Ein Menü zum Verlieben: Roman (German Edition)
wie ich damit umgehen soll.«
»Sei nicht bescheuert!«, sagte sie verärgert. »Das hört sich völlig lächerlich an. Was denkst du dir nur dabei?«
Ich spürte, wie meine Wangen rot wurden, aber ich versuchte, ruhig zu bleiben.
»Ich bin nicht bescheuert«, entgegnete ich. »Ich versuche herauszufinden, was ich fühle. Du weißt, wie sehr ich ihn geliebt habe. Selbstverständlich liebe ich auch Joe, aber jetzt, wo Ethan wieder da ist, ist es schwer für mich, mit Bestimmtheit sagen zu können, was ich will, besonders wenn das Thema Heiraten ins Spiel kommt.«
Daisy schüttelte den Kopf und stieß ein bitteres Lachen aus.
»Du bist lächerlich«, wiederholte sie. »Ich fass es nicht, dass du Ethan überhaupt noch einmal in Betracht ziehen kannst. Er hat dich verlassen. Du bist jetzt mit Joe zusammen. Warum fängst du nicht langsam mal an, dich wie eine Erwachsene zu verhalten, anstatt wie eine liebestolle Teenagerin? Mein Gott, Eve, du und Joe, ihr seid quasi zusammen geboren worden, und wenn er dir einen Antrag macht, dann solltest du dir die Chance nicht entgehen lassen. Schau dir mal mein Glück mit Männern an!«
»Geht es darum?«, fragte ich. »Dass du sauer bist, weil Iain ein solcher Mistkerl war?«
Ich hatte plötzlich ein schlechtes Gewissen und fragte mich flüchtig, ob die Familie nebenan auf der Picknickdecke hören konnte, wie wir uns ankeiften.
»Lass uns einfach das Thema wechseln!«, schlug ich vor. »Diese Unterhaltung wird mir zu eigenartig.«
»Ich wünschte mir, du würdest endlich erwachsen werden«, erklärte sie. »Du musst Ethan sagen, dass er dahin verschwinden soll, wo der Pfeffer wächst. Er ist nicht der Richtige für dich. Das wusste ich schon immer.«
So war Daisy: Sie behauptete, Ethan wirklich gut zu kennen, nur weil sie mit ihm befreundet gewesen war, bevor ich ihn kennengelernt hatte. Ich stand auf und klopfte mir die Krümel von den Kleidern.
»Nun, du hättest mir einen großen Gefallen getan, wenn du mir das gesagt hättest, bevor ich ihn kennenlernte, statt ihn mir vorzustellen«, sagte ich, und meine Stimme überschlug sich dabei. »Außerdem, weißt du was, Daisy, du behandelst mich wie ein Kind. Du bist nicht meine Mutter.«
Inzwischen waren wir beide den Tränen nahe. In dem Moment, als mir die Worte über die Lippen gekommen waren, bedauerte ich sie auch schon.
»Das weiß ich«, entgegnete sie mit brüchiger Stimme. »Solltest du es vergessen haben – wir haben beide keine Mutter mehr. Ich habe keine Mutter mehr.«
»Denkst du vielleicht, ich weiß das nicht?«, schrie ich verzweifelt und griff nach ihrem Handgelenk. »Mein Gott, ihr Tod hat mein ganzes Leben verändert! Wo ist deine Mum, Eve? Warum hast du keine Mum, Eve? An was starb deine Mum, Eve?«
Inzwischen zitterte ich. Ich hatte diese Dinge noch nie vorher ausgesprochen. Meine Stimme wurde dünn und schrill, und ich wünschte mir, ich könnte einfach den Mund halten.
»Außerdem … außerdem … war da immer diese Sache mit dir, die ich nicht erklären kann, dieses Auf und Ab «, fuhr ich fort. »Deine Stimmungen konnten so schwanken – von himmelhoch jauchzend bis zu Tode betrübt –, dass ich nie wusste, wo ich mit dir dran war. Warum bist du manchmal so wütend auf mich? Warum warst du so wütend auf mich, als Mum starb? War dir nicht klar, dass auch ich trauerte? Du bist von uns beiden die Ältere, du hättest etwas mehr auf mich achtgeben sollen!«
Daisy wurde blass. Sie war mittlerweile aufgestanden, setzte sich den Helm auf, die Lippen zusammengepresst, und zog sich von mir zurück. Während ich zitternd dastand, beugte sie sich nach vorne, hob die Tupperwaredosen auf und steckte sie in den Rucksack, bevor sie mechanisch die Picknickdecke zusammenrollte und sich auf ihr Fahrrad setzte. Meine Augen füllten sich mit Tränen.
»Ich bin wütend auf mich, nicht auf dich«, erklärte sie mit bebender Stimme. »Das ist alles. Ich bin wütend auf mich. Mein Leben ist ein einziges Chaos, nicht deins. Und mein Verhalten bei Mums Tod tut mir leid. Aber die Art und Weise, wie du versucht hast, sie zu kopieren, so zu kochen wie sie, Blumen auf den Tisch zu stellen – das alles hasste ich. Ich wollte nicht so tun, als wäre sie nicht gestorben, und einfach da weitermachen, wo sie aufgehört hatte. Abgesehen davon, fand Dad doch alles toll, was du getan hast, wohingegen ich … ich … ihm nichts recht machen konnte. Nur weil ich nicht wusste, wie ich sein sollte, ignorierte mich jeder.«
Daisy
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