Ein Menü zum Verlieben: Roman (German Edition)
Zahlen tanzten wild vor meinem geistigen Auge, sodass mir der Kopf schwirrte. Ich bemühte mich, mich zu konzentrieren, doch es nutzte nichts. Daisy und Ethan drängten sich immer wieder in mein Bewusstsein. Ich sah aus dem Fenster hinaus, die beiden waren allgegenwärtig. Jedes Kind, das ich erblickte, sah aus wie Benji, halb Ethan, halb Daisy. Es machte mich verrückt.
Was sollte ich tun? Sollte ich es ihm sagen? Wusste er es schon? Diese Frage schien im Raum zu hängen und eine feste Form anzunehmen. Ich suchte in der Tasche nach meinem Handy und schrieb mit zitternden Händen eine SMS an Isabel.
Bitte, komm ins Café! Etwas Schlimmes ist passiert.
Bald schon würde ich Isabel nicht mehr anrufen können, da sie Tausende von Meilen entfernt sein würde. Ein kalter Schauer durchfuhr mich. Mit dem Handy auf den Knien starrte ich aus dem Fenster hinaus auf eine an mir vorbeiziehende Welt, ohne sie wahrzunehmen. Wenn Ethan herausfinden würde, dass er Benjis Vater war, würde er an seinem Leben teilhaben wollen. So wie an Daisys Leben. Ich biss mir in meine Wange und hasste diese Vorstellung, doch gleichzeitig hasste ich auch mich selbst, so egoistisch zu sein. Hier ging es nicht mehr um mich und meine nostalgische Sehnsucht nach wahrer Liebe, sondern um einen kleinen Jungen, der seinen Vater nicht kannte. Und um eine Familie, die nicht komplett war. Wie konnte Daisy nur so lügen!
»Dumme Kuh!«, zischte ich und hasste sie plötzlich.
Ich schlug mir mit der Hand gegen die Stirn. Daisy hatte ein Kind von Ethan, und ich war eifersüchtig. Wahnsinnig eifersüchtig! Wie konnte Daisy es nur wagen, so mit dem Leben anderer zu spielen? Mit meinem und dem von Ethan und Benji. Oder war ich doch schuld? Hatte ich Daisy nicht richtig zugehört? Nicht auf alle Details geachtet? Hatte ich irgendwas bei diesem Winterpicknick damals im Greenwich Park nicht mitbekommen?
Ich dachte, du würdest sehen, dass ich ihn liebe, hatte Daisy gesagt. Du siehst nur das, was du willst.
Als der Taxifahrer mich absetzte, wünschte er mir viel Glück, ich lächelte ihn geistesabwesend an und wusste noch nicht einmal, ob ich das Wechselgeld angenommen hatte. Ich schloss die Tür zum Café auf. Die weiß gestrichenen Fensterrahmen glänzten im Sonnenlicht. Ich atmete den vertrauten, feuchten Geruch ein. Wenn der Laden bis zu dem geplanten Eröffnungstermin so aussehen sollte, wie ich ihn haben wollte, müsste ich mich noch richtig ins Zeug legen, aber mittlerweile war mir das alles egal.
Ein Teil von mir wollte nur weg, ans andere Ende der Welt. Vielleicht würde ich mit Isabel nach Dubai gehen. Einfach verschwinden. So wie Ethan vor drei Jahren. Mich auf und davon machen. Und ihn und Daisy sich selbst überlassen. Doch als ich mir bildlich vorstellte, wie ich mit gepackten Koffern am Flughafen in Heathrow stand, fest entschlossen, in einer neuen Welt ein neues Leben zu beginnen, wusste ich, dass ich es nie tun würde. Egal, wo ich auf der Welt wäre, mein Herz und mein Verstand würden hier sein, gefangen in diesem Moment.
Ich nahm einen Stuhl von einem der Tische herunter, stellte ihn auf den Boden, setzte mich hin, legte meinen Kopf in die Hände und schloss die Augen.
»Eve«, rief Isabel ein paar Augenblicke später, als sie durch die Tür gestürmt kam und hinter sich zuwarf. »Ich habe deine SMS bekommen. Was ist los?«
Sie sah umwerfend aus in ihrem weißen Kleid mit dem roten Gürtel um die Taille. Sie kam auf mich zu, kniete sich neben mich und nahm mich in den Arm. Ich erzählte ihr alles, was passiert war, in einem Meer von Tränen.
»Das ist nicht zu fassen!«, sagte sie. »Wie konnte sie dir das nur antun? Wie konnte sie mit Ethan nur schlafen? Und was ihn betrifft, na ja, ich denke …«
»Es wird noch schlimmer«, unterbrach ich sie und wand mich aus ihren Armen. »Viel schlimmer!«
Isabel hörte mit offenem Mund zu, als ich ihr erzählte, dass Ethan Benjis Vater war.
»Ich habe alles durchgerechnet«, sagte ich apathisch.
»Daisy schlief aber immer noch mit Iain, bevor er sie verließ, oder?«, fragte Isabel und runzelte die Stirn. »Somit muss Ethan nicht unbedingt der Vater sein.«
»Aber Iain hätte nie so reagiert, wie Daisy uns glauben ließ«, erwiderte ich. »Sie hat mir gegenüber so getan, als hätte er weder mit ihr etwas zu tun haben, noch für das Kind Unterhalt zahlen, geschweige denn seinen Sohn sehen wollen. Sie sagte, er hielte das Ganze für einen schweren Fehler und hätte ihr zu einer Abtreibung
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