Ein mörderischer Schatten (German Edition)
Toni warf ihm einen Blick zu, während sie das erste Brot verpackte. „Thea, bist du schon gewaschen? Du siehst nicht so aus“, wandte sie sich an ihre sechsjährige Tochter, während sie eine weitere Scheibe Graubrot auf das Brettchen knallte.
Thea verschwand wieder aus der Küche. „Simon“, sprach Toni dann zu ihrem mittlerweile weinenden Sohn, „Die Spiderman-Schuhe sind Winterstiefel. Dazu ist es jetzt im Mai zu warm. Außerdem passen die gar nicht mehr.“
„Und warum steht dann einer mitten in der Diele?“
Mist, die Spinne! „Das weiß ich auch nicht“, log Toni und verpackte das letzte Pausenbrot. „So, jetzt komm, mach dich fertig. Ich geh mich schnell anziehen. Wenn ich runterkomm e, seid ihr fertig!“
Habt ihr Mamas Autoschlüssel gesehen?“ Antonia griff zum dritten Mal in ihre Jackentasche.
„Mama, guck, die Spiderman-Schuhe passen wohl noch.“
„Was?“ Toni warf einen Blick über die Schulter, während sie unter dem Dielenschränkchen suchte.
„Mama, ich hab ihn“, rief Thea und hielt ihrer Mutter den Schlüssel unter die Nase.
„Gott sei Dank“ Toni grabschte den Schlüssel, riss die zwei Jacken der Kinder vom Kleiderhaken und öffnete die Haustür. „Kommt, Kinder, kommt “, rief sie.
Ihr Blick fiel auf die Schuhe ihres Sohnes, als dieser in den alten Ford Fiesta kletterte. „Du hast ja doch die Stiefel an!“
„Darf ich doch!“
„Durftest du nicht!“, stellte Toni klar und warf ihrem Sohn einen bösen Blick zu, während sie mit seinem Sicherheitsgurt kämpfte.
„Da hast nichts mehr gesagt!“
„Auf jeden Fall musst du sie jetzt anlassen. Wir haben keine Zeit mehr.“ Toni hastete zum Fahrersitz, warf einen Blick in den Rückspiegel, um sich zu vergewissern, dass auch Thea auf ihrem Platz saß und drehte den Zündschlüssel. Das Auto gab einen krächzenden Laut von sich, bevor es still wurde. Ungläubig starrte Toni einen Moment um sich. Das konnte einfach nicht wahr sein. Noch einmal drehte sie den Schlüssel. „Spring an, spring an, spring an“, flehte sie, während das Auto weiter vor sich hin röchelte. „Ja!“, schrie sie, als es endlich ansprang. Mit neuem Mut setzte sie das Auto in Bewegung.
Nachdem Antonia die Kinder zur Schule und zum Kindergarten gebracht hatte, kam sie mit nur zwanzig Minuten Verspätung auf ihrer Arbeitsstelle an. „Morgen“, rief sie, während sie zügig an der Empfangsdame vorüberschritt. Bei ihrem Vorgesetzten, der sie mit hochgezogenen Brauen und einem demonstrativen Blick auf die Uhr begrüßte, holte sie sich einen Rüffel ab und ging dann, am Ende ihrer Kräfte, in ihr Büro. Für den heutigen Tag bedient, ließ sie sich in ihren Bürostuhl fallen und fuhr ihren Rechner hoch.
„Mahlzeit, Antonia“, begrüßte sie Ralf, ihr Arbeitskollege, mit dem sie sich das Büro teilte. „Gestern wieder zu lange gefeiert?“
Antonia verzog den Mund zu einem gequälten Lächeln. „Sehr witzig.“
„Na, na, da ist aber heute einer mit dem falschen Fuß zuerst aufgestanden.“
Toni atmete schwer aus. Ralf war ein lieber, netter Kerl und seine ständigen Kommentare waren auch ganz witzig, allerdings war Tonis Laune heute nicht die allerbeste. „Was hältst du davon, wenn du dich jetzt über die Papiere beugst, die sich da auf deinem Schreibtisch stapeln und mich in Ruhe meine Arbeit machen lässt?“
„Gute Idee. In der Tat gehört die Hälfte von den Papieren dir. Ich hatte sie mir rübergenommen, weil ich dachte, du wärst heute vielleicht krank“ , gab Ralf ihr beleidigt zu verstehen. Dann stand er auf und ließ einen dicken Packen auf ihren Arbeitsplatz fallen.
Um sieben nach zwei hastete Toni mit Thea im Schlepptau durch den Kindergarten, um Simon abzuholen. Toni arbeitete halbtags im Büro. Die Betreuung der Kinder endete an Schule und Kindergarten jeweils um punkt zwei. Um diese Uhrzeit endete auch ihre Arbeitszeit. Da Toni viele Begabungen hatte, sich an mehreren Orten gleichzeitig aufzuhalten aber nicht dazu gehörte, musste Thea immer von der Schule zu Fuß zum Kindergarten laufen, um dort vor dem Eingang auf ihre Mutter zu warten.
Im Flur begegnete ih nen nun Herr Bausch. Er winkte Toni und kam lächelnd auf sie zu. An seiner Hand hing Merle, seine Tochter. Sie war sein kleiner Sonnenschein, wie er nicht müde wurde, jedem zu erzählen. Herr Bausch war alleinerziehend und ging völlig in seiner Aufgabe auf.
„Hallo, Antonia!“, rief er erfreut, als er vor ihr stehenblieb.
Toni riss den Blick von
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