Ein mörderischer Sommer
gesprochen, der für Drohanrufe zuständig ist. Danke.« Sie strich sich das Haar aus dem Gesicht und wartete. »Hallo? Ja, hier ist Joanne Hunter. Ich wohne Laurel Drive 163. Ich möchte melden, daß ich seit einiger Zeit Drohanrufe erhalte. Mit wem spreche ich denn bitte?« Joanne auf ihrem Stuhl lehnte sich mit einem Ausdruck der Bewunderung zurück. Nie hätte sie daran gedacht, nach dem Namen des Polizeibeamten zu fragen. »Sergeant Ein«, wiederholte Eve und notierte den Namen auf einem Stück Papier. »Wann es mit diesen Anrufen losgegangen ist …?« Sie sah Joanne fragend an.
Joanne zuckte mit den Achseln. »Letzten Sonntag hat er zum erstenmal mit mir gesprochen, aber komische Anrufe bekomme ich schon seit ein paar Wochen«, flüsterte sie hastig.
»Ja, ich bin noch dran. Also, seit ein paar Wochen. Irgendein Typ – zumindest glaube ich, daß es ein Mann ist – ruft zu den unmöglichsten Zeiten an, und am Sonntag hat er mir gedroht. Was er genau gesagt hat?«
»Er sagt: ›Du bist die nächste‹.«
»Also, am Sonntag hat er gesagt, ich soll auf Seite dreizehn der New York Times nachsehen.« Joanne nickte. »Das habe ich gemacht, und da stand ein Artikel über die Frau, die in Saddle Rock Estates ermordet wurde. Später hat er dann noch einmal angerufen und mir gesagt, ich sei die nächste. Und heute fand ich eine Zeitungsseite am Fenster meines Wagens, dieselbe Seite dreizehn. Offensichtlich folgt mir der Kerl, ich habe Angst, daß … Ja, ich weiß … Ja, ja, aber das täte ich nur sehr ungern. Gibt es denn keine andere Möglichkeit?« Es folgte eine lange Pause. »Ich verstehe. Haben Sie vielen Dank.« Angewidert legte Eve den Hörer auf. »New Yorks Klügster«, bemerkte sie sarkastisch.
»Was hat er gesagt?«
»›Du bist die nächste‹ ist nicht gerade die schlimmste Drohung, die er je gehört hat, und ob ich wüßte, wie viele Frauen sich schon bei der Polizei gemeidet haben, weil sie überzeugt sind, das nächste Opfer des Vorstadtwürgers – so nennen sie ihn – zu sein. Er rät mir, oder vielmehr dir, deine Telefonnummer ändern zu lassen. Er kann nichts tun, sagt er, bevor der Kerl nicht wirklich zuschlägt.«
»Und dann könnte ich bereits tot sein.«
»Na komm, Kopf hoch! Ich werde Brian heute abend von den Anrufen erzählen. Das ist der Vorteil, wenn man einen Bullen als Nachbarn hat.«
Es läutete an der Tür. »Ich gehe schon«, sagte Eve. Joanne hoffte, ihre Freundin werde sich sofort verabschieden, aber nachdem sie Joannes Mann überraschend freundlich begrüßt hatte, folgte sie ihm in die Küche und machte keine Anstalten zu gehen.
Joanne fühlte einen dumpfen Schmerz, als Paul eintrat. Er sah so gut aus, und so besorgt.
»Was ist das für eine Geschichte mit dem Mann, der dich bedroht?«
Stockend erzählte Joanne ihm von den Anrufen und der Zeitungsseite an der Windschutzscheibe.
»Hast du die Polizei angerufen?«
»Eve hat gerade mit einem Beamten gesprochen.«
»Sie können nichts tun, solange der Kerl seine Drohungen nicht wahr macht«, erklärte Eve. »Ich werde Brian alles erzählen und ihn fragen, ob er seine Kollegen nicht überreden kann, doch etwas zu unternehmen.«
»Joanne, ich sehe, daß du wirklich Angst hast, und ich will die Sache nicht verniedlichen, aber glaubst du nicht, daß deine Phantasie ein bißchen mit dir durchgeht?«
»Ich weiß nicht«, sagte Joanne.
»Schau mal«, fuhr Paul sanft fort, »irgendein Verrückter ruft dich an und erschreckt dich halb zu Tode. Da ist es doch ganz natürlich, daß dir das unheimlich vorkommt, besonders jetzt, wo ich nicht …« Er schwieg und warf Eve einen Blick zu.
»Ich gehe jetzt besser«, sagte Eve hastig. »War nett, dich wieder mal zu sehen, Paul.«
Die Eingangstür fiel ins Schloß.
»Ich lasse dir auf jeden Fall eine Alarmanlage einbauen, dann wirst du dich sicherer fühlen«, sagte Paul nach einer Pause.
»Das wäre gut. Danke. Möchtest du dich nicht setzen? Ich könnte uns Kaffee machen …«
»Nein, danke«, sagte er schnell. »Ich muß zurück in die Stadt. Wo sind denn die Mädchen?«
»Bei einer Leichtathletikveranstaltung. Lulu freut sich schon auf morgen.« Krampfhaft versuchte sie, fröhlich zu klingen. »Sie kann es gar nicht erwarten, die neue Wohnung ihres Vaters zu sehen.«
»Die ist nichts Besonderes. Sehr klein, sehr unpersönlich. Nun, Lulu hat dir ja meine Telefonnummer gegeben. Wenn du irgend etwas brauchst, ruf mich sofort an.«
»Ja. Danke.« Es folgte eine
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