empfindet, von dem hatte ich keine Ahnung. Das Dumme ist, ich weiß einfach nicht, was ich ihr sagen soll.
Und ich hätte in einer Million Jahren nicht vermutet, dass Ethan so etwas tun würde. Das wirft natürlich die Frage auf, ob ich ihn wirklich kenne. Er war immer bis drei, vier Uhr morgens aus und becherte einen, aber jetzt bin ich mir nicht mehr sicher, ob er nicht doch mit anderen Frauen geschlafen hat. Dann ist da natürlich noch Joe. Er hat keine Ahnung, warum ich ihn um eine Auszeit gebeten habe, und mir wird schlecht bei dem Gedanken, wie ich ihn behandelt habe. Ich habe mich ihm gegenüber wie eine fürchterliche Zicke verhalten.«
Ich legte den Kopf in die Hände und seufzte.
»Ehrlich gesagt«, sagte Elaine und hob kurz die Augenbrauen, »niemand ist perfekt. Mach dir keine zu großen Vorwürfe! Und du bist überhaupt keine Zicke. Klär das mit deiner Schwester, deinem Vater zuliebe, und dann entscheide dich, was und wen du in deinem Leben haben willst!«
Ich schaute nach oben und sah sie mit weit aufgerissenen Augen an.
»Einfacher gesagt als getan«, erwiderte ich.
»Stimmt«, pflichtete sie mir trocken bei, »das kann ein paar Jahre dauern. Ich bin gerade dabei, es herauszufinden, und wie alt bin ich noch mal? Neunundfünfzig. Steinalt.«
Nach diesem Sonntag mit Dad und Elaine, die mir wie einer welken Blume zu essen und zu trinken gaben, da Dad mich davon überzeugen wollte, das ganze traurige Chaos einfach hinter mir zu lassen, machte ich mich am nächsten Morgen auf den Weg zu Daisys Büro nach Battersea. Mein Haar war noch feucht vom Duschen. Ich musste Daisy zur Rede stellen und wollte sie noch vor der Arbeit erwischen.
Ich hatte ihr eine SMS geschickt und sie gefragt, ob wir schnell einen Kaffee trinken gehen könnten, ihr jedoch keinen Grund für unser Treffen genannt. Da es ein Werktag war, würde Benji in der Kinderkrippe sein, womit sie ihn nicht als Schutzschild vorschieben könnte. Es gäbe nur uns zwei – Auge in Auge –,
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