Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ein mörderischer Sommer

Titel: Ein mörderischer Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fielding Joy
Vom Netzwerk:
daß sie zu einem Psychiater geht.«
    »Warum? Weil ein Arzt gemeint hat, ihre Probleme seien psychosomatisch?«
    »Nicht nur ein Arzt! Joanne, bitte, laß mich ausreden. Du bist vielleicht die einzige, die sie dazu überreden kann, sich so helfen zu lassen, wie sie es braucht. Du bist die einzige, auf die sie hört.« Er machte eine Pause, als ob er erwartete, daß Joanne jetzt etwas sagte, aber sie schwieg, wartete nur darauf, daß er fortfuhr. »Wie ich schon sagte«, begann er wieder, »es ist eine ganze Reihe von Sachen.«
    »Was denn zum Beispiel?«
    »Zum Beispiel, immer wenn wir ins Theater gehen, will sie unbedingt einen Außensitz.«
    »Was!« Joanne konnte es nicht glauben. Was redete dieser Mann da? »Was ist denn daran so schlimm? Viele Leute sitzen lieber außen.«
    »Aber weigern sie sich, ins Theater zu gehen, wenn sie nicht am Rand sitzen können?« Er machte eine Pause. »Verlassen sie das Kino, nachdem sie sich eine Stunde lang vor der Kasse angestellt hatten, bloß weil sie nicht den Sitz bekommen, den sie wollen? Sie benutzt nie einen Aufzug«, erzählte er im gleichen Atemzug, als ob er Angst hätte, Joanne könnte ihn wieder unterbrechen. »Sie steigt lieber zwanzig Treppen hinauf und hinunter, als einen gottverdammten Aufzug zu betreten.« Joanne wollte etwas einwenden. »Und sag jetzt nicht, viele Leute hätten Aufzugphobien. Das weiß ich. Ich selbst bin auch nicht verrückt nach Aufzügen. Aber das bedeutet nicht, daß ich keine Abendeinladungen annehme, wenn die Leute in einem Hochhaus wohnen, oder daß ich nirgendwohin gehe, wo ein Aufzug nicht gemieden werden kann.«
    »Ich bin mir sicher, daß Eve sich von solchen Dingen nicht abhalten lassen würde.«
    »Du lebst nicht mit ihr, Joanne. Ich weiß genau, von was ›diese Dinge‹ sie abgehalten haben. Wir gehen kaum noch irgendwohin! Mit den Jahren ist es immer schlimmer geworden. Wann, kannst du dich erinnern, sind Eve und ich das letztemal in Urlaub gefahren?«
    »Dafür darfst du nicht Eve die Schuld geben. Du bist doch derjenige, der andauernd zu arbeiten hat.«
    »Hat sie dir das gesagt?« Er stand auf und fuhr sich mit seiner riesigen Hand durch das lockige, braune Haar, das seit kurzem immer mehr von Grau durchsetzt war. »Schau mal, es ist wahr, ich arbeite schwer, und ich arbeite viel. Warum auch nicht? Um ganz ehrlich zu sein, in letzter Zeit gibt es nicht mehr sehr viel, um dessentwillen ich gerne heimkomme.« Er schwieg und sah auf den Tisch hinunter. Joanne war überrascht, wie verletzlich dieser massige, zähe Mann jetzt wirkte. Die Formulierung seiner nächsten Worte mußte er sich abringen, und noch schmerzlicher schien es für ihn zu sein, sie auszusprechen. »Eve liebt mich nicht«, sagte er langsam, als ob er diese Tatsache zum erstenmal sich selbst gegenüber zugäbe. »Wenn ich ganz ehrlich mit mir bin, dann muß ich sagen, ich glaube nicht, daß sie mich jemals geliebt hat. Ich glaube, sie hat mich geheiratet, weil sie wußte, daß es ihre Mutter zur Weißglut bringen würde, wenn du wirklich wissen willst, was ich glaube«, fuhr er, jetzt sehr aufgeregt, fort. »Aber das ist nicht das Problem. Das Problem ist, daß wir keine Beziehung miteinander haben, die diesen Namen verdient. Was Eve betrifft, so hat sie vor sieben Jahren einen wahnsinnigen Fehler gemacht, und jetzt will sie mit mir und meiner Welt sowenig wie möglich zu tun haben.«
    »Brian, das kann doch nicht wahr sein! Sie hat, um Gottes willen, ein Kind von dir erwartet!«
    »Um ihrer Mutter willen, meinst du!« Er hob in einer abwehrenden Geste die Hände in die Höhe. »Okay, okay, vielleicht übertreibe ich jetzt ein bißchen, vielleicht irre ich mich, vielleicht liebt sie mich doch …«
    »Ich bin ganz sicher, daß sie dich liebt. Sie redet immer von dir. Sie ist sehr stolz auf dich, ganz bestimmt.«
    »Woher weißt du das? Was sagt sie denn so?«
    Joanne versuchte verzweifelt, sich an irgend etwas Positives zu erinnern, das Eve jemals über Brian gesagt hatte. Sie starrte in Brians so erstaunlich freundliches Gesicht. (»Sein Gesicht ist noch nicht das Beste an ihm, das kannst du mir glauben«, hörte sie Eve sagen.) »Na ja, natürlich hat sie nie irgendwelche Details erzählt«, stotterte sie ziemlich verlegen, »aber ich weiß, daß sie … deine Arbeit sehr interessant findet«, sagte sie schließlich, unfähig, Eves und Brians Intimsphäre anzusprechen.
    »Meine Arbeit?« höhnte Brian. »Eve liebt Blut und Eingeweide! Das meiste an meiner

Weitere Kostenlose Bücher