Ein Mörder kehrt heim
»Sie sind wahnsinnig«, sagte er.
»Sie haben Georg Westreich ermordet, Anja wenigstens verschwinden lassen und unsere Freundin Gaby entführt und misshandelt«, sagte Matti.
Fendt winkte ab. »Wahnsinnig, sag ich doch.«
»Warum haben Sie diese Nummer mit unserer Freundin Gaby abgezogen?«
»Sie reden Unsinn.«
»Sie glauben, Sie kommen durch mit dem Mord?«
»Es gibt keinen Mord!«, schnauzte Fendt.
»Genau, Georg hat sich selbst in den Kopf geschossen, die Knarre verschwinden lassen und sich dann in Luft aufgelöst. Und Anja ist ihm gefolgt ins Himmelreich. Aus Jux und Tollerei.« Matti stierte ihn an. Er war sauer auf diesen Greis, der sturer war als jeder Bock, den Matti sich vorstellen konnte.
»Wenn es keinen Mord gibt, wo ist dann Georg?«, fragte Dornröschen.
Fendt winkte wieder ab. Zitkowskis Augen hingen am Kollegen, den er offensichtlich als Chef betrachtete. Seine Anspannung konnte er nicht verbergen. Matti spürte, dass die beiden etwas im Keller liegen hatten. Und die Kellertür sollte um jeden Preis verschlossen bleiben.
»Wo ist Georg?«, fragte auch Matti.
Zitkowski und Fendt wechselten Blicke.
»Wir haben niemanden ermordet«, sagte Fendt. »Wir haben auch niemanden entführt. Wir haben keine Straftat begangen.«
»Die Entführung von Gaby hängen wir Ihnen an«, sagte Dornröschen.
»Ich weià von keiner Entführung. Ich kenne keine ⦠Gaby. Ich wiederhole: Wir haben keine Straftat begangen.«
Es war hoffnungslos. Sie hätten Fendt nicht dazuholen dürfen. Vielleicht hätten sie Zitkowski kleingekriegt. Aber jetzt war die Chance vertan. Wenn es überhaupt eine gegeben hatte.
Dornröschen sah genauso ratlos aus wie Matti und Twiggy. Immerhin wussten sie, dass Fendt log. Gaby hatte er entführen lassen. Niemand sonst wäre auf diese Idee gekommen. Niemand hätte einen Grund gehabt. Niemand sonst könnte sich von ihr bedroht fühlen.
»Wer war denn die Dame mit der Einkaufstasche? Ihre Freundin?«, fragte Dornröschen.
Fendt blickte sie ausdruckslos an. »Wer bitte?«
Robbi hatte auch keinen Schimmer. Matti fühlte sich so, als stieÃe er fortlaufend gegen eine Wand. Sie wussten, dass Fendt und Zitkowski Dreck am Stecken hatten. Gewiss waren sie verstrickt in den Mord an Georg. Aber es gab nicht den geringsten Beweis. Beweisen konnten sie nur die Heimlichtuerei. Und sicher schien auch, dass Fendt log, wenn er Gabys Entführung bestritt.
»Die Enkel«, sagte Dornröschen. »Wir arbeiten noch einmal alle Mails an die Enkel durch. Haben die geantwortet? Doch nicht, oder?«
»Nein«, sagte Twiggy. »Aber wir gehen jetzt erst mal schlafen.« Er nahm Robbi auf den Arm und verschwand. Ein paar Minuten später hörten Matti und Dornröschen die Glotze. Twiggy guckte Al-Dschasira.
»Er hat schon ewig keine Splattervideos mehr geglotzt«, sagte Matti. »Müssen wir uns Sorgen machen?«
»Nein«, erwiderte Dornröschen. »Er glaubt, dass Horrorfilme schlecht für Robbi sind. Hat er mir vor ein paar Wochen mal erzählt. Er hat nach Katzenpsychologen gegoogelt, als Robbi wieder die Mauser hatte. Und da muss er das gelesen haben.«
»Hoffentlich kriegt er keine Entzugserscheinungen. Oder holt im richtigen Leben nach, was er in der Glotze vermisst.«
Dornröschen kicherte.
»Ich geh schlafen«, sagte Matti. »Und du ebenfalls. Du bist doch auch todmüde.«
Matti stand als Erster auf und bereitete das Frühstück. Dann huschte Dornröschen ins Bad und tauchte mit gewaschenen Haaren wieder auf. Auf dem Weg in die Küche donnerte sie gegen Twiggys Tür. Die Antwort war ein Knurren, das die Wohnung erschütterte. Zuerst erschien Robbi. Er streckte sich und taumelte mehr, als dass er ging, zum Futternapf. Matti füllte ihn auf mit Thunfischfutter. Dornröschen kochte Tee. Dann erschien Twiggy, zerzaust, zerknittert und stumm. Er setzte die Espressomaschine in Gang.
Kaum hatte Dornröschen ihren Marmeladentoast verdrückt, marschierte sie los und kehrte mit den Ausdrucken der Enkel-Mails zurück. »Nun widmen wir uns Walter und Ernst«, sagte sie und schob die Frühstücksutensilien zur Seite, um Platz für den Papierstapel zu machen. »Ich hab die heute Nacht schon mal sortiert.«
»Vorbildlich.« Twiggys erstes Wort an diesem Tag.
»Die Mail Nummer eins stammt vom 16.
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