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Ein Mistkerl zum Verlieben

Ein Mistkerl zum Verlieben

Titel: Ein Mistkerl zum Verlieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Felbermayr
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und so sehr Vicky ihn in den letzten paar Stunden geschätzt hatte, umso mehr widerte er sie jetzt an. Sie kochte innerlich. Dr. Stevens hatte ihr absolut keine Möglichkeit gegeben, auf seine Anordnung zu reagieren. Das Letzte, was sie wollte, war, mehrere Wochen mit diesem Psychopathen in einem Haus zu leben, auch wenn er sich in den letzten  Stunden halbwegs betragen hatte. Sie hatte schon genug von ihm, obwohl sie nur Tür an Tür mit ihm wohnte. Und dann unter einem gemeinsamen Dach? Doch sie beruhigte sich schnell wieder. Es würde bestimmt eine Möglichkeit geben, nicht Tisch und Bett mit Dr. Turner zu teilen. Zur Not ging sie eben selbst in ein Hotel und traf ihn nur dann, wenn es wirklich nötig war. Außerdem lebte ihre Familie in Brentwood. Es würde bestimmt kein Problem sein, die Zeit, die sie in Los Angeles verbrachte, in ihrem Elternhaus zu wohnen, noch dazu, wo sie ohnehin vorgehabt hatte, in den nächsten Wochen nach Kalifornien zu fliegen, weil ihre Mutter heiratete. Eigentlich gar keine so üble Sache, dachte sie nach einigen Momenten. Sie konnte mehr Zeit mit ihrer Familie verbringen und würde wegen ihres Jobs keinen Stress bekommen, weil ihr Fall ohnehin nach L.A. transferiert worden war. Sie hatte sich schon Gedanken gemacht, ob sie es überhaupt zur Hochzeit ihrer Mutter schaffen würde, nachdem sie erfahren hatte, dass der Termin für die Hauptverhandlung irgendwann in den ersten beiden Juliwochen stattfinden sollte. Die Hochzeit ihrer Mutter war für den zehnten Juli geplant. Wäre die Verhandlung im Kagan-Fall beispielsweise am zwölften Juli in New York gewesen, wäre es für Vicky höchst brenzlig geworden, beide Termine unter einen Hut zu bringen. Angesichts dieser Tatsache entspannte sie sich ein wenig und konzentrierte sich auf Dr. Turner, der gerade dabei war, ihr anhand eines Lehrfilms die Handgriffe eines Facelifts näher zu bringen.
     
    „Also eigentlich“, begann er zu erklären und loggte sich dabei auf einer medizinischen Website ein, die mit dem Projektor in Stevens Büro verbunden war, „ist das Facelift die Blinddarmoperation der plastischen Chirurgie! Fragen sie irgendeinen Schönheitschirurgen, welche OP er am meisten an seinen Patienten vornimmt, es ist das Facelift!“ Auf der weißen Projektionswand erschien ein OP-Tisch mit einer einigermaßen betagten Dame, die in grüne Laken gewickelt war. Um sie herum standen etwa fünf Ärzte und Schwestern.
    „ Ich dachte, es wäre die Liposuktion“, antwortete Vicky und blickte auf die Leinwand.
    „ Rein theoretisch haben sie recht – allerdings fällt die Liposuktion praktisch nicht unter den Fachbegriff „Operation“. Dabei wird – oftmals sogar nur unter örtlicher Betäubung – einfach nur Fett mit einer Kanüle abgesaugt. Es wird weder etwas weggeschnitten noch etwas hinzugefügt!“
    Die Kamera zoomte an den Kopf der Dame heran, wo ein Arzt gerade dabei war, die Gesichtshaut anzuheben und das darunter befindliche Fett abzuschaben.
    Angewidert drehte Vicky den Kopf zur Seite, hielt die Luft an und schloss die Augen. Sie war einiges gewöhnt und konnte blutrünstige Horrorfilme sehen, ohne umschalten zu müssen, doch diese Prozedur kam ihr doch ziemlich heftig vor.
    „Mein Gott, wie können sie nachts nur ruhig schlafen, ohne Alpträume zu haben“, fragte sie.
    Mark schmunzelte. „Das ist für mich in etwa dasselbe, wie wenn sie vor Gericht für einen ihrer Mandanten auf unschuldig plädieren!“
    Er drückte den Stop-Knopf und der angehobene Stirnhautlappen der Frau blieb regungslos auf dem Bildschirm stehen.
    „ Aber ich verstehe sie nur zu gut. Im dritten Semester meines Medizinstudiums mussten wir unsere ersten Schnitte an Leichen vollziehen. Als der Pathologe seinerzeit den Leichensack öffnete, bin ich aus dem Zimmer gelaufen, habe meinen Kittel abgerissen und in den Mülleimer neben der Eingangstür gekotzt. Damals dachte ich, das war’s für mich mit dem Medizinstudium, bis einer meiner Professoren mir erklärt hat, dass die Patienten in dem Moment, wo sie auf dem OP-Tisch liegen, keine Menschen für den Arzt sein sollten, sondern „Arbeitsfläche“. Er hat sie damals mit einem Stück Ton verglichen, aus dem ein Künstler etwa eine Skulptur fertigt. Oder ein Stück Leinwand, auf das ein Maler ein Bild malt. Und dass selbst eine Blinddarmentzündung das Todesurteil für jemanden wäre, würde allen Ärzten übel werden, sobald ein Schnitt gemacht wird!“
    „ Weise Einstellung“, sagte Vicky und

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