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Ein Mörder kehrt heim

Ein Mörder kehrt heim

Titel: Ein Mörder kehrt heim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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eingeschlafen.
    Matti kroch aus dem Bett und wankte in den Flur. Die Müdigkeit und der Restalkohol hatten sich verbündet. Der Hörer lag neben dem Telefonapparat auf der Kommode. Wer ruft einen noch auf einem Festnetztelefon an?, dachte er, als er den Hörer nahm.
    Â»Ja?«
    Â»Ich bin im Krankenhaus. Jemand hat auf mich geschossen!«, schrie Anja. »Notaufnahme!« Dann heulte sie.
    Matti hielt den Hörer ein Stück weg vom Ohr. »In welchem Krankenhaus?«
    Â»Urban!«, kreischte Anja.
    Â»Und wer hat geschossen?«
    Â»Woher soll ich das wissen! Erst haben die versucht mich totzufahren, dann hat es geschossen. Ich bin verletzt!«
    Â»Ich komme«, sagte Matti.
    Lance Armstrong hätte ihm nicht folgen können und auch sonst kein biologisches Pharmazie-Endlager. Matti radelte wie auf Speed zum Urban-Krankenhaus in der Dieffenbachstraße. Am Hermannplatz hätte ihn fast ein Lastwagen gerammt, und Matti hörte das Hupen noch bis kurz vor der Kreuzung der Urban- mit der Schönleinstraße. Über die Grimmstraße zog eine Horde besoffener Jungtouristen aus Italien, eine Flasche zersplitterte auf dem Bürgersteig. Links hinein in die Dieffenbachstraße und auf die Auffahrt des Krankenhauses. Zur Notaufnahme hatte er schon einige Fahrgäste gebracht. Der letzte Kandidat hatte japsend auf dem Beifahrersitz gesessen, und er war keineswegs betrunken, wie Matti gefürchtet hatte, sondern erlitt einen Herzinfarkt.
    Am Fenster des Warteraums standen ein alter Mann und eine alte Frau. Sie redeten laut auf Arabisch aufeinander ein. Er gestikulierte heftig, sie zeigte ihm nur ihr Profil und brüllte die Wand an, als wollte sie sich jeden Augenblick ganz abwenden. Matti ging am Glaskasten mit dem Aufnahmetresen vorbei und steuerte den Behandlungsraum an. Irgendjemand rief ihm was nach, aber er achtete nicht darauf. Der Behandlungsraum war offen, Anja lag auf einer Pritsche und sah übel aus. Ihr Gesicht war zerkratzt. Am Bein trug sie einen Verband, durch den das Blut gesickert war. Eine Krankenschwester versorgte gerade die Bauchwunde eines Typen, der mit Tattoos übersät war.
    Â»Matti!«, rief Anja.
    Die Schwester erschrak und drehte sich um. »Verlassen Sie diesen Raum!«, sagte sie.
    Â»Er ist mein Mann«, jammerte Anja.
    Die Schwester blickte sie an, dann Matti, und zuckte mit den Achseln.
    Matti stellte sich auf die andere Seite der Pritsche. Hinter ihm lag ein Mann, offenbar bewusstlos. »Was ist passiert?«, fragte Matti.
    Â»Jemand hat sich auf mich gestürzt …« Sie weinte. »Er hat mich geschlagen, und dann gab es einen Knall, unheimlich laut. Und es brannte am Bein!« Ihre Tränenaugen blickten auf den Verband.
    Â»Streifschuss«, sagte die Schwester.
    Â»Es war ein Mann?«
    Sie nickte.
    Â»Hast du ihn erkannt?«
    Â»Nein. Er war maskiert. Hatte einen Strumpf über dem Gesicht. Es war schrecklich …« Sie weinte.
    In Matti bohrte das schlechte Gewissen. Sie hätten Anja nicht wegschicken dürfen. Er stellte sich vor, sie wäre über Nacht geblieben, aber er verdrängte das Bild. »Tut mir leid«, murmelte er. »Hat der Mann etwas gesagt?«
    Â»Ja. Halt dich raus! Dreimal hat er es gesagt. Halt dich raus! Halt dich raus! Halt dich raus!« Sie wurde mit jeder Wiederholung lauter.
    Â»Hat er gesagt, aus was du dich raushalten sollst?«
    Â»Nein. Aber das weißt du doch.«
    Â»War der Mann jung?«
    Sie blickte ihn verzweifelt an. »So wie du vielleicht.«
    Â»Woran hast du das erkannt?«
    Â»An seiner Art.«
    Â»An seiner Art?«
    Â»Ja. Junge Männer sind … geschmeidiger. Irgendwie. Seine Bewegungen waren … alt.«
    Matti überlegte, was das noch heißen konnte. »War er schlank oder dick?«
    Â»Schlank.«
    Â»Trainiert? Sportlich?«
    Ein Blick auf Matti. »Nein, eher nicht. Er war irgendwie wie … du.«
    Â»Was meinst du damit?«
    Die Schwester blickte Matti misstrauisch an.
    Â»Hast du die Bullen gerufen?«
    Â»Nein, ich bin gleich ins Krankenhaus. Mit dem Taxi.«
    Ihre Augen folgten Mattis Blick. »Ich hatte es verbunden und eine neue Hose darübergezogen.«
    Â»Das muss wehgetan haben«, sagte Matti.
    Â»Ja.« Sie nickte und weinte noch mehr. Auf einem Stuhl am Kopfende des Betts lag eine Jeans mit Blutflecken.
    Â»Aber Sie müssen die Polizei rufen!«, sagte die Schwester.
    Â»Ja«, sagte

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