Ein Mörder kehrt heim
Dornröschen am Fachbereich angerufen. »Kalinke vom Tagesspiegel , guten Tag. Ich habe da eine Frage. Bei Ihnen sollen in letzter Zeit überdurchschnittlich viele Lehrveranstaltungen ausfallen. Stimmt das? Und wenn ja, warum?«
Die Frau am Telefon stotterte etwas, dann verband sie Dornröschen mit dem Sekretariat des Fachbereichs. Dörnröschen wiederholte die Frage.
»Nein, das stimmt nicht«, erwiderte eine Frauenstimme resolut. »Wer behauptet das?«
»Quellenschutz«, sagte Dornröschen. »Ich darf Sie also zitieren mit dem Satz: Am Fachbereich fallen keine Lehrveranstaltungen aus ⦠wie war Ihr Name?«
»Nein, so habe ich das nicht gesagt. Ich verbinde Sie jetzt weiter an Professor Gutscheidt, das ist unser Dekan.«
»Tun Sie das. Wenn es bitte bald â¦Â«
Es klickte. Keine Minute später. »Gutscheidt!« Eine kräftige Stimme.
»Kalinke, Tagesspiegel . Wir arbeiten an einem Artikel über Ausfälle von Lehrveranstaltungen an den Berliner Hochschulen. Wir haben erfahren, dass an Ihrem Fachbereich viele Vorlesungen und Seminare ausfallen.«
»Wer sagt das?«
»Quellenschutz. Ich kann Sie also zitieren mit dem Satz: Bei uns fallen keine Veranstaltungen aus.«
»So stimmt das nun auch nicht. Natürlich wird mal jemand krank. Aber dann versuchen wir Vertretungen zu beschaffen.«
»Sehr gut. Wie ist die Lage heute?«
»Nun gut ⦠die Vorlesungen zum Zivilrecht wurden verschoben. Der Kollege hat sich krank gemeldet.«
»Wie heiÃt der Kollege?«
»Na, ich weià nicht ⦠aber Sie können das ja im Vorlesungsverzeichnis ⦠kürzen wir es ab. Krüger.«
»Wann kann der Herr Professor Krüger wieder lesen?«
»Nicht vor kommender Woche.«
»Haben Sie etwas dagegen, wenn ich den Herrn Professor Krüger noch befrage?«
»Nein, gar nichts. Aber ich fürchte, er wird nicht mit Ihnen sprechen können. Er hat wohl eine Mandelentzündung. Aber das habe ich nicht gesagt.«
»Natürlich nicht. Ist das die einzige Vorlesung, die ausfällt?«
»Ja.«
»Herr Professor Gutscheidt, das ist ja groÃartig. Ich freue mich immer, wenn ich etwas Positives schreiben kann.«
»Wann erscheint Ihr Artikel?«
»Frühestens Ende nächster Woche. Die Recherche ist ganz schön umfangreich.«
Twiggy drückte die schwere Doppelflügeltür auf. Sie fanden gleich den Lehrstuhl für Zivilrecht Professor Krüger im ersten Stock. Dornröschen klopfte an der Tür des Sekretariats und öffnete sie sofort.
»Guten Tag, Frau �«, sagte Dornröschen, während Matti und Twiggy sich hinter ihr aufbauten.
»Schnabel«, sagte die Mittvierzigerin. Sie hatte graue Strähnen im Haar und eine Warze neben der Nase.
»Entschuldigen Sie mich. Ich bin ein bisschen spät.« Ein nervöser Blick auf die Armbanduhr.
Frau Schnabel guckte verwirrt.
»Karger mein Name. Ich habe eine Verabredung mit dem Kollegen Krüger. Ich hoffe, er ist mir nicht böse. Immer diese Zugverspätungen.«
Frau Schnabel blätterte in einem Tischkalender. Sie blickte Dornröschen unsicher an. »Ich habe hier nichts stehen. Sind Sie sicher?«
»Aber ja. Herr Krüger hat mich letzte Woche angerufen. Er interessiert sich für unsere Promotionsförderung Zivilrecht. Ach so, wenn ich mich richtig vorstellen darf ⦠Entschuldigung, ich falle mit der Tür ins Haus ⦠das ist wirklich unhöflich.« Sie zückte eine Visitenkarte. »Dorothea Karger, Max-Planck-Institut Hamburg â¦Â«
Frau Schnabel nahm die Visitenkarte und las halblaut: »Prof. Dr. Dorothea Karger, Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht, Mittelweg 187, 20148 Hamburg.« Sie blickte Dornröschen an, dann die Karte und wieder Dornröschen. »Frau Professor Karger, es tut mir sehr leid, aber der Herr Professor ist krank. Offenbar hat er vergessen, es Ihnen mitzuteilen. «
»Das ist aber ärgerlich«, sagte Dornröschen. »Ob ich ihn vielleicht anrufen könnte?«
»Das geht leider nicht«, sagte Frau Schnabel.
Dornröschen guckte sehr betrübt. Sie wandte sich an Matti, der steif hinter ihr stand. »Herr Dr. Matthiesen, jetzt haben wir ein Problem â¦Â«
Matti runzelte die Stirn. »Ja, in der Tat. Die Frist läuft morgen ab. Ãrgerlich, dass Professor Krüger nun krank
Weitere Kostenlose Bücher