Ein Menü zum Verlieben: Roman (German Edition)
Schürze trug, was noch nicht einmal ein Achselzucken bei den Passanten verursacht hatte. Ich nahm Joes wunderschönes Bild aus meiner Hosentasche, betrachtete es, faltete es wieder zusammen und hielt es fest in meiner Hand, während ich durch die belebten Straßen lief. Die Köpfe der Leute steckten meist unter Regenschirmen, anderen hingegen schien der Regen egal zu sein. Ich ging weiter zur Bushaltestelle und wartete. Busse fuhren durch die Pfützen auf den Straßen, sodass das Wasser hochspritzte. Ich nahm den Bus nach Brixton.
Ich wollte unbedingt mit Isabel sprechen und sie fragen, ob sie von Joes Geld für das Café gewusst hatte. Warum hatte sie mir nichts von seinen Plänen verraten? Warum hatte sie mich in dem Glauben gelassen, er würde mir einen Antrag machen, dachte ich wütend. Doch sie traf keine Schuld. In keiner Weise. Ich seufzte. Ich stieg in einen Bus nach Brixton ein und stellte mir vor, ich hätte Joe nicht gesagt, dass ich Zeit zum Nachdenken bräuchte, und wir säßen nun warm und trocken in unserer Wohnung und würden diese Flasche Wein trinken, den Kuchen anschneiden und Pläne für das Café schmieden, jetzt, da ich mir keine Gedanken mehr um das Geld machen musste. Ich dachte an meine Ideen – Besteck, das aus purer Absicht nicht zusammenpasst, Kuchenständer, beladen mit selbst gebackenen Köstlichkeiten, altmodische Stehlampen, Spitzendeckchen, Holztische, dahinter altmodische Plakate, eine große Tafel zum Zeichnen und ein Bücher regal für Kinder.
Joe hatte keine Mühen und Kosten gescheut, um mir bei der Verwirklichung meines Traums zu helfen. So etwas Großzügiges hatte noch nie jemand für mich getan, und das bezog sich nicht nur auf das Geld, sondern auf alles – der Gedanke an sich und das eigene Opfer. Er hatte seinen geliebten Spider verkauft! Mir wurde übel. Ich hatte jemanden wie Joe nicht verdient, dachte ich niedergeschlagen. Er war viel zu gut für mich. Ich hatte ihm mit meiner Abweisung einen Gefallen getan.
Ich suchte mein Handy in der Tasche und wählte Isabels Nummer, doch ihr Telefon war ausgeschaltet. Einen Moment lang dachte ich daran, Daisy anzurufen, doch nach unserem Streit im Park verwarf ich diesen Gedanken schnell.
Sie würde nie begreifen, warum ich mich nicht entschließen konnte, eine feste Bindung mit Joe einzugehen. Oder wie ich überhaupt einen Gedanken an Ethan verschwenden konnte, nach dem, was er mir angetan hatte. Sie fand, wenn einem durch jemanden Unrecht widerfahren war, verdiente dieser keine zweite Chance. So wie Iain. Seit er sie verlassen hatte, weigerte sie sich, irgendetwas mit ihm zu tun zu haben, und sprach auch nur selten über ihn. Daisy war erschöpft und wegen Mum durcheinander. Sie war bestimmt nicht die richtige Person, die mich hätte trösten können.
Mum. Es erschien schon fast lächerlich, diese alte Sehnsucht nach ihr zu verspüren, doch als wir Brixton erreichten und ich hoch in die dunklen Regenwolken schaute, die am Horizont vorbeizogen und den Hintergrund zu der schwarzen Eisenbahnlinie bildeten, die durch die geschäftige Straße verlief, stieg genau diese Sehnsucht in mir hoch, als würde eine Blume im Schnelldurchlauf erblühen. Normalerweise ließ ich solche Gedanken nicht zu. Zu gefährlich. Doch ich war an einem absoluten Tiefpunkt angelangt. Jetzt kam alles hoch. Ich schniefte, und es war mir völlig klar, dass ich gerade in Selbstmitleid versank, doch ich konnte nicht anders: Was würde sie jetzt zu mir sagen? Welchen Rat würde sie mir geben? Sie fehlte mir so sehr. Ich wünschte, ich könnte mit ihr sprechen. Ich stieg aus dem Bus. Menschen schoben sich an mir vorbei, deshalb zwang ich mich, nicht zu weinen.
»Eintrittskarten für die Königliche Musikakademie?«, fragte mich ein Schwarzmarkthändler, dessen Gesicht plötzlich vor meiner Nase auftauchte und mich in meinen Gedanken aufschreckte. Ich schüttelte verärgert den Kopf, schaute runter auf den Bürgersteig und ging weiter. Ich bog ab zur U-Bahn von Brixton, wo die Rolltreppen Hunderte von Menschen ausspuckte und klassische Musik aus den Lautsprechern dröhnte, die zu dem geschäftigen Treiben gar nicht passte. Ich presste das Telefon ans Ohr und rief gerade Dad an, als ich zusammenzuckte, weil mein Blick auf einen alten Mann in einem schmutzigen gelben Mantel fiel, der auf dem Boden saß, sich die Schuhe aufband, seine durchnässten Socken auszog, unter denen verdreckte, vernachlässigte Füße steckten.
Wie immer, wenn ich eine dieser
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