Ein Mörder kehrt heim
sagen? Ich habe weder Ihre Freundin gesehen noch diese ominöse Frau.« Zögern. »Ich drehe mich nicht um, wenn ich spazieren gehe. Ich achte nicht darauf, ob ich verfolgt werde. Nie mand interessiert sich mehr für mich. Früher, kurz nach der Einheit, da tauchten hier ab und zu Leute auf: Polizisten, Journalisten und einiges Pack, das auf Sensation aus war. Da hab ich mich umgedreht, und da wurde ich auch manchmal beschattet. Aber das ist doch Ewigkeiten her. Mein Arzt hat mir gesagt, ich soll mich bewegen. Also mach ich jeden Tag einen Spaziergang.«
Matti kämpfte gegen den Drang, dem Kerl die Makarow an den Kopf zu halten. Er schrak zusammen, als die Wohnungsklingel schnarrte. Es erschien ihm brutal laut.
»Sie entschuldigen mich bitte.« Fendt erhob sich und ging zur Tür.
Vielleicht hätten wir ihn zurückhalten sollen, dachte Matti. Er fühlte sich ohnmächtig. Die Dinge geschahen, und er konnte nur zugucken. Nichts zu greifen.
Fendt kam zurück in Begleitung eines Mannes. MittelgroÃ, kräftig, zwischen fünfundvierzig und fünfzig, schwarze Haare und einen Backenbart.
»Wenn ich Sie jetzt bitten dürfte zu gehen«, sagte Fendt. »Ich muss mich leider meinem Gast widmen. Das werden Sie doch verstehen?«
Der Besucher lehnte sich an den Türrahmen. Eine Hand in der Tasche seiner Jeans, der Daumen der anderen steckte im Gürtel.
Dornröschen stand auf und ging zur Wohnungstür. Der Typ in der Tür machte gerade so viel Platz, dass sie durchpasste. Als Twiggy kam, räumte er den Eingang, und auch Matti lieà er durch. Schweigend verlieÃen sie das Haus. Auf der StraÃe drehte sich Matti um und sah, wie der Vorhang zurückfiel. Er bildete sich ein, für den Bruchteil einer Sekunde Fendts Gesicht gesehen zu haben.
Sie setzten sich in den Passat. Twiggy schickte eine SMS an die Ãberwachungsanlage in Fendts Wohnung. Matti fuhr ein paar StraÃen weiter und parkte.
Fendt redete gerade: »⦠keine Wanzen. So was können die nicht. Und ich hab gescannt.«
»Na gut. Trotzdem müssen wir vorsichtig sein.«
»Was machen wir mit der Frau?«
»Weià ich noch nicht. Weià sie was?«
»Nein. Unmöglich.«
»Immerhin. Wir spielen erst mal toter Mann. Sag das auch den anderen. Keine Besuche mehr. Keine Telefonate. Nur im Notfall. Ich melde mich dann. Wegen der Frau sag ich noch Bescheid. Klar?«
»Klar.«
»Also, machâs gut. Schüttelstrecke, und zwar gründlich.«
Es klickte.
Twiggy legte das Handy in die Ablage vorm Schaltknüppel.
»Wir fahren dem nicht nach«, sagte Dornröschen.
»Warum nicht?«, fragte Twiggy.
»Weil die das merken. Ich traue denen zu, dass sie mit zwei Wagen fahren. AuÃerdem wird der jetzt nicht zu Gaby fahren. Das sind Profis.«
Sie fuhren zum Oberhafen, wo Rainers Werkstatt lag. Das war eine Wellblechhalle, die aus unersichtlichen Gründen noch nicht zusammengebrochen war. Auf dem Hof standen Wracks und Schrottkarren, zum Teil ausgeschlachtet, ein Paradies für den Rostgott. Neben der Halleneinfahrt stand der Bulli. In der Halle war Rainers obere Hälfte versunken unter der Motorhaube eines uralten 7er- BMW . Vermutlich tunte Rainer die Karre von dreihundert auf fünfhundert PS . Und baute Flügel an. Der Gettoblaster lieà den Blechverhau wackeln mit einer Live-Version von Iâm A Man der Spencer Davis Group. Mit Winwood.
In der Ecke stand der ölverschmierte Schreibtisch, dahinter Stahlregale. An der Wand ein Plakat von Kotti & Co. , der Mieterinitiative vom Kottbusser Platz, wo sich Hartz- IV -Empfänger und auch Normalverdiener Sozialwohnungen nicht mehr leisten konnten und verdrängt wurden. Das verstand der Berliner Senat unter sozialer Wohnungspolitik, die hier vor allem türkischstämmige Kreuzberger traf.
Matti tippte Rainer auf die Schulter. Der erschrak gar nicht, sondern drehte sich gemächlich um und blinzelte sie freundlich an.
»Ich hab schnell die Kupplung vom Bulli gerichtet«, sagte er. »Das bekommt ihr nicht, wenn ein Riesenbaby mit seinen Saurierpfoten darauf herumtrampelt. So eine Kupplung ist wie ein Musikinstrument. Sie richtig zu bedienen ist eine Frage von Talent und Ãbung.«
Twiggy packte ihn am Kragen und schob ihn zum Schreibtisch.
»Ich weiche nur der Gewalt«, sagte Rainer. Er hatte vor Christi Geburt Theologie studiert, was ihn aber nicht daran hinderte,
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