Ein Mörder kehrt heim
saÃ.
»Sie sind wahnsinnig«, sagte er endlich. »Ich ⦠wir haben niemanden ermordet.«
»Sie waren in der Hauptabteilung XXII , stimmtâs?«, fragte Dornröschen.
Er nickte vorsichtig und schielte nach allen Seiten.
»Sie haben mit Terroristen zusammengearbeitet. Sie haben denen geholfen. Auch beim Morden.«
»Wir haben â¦Â«
»Sie haben die doch ausgebildet. Kennen Sie nicht diesen schönen Film? Panzerfaust auf ein Auto, darin ein Hund. Damit man sieht, wieâs wirkt? Glauben Sie, die RAF hat Hunde erschossen?«
»Sie können mir gar nichts. Ich habe meine Aussage gemacht, und damit hat es sich. AuÃerdem ist alles verjährt. Vergessen Sieâs.«
»Mord verjährt nie. Und Sie haben geholfen. Mittäterschaft. Stellen Sie sich vor, die Bundesanwaltschaft kommt auf die Idee, dass Sie und Ihr netter Genosse Fendt Mitglieder der RAF gewesen sind â¦Â«
»Das ist doch Unsinn!« Er versuchte aufzustehen, doch Twiggy drückte ihn auf den Sitz.
»Dann werden die Ihnen nämlich die ganze ScheiÃe in die Schuhe schieben. Morde, einen nach dem anderen. Sie haben mal mit einer Knarre ausgeholfen? Und gewusst, was die RAF -Freunde so treiben? Da haben die Staatsanwälte und Richter sich eine tolle Sache einfallen lassen: Es kommt nämlich gar nicht drauf an, ob sie abgedrückt haben. Im Prinzip reicht es, dass Sie es gut fanden, dass ein lieber Genosse abdrückte. Das reicht für Mord.«
»Sie sind wahnsinnig!«
»Was soll man dazu sagen?« Dornröschen sah ratlos aus. »Sie haben denen Geld gegeben. Sie haben sie mit voller Bewaffnung reisen lassen durch das Land, in dem die Arbeiterklasse herrschte. Wären Sie als Nazi in Auschwitz gewesen, dann wäre das gar nicht so schlimm. Da müssten die Bullen Ihnen nachweisen, dass Sie nicht nur Ihren Job ordentlich gemacht haben, sondern übereifrig waren. Dass Sie also jemanden einfach so erschossen haben.« Dornröschen blickte ihn an wie eine Lehrerin, die an ihrem schlechtesten Schüler verzweifelt. »Sie haben das Pech ⦠es ist wirklich ungerecht â¦, dass es den Bullen und den Staatsanwälten und den Richtern bei diesen RAF -Geschichten völlig wurst ist, wer da wann abgedrückt hat. Mitgefangen, mitgehangen. So ein Mist! Nazi müsste man sein.«
»Wer sind Sie überhaupt?«
»Das ist eine gute Frage«, erwiderte Dornröschen. »Aber die hilft uns hier nicht weiter. Wir möchten wissen, wann du Georg Westreich zum letzten Mal gesehen hast.«
»Ich kenne keinen Georg Westreich«, sagte Zitkowski.
»Das ist eine Lüge. Du hast in der Hauptabteilung XXII gearbeitet und kennst Georg Westreich nicht?«
Matti sah, wie Zitkowski blinzelte.
»Sind Sie ⦠Freunde von Westreich?«, fragte er.
»Wir hatten uns doch darauf verständigt, dass wir fragen und du antwortest. Wir dürfen dich doch duzen?«
Twiggy nahm Zitkowskis Hand und begann mit dessen kleinem Finger zu spielen.
Zitkowski versuchte seine Hand zurückzuziehen. Twiggy lächelte und spielte weiter. Er dehnte den Finger nach oben, und Zitkowski zog wieder vergeblich, um seine Hand aus Twiggys Klammer zu befreien.
Dornröschen drückte auf einen imaginären Knopf auf der Tischplatte. »Reset«, sagte sie fröhlich. »Du kennst Georg Westreich?«
Zitkowski fragte die Wand, die Decke und am Ende seinen Finger. »Ja.«
»Wann hast du ihn das letzte Mal gesehen?«
Die Wand, das Fenster, die Decke, der Finger. »Neunundachtzig.«
Twiggy drückte ein bisschen stärker am Finger. »Neunundachtzig. Ich schwöre es!«
»Bei deiner Mutter? Feliks Dserschinski? Ulrike Meinhof?«
»Und wenn Sie mir alle Finger brechen. Ich habe ihn seit neunundachtzig nicht mehr gesehen.«
»Und was ist da passiert, neunundachtzig?«, fragte Dornröschen.
»Da habe ich mich von ihm verabschiedet.«
»Das ist ja richtig höflich. Sehr gut. Und wo genau?«
Twiggy drückte ein wenig am Finger.
»Hören Sie auf!«
»Wo genau?«
»Im Alex-Grill auf dem Alexanderplatz.«
»Und drauÃen fiel der Schnee, nicht wahr?«
»Weià nicht ⦠Winter â¦Â«
»Du wolltest uns sagen: Im Winter ist mit Schnee zu rechnen.«
Zitkowski nickte.
»Das haben wir aber schon gewusst.«
Zitkowskis Augen wanderten wieder durchs Zimmer.
»Du und Georg
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