Ein Menü zum Verlieben: Roman (German Edition)
begann zu weinen. Ich griff nach ihrer Hand und hielt sie fest.
»Ich habe nicht so getan, als wäre sie nicht gestorben«, erwiderte ich ebenfalls unter Tränen. »Ich wollte, dass wir zusammen waren, du, ich und Dad. Und deshalb kochte ich, weil es für mich der einzige Weg schien, uns an einen Tisch zu bekommen. Ich war einsam und habe mich lediglich bemüht. Du wurdest überhaupt nicht ausgestoßen. Ich war diejenige, die sich so vorkam. Ich habe immer gedacht, du wärst nicht an mir interessiert, und ich wäre für dich nichts als deine kleine, nervige Schwester. Daisy, ich hab dich lieb, bitte lass uns nicht … das hier ist furchtbar … geh nicht!«
Daisy schwankte leicht auf ihrem Fahrrad, begann den Hügel hinaufzufahren und ließ mich einfach stehen. Meine Gefühle fuhren Achterbahn, mir war halb zum Weinen, halb zum Schreien zumute. Ich rief hinter ihr her, doch sie drehte sich nicht mehr um.
»Daisy!«, schrie ich noch einmal, doch sie war inzwischen nur noch ein Punkt in der Ferne, der schnell davonradelte. Ich bemerkte eine Frau, die mich mitfühlend ansah, als ich mir die Tränen aus den Augen wischte. Ich stolperte durch den Park an Menschen vorbei, die sich amüsierten, und ging zurück zum Café.
Dort öffnete ich die knarrende Tür und ließ sie hinter mir zufallen. Das Radio dröhnte laut. Ich rief mit matter Stimme nach Isabel. Sie erschien in der Küchentür, einen Tapetenkratzer in der Hand.
»Oh Gott! Was ist passiert?«, fragte sie, zog sich die Staubmaske vom Gesicht und schaute mich besorgt an.
»Frag nicht!«, antwortete ich. »Daisy ist gerade wegen mir in die Luft gegangen. Ich stehe noch völlig unter Schock.«
Sie zog einen Stuhl herbei und gab mir mit einer Handbewegung zu verstehen, mich hinzusetzen.
»Du setzt dich jetzt hierhin und redest«, sagte sie. »Ich werde arbeiten und dir zuhören.«
1 3. Kapitel
A ls ich an diesem Abend nach Hause kam, tat mir mein ganzer Körper weh vom Tapetenabreißen und Putzausbessern. Und das waren erst die Vorarbeiten, um später die Wände streichen zu können. Der Staub des heruntergerieselten Putzes hing mir in den Augen und im Haar, und unter den Fingernägeln steckten Tapetenreste, sodass ich mich nach einem langen Bad sehnte. Isabel hatte angeboten, länger zu bleiben, aber ich war zu erschöpft gewesen und hatte versprochen, früh am nächsten Morgen zu kommen. Ich setzte mich mit einem großen Glas Rotwein an den Küchentisch und legte das Gesicht in meine Hände.
Vor mir stand eine Vase mit dunkelroten Rosen, deren süßer Duft den Raum durchdrang und nach türkischem Honig mit Puderzucker roch. Neben ihnen lag ein Zettel von Joe, auf den er geschrieben hatte, dass er bald wieder zurück wäre und eine Überraschung für mich hätte. Mir fiel wieder ein, wie er morgens zu mir gesagt hatte, er wollte mit mir reden. Ich rieb mir besorgt das Kinn. Vor einer Stunde, kurz nachdem ich das Café verlassen und Isabel von Daisys Gefühlsausbruch erzählt hatte, hatte mich Ethan angerufen. Als ich seine Nummer sah, hob ich nicht ab, doch er hinterließ mir eine Nachricht und bat mich, ihn noch vor Andrews Dinnerparty zu treffen. Allein der Gedanke an ihn ließ mich schon rot werden.
»Was soll ich nur machen?«, fragte ich mich und kam mir im nächsten Moment albern vor. Meine Stimme hallte in dem stillen Raum wider.
Ich schaute mich in der Küche um. Mein Blick glitt über die Fotos von mir und Joe im Urlaub in Barcelona, die an der Pinnwand hingen, die Eintrittskarten von Glastonbury, die wir letztes Jahr für teures Geld gekauft hatten, und die Take-away-Speisekarte von Tandoori Nights, auf der Joe seine Lieblingsgerichte rot und meine blau eingekreist hatte. Ich blickte aus dem Fenster hinaus, auf dem der Regen Schlieren hinterließ. Der Himmel sah inzwischen grau und bedrohlich aus. Irgendwo da draußen war Ethan, streifte durch Londons Straßen. Genau wie Joe, der bald nach Hause kommen und mir, da war ich mir ziemlich sicher, einen Antrag machen würde.
Aber was sollte ich ihm darauf antworten? Auf diese Frage gab es nicht wirklich eine »Bin mir nicht sicher«-Variante. Mir fielen Daisys Worte ein, ich sollte ihn mit Kusshand nehmen, wenn er mich fragte. Ich liebte Joe von ganzem Herzen, er war fast ein Teil von mir. Doch hätte ich immer noch Gefühle für Ethan, wenn ich Joe wirklich liebte? Warum schwirrte Ethan mir immer noch im Kopf herum? War es nicht schon schlimm genug, von ihm verlassen worden zu sein? Ich ärgerte
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