Ein mörderischer Sommer
Installation des neuen Alarmsystems zu beginnen. Paul hatte alles arrangiert; von Joanne wurde nur verlangt, daß sie zu Hause war.
»Ihr Mann sagte, es ist nicht nötig, daß wir um alle Fenster herum Leitungen verlegen«, meinte der ältere der beiden Männer – er hatte sich als Harry vorgestellt –, während Joanne sie in die Küche führte. »Nur um die im unteren Stockwerk und um die Schiebetüren. Ziemlicher Saustall da draußen«, fügte er hinzu, nachdem er einen Blick in den Garten geworfen hatte.
»Heute betonieren sie es aus«, erklärte Joanne.
»Na ja, wenn Sie gerne schwimmen …«
»Ich schwimme überhaupt nicht. Habe es nie gelernt.«
»Ach so. Zeigen Sie uns noch die Tür ganz unten, bitte?«
»Aber ja, natürlich.« Die Männer folgten ihr in die Diele und die Treppe zum unteren Teil des dreistöckigen Hauses hinunter.
»Wir wechseln auf jeden Fall die Schlösser aus«, verkündete Harry, als sie den unterhalb der Küche gelegenen Hobbyraum betraten. »Die, die Sie jetzt haben, sind ein Witz. Daß man bei Ihnen noch nicht eingebrochen hat, ist ein Wunder.«
Joannes Blick fiel auf den dunkelhaarigen, dünnen Bauarbeiter, der Lulu so unheimlich war. Vom Pool aus starrte er sie an, aber als sich ihre Blicke trafen, sah er schnell weg.
»Kann ich Ihnen eine Tasse Kaffee bringen?«
»Das wäre sehr nett. Leon, was ist mit dir?« Leon sagte nichts, nickte jedoch. »Milch und Zucker für mich. Mein Bruder trinkt ihn schwarz.«
Brüder sind sie also, dachte Joanne. Sie ging in die Küche zurück und machte Kaffee.
Jemand klopfte an die Schiebetür. Erschrocken drehte sich Joanne um. Der große, dunkelhaarige Bauarbeiter lächelte sie von der anderen Seite der Glasscheibe an. »Ich müßte mal telefonieren«, konnte Joanne an den Bewegungen seiner Lippen ablesen.
Zögernd ging sie zur Tür und öffnete. Der Mann – Ende Zwanzig oder Anfang Dreißig – trat sofort in die Küche. Dabei ließ er seinen Blick an ihrem rosafarbenen Baumwollhemd entlanggleiten, als ob es ein durchsichtiges Negligé wäre. »Dort drüben«, sagte sie. Dann fiel ihr ein, daß er es ja bereits wußte.
»Danke.« Er lächelte und ging zum Apparat. »Sie haben wohl eine neue Nummer?« Er zeigte auf das neue Schild, das in der Mitte des Telefons aufgeklebt war.
Joanne nickte. Sie versuchte, sein Gespräch nicht mitzuhören, nahm absichtlich geräuschvoll zwei Becher aus dem Geschirrfach, Milch aus dem Kühlschrank und Zucker von einem Regal. Er legte den Hörer auf, machte aber keinerlei Anstalten, die Küche zu verlassen. »Ist Ihr Mann da?« fragte er. Dieselbe Frage wie eine Woche zuvor, aber in einem anderen Ton gestellt.
»Er ist bei der Arbeit«, antwortete Joanne.
Plötzlich klopfte es an der Haustür. Joanne fuhr zusammen.
»Viel los heute«, sagte der Bauarbeiter. Seine Lippen verformten sich zu einem Grinsen. Joanne wollte sich bewegen, aber sie konnte nicht. »Wollen Sie nicht aufmachen?«
Sei nicht albern, sagte sich Joanne. Ihre Erstarrung ließ nach; sie ging zur Tür und öffnete.
»Mrs. Hunter«, sagte der kleine, birnenförmige Mann, der vor ihr stand.
»Mr. Rogers«, begrüßte Joanne ihn. Es war der Eigentümer und Geschäftsführer von Rogers Pools. Schon war er eingetreten und stand vor der gläsernen Schiebetür in der Küche. »Wie gefällt es Ihnen?«
»Na ja, es ist ein ziemlicher Saustall«, bemerkte Joanne schüchtern. Sie war erleichtert, daß der unheimliche Bauarbeiter die Küche inzwischen verlassen hatte.
»Es wird ganz wunderbar, Sie werden schon sehen! Sie müssen dann nur noch in den Garten gehen, und schon sind Sie im Urlaub, ohne den lästigen Verkehr.«
»Wann, glauben Sie, wird es denn fertig sein?«
»Spätestens in ein paar Tagen. Kommt aufs Wetter an. Heute betonieren wir. Danach muß nur noch letzte Hand angelegt werden. Also, bis später.« Er ging in den Garten hinaus.
Joanne goß den Kaffee in die Becher.
»Okay« sagte Harry, der plötzlich, ohne jede Ankündigung, mitsamt seinem Bruder hinter ihr aufgetaucht war.
»Mein Gott!« keuchte Joanne, drehte sich um und stieß dabei gegen einen der beiden Becher. Hilflos sah sie zu, wie die dunkle Flüssigkeit – wie Blut, dachte sie – auf den Boden neben ihre nackten Füße tropfte. Dann erwachte sie aus ihrer Erstarrung, stellte den Becher wieder auf und füllte ihn von neuem. »Entschuldigen Sie!«
»Vorsichtig!« mahnte der Mann, als Joanne ihm zitternd beide Becher reichte. »Also, wir fangen jetzt
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