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Ein mörderischer Sommer

Titel: Ein mörderischer Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fielding Joy
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noch mal?
    »Was ist denn, Mom?«
    »Was?«
    »Du zitterst am ganzen Körper.«
    »Was ist dann passiert?« fragte Joanne.
    »Nichts. Ich sagte nein, ich will nicht rauchen, dann ging ich zurück in mein Zimmer. Ein paar Minuten später kam Robin rein und sagte, ich soll dir nichts erzählen, es würde dich nur beunruhigen und daß du schon genug Sorgen hast, seit Dad weg ist.«
    »Wie rücksichtsvoll sie ist!«
    »Deshalb war ich so durcheinander. Ich wußte nicht, was ich tun sollte.«
    »Du hast das Richtige getan«, versicherte ihr Joanne und strich eine Haarsträhne aus Lulus tränenverschmiertem Gesicht.
    »Was machst du jetzt?« fragte das Kind schüchtern.
    »Ich bin mir noch nicht sicher. Ich muß mit deinem Vater darüber sprechen.« Sie sah auf ihre Uhr. Es war fast elf. Zu spät, um ihn noch anzurufen? »Geh schlafen, Schatz. Es ist spät.«
    »Ich muß noch lernen.«
    »Du kannst morgen früh lernen. Geh schon, in ein paar Minuten komme ich rauf und decke dich zu.« Sie küßte ihre Tochter auf die Wange, die von den Tränen ein bißchen klebrig war, und sah ihr nach, wie sie die Stufen hinauflief. Versuch doch, es nicht zu ernst zu nehmen, ermahnte sie sich in Gedanken selbst, stand auf und bemühte sich, irgendeine Entscheidung zu treffen. »Denk dran, es ist nur dein Leben«, sagte sie laut. Eine Stunde später stand sie noch immer an derselben Stelle.
    »Gute Nacht, Süße«, flüsterte sie, während sie sich hinabbeugte, um die Wange ihrer Tochter zu küssen, obwohl Lulu schon schlief. Auf Zehenspitzen ging Joanne von Lulus Zimmer über den Gang zu ihrem eigenen, zog sich aus und schleuderte die Kleidungsstücke wütend auf den Teppich. Erst in einer Stunde würde Robin nach Hause kommen. Sie hatte also sechzig Minuten, um zu überlegen, was sie sagen oder tun wollte. Sie dachte daran, ein Bad zu nehmen, um von dem heißen Wasser ihre Ängste wegschwemmen zu lassen, entschied sich dann aber dagegen. Sie suchte in ihrer Kommode nach einem T-Shirt, nahm eines heraus, zog es an und ging ins Bad. Sie wollte sich die Zähne putzen, einen Morgenmantel überwerfen – wann hatte sie begonnen, im Bett T-Shirts zu tragen? – und ganz ruhig unten warten, bis Scott Robin heimbrachte. Aber zuerst würde sie Paul anrufen, beschloß sie und drückte die widerspenstige Zahncreme aus der fast leeren Tube. Sie drückte zu fest, so daß die Paste die Borsten der Zahnbürste verfehlte und in die Mitte des sauberen weißen Waschbeckens plumpste. Joanne starrte auf den großen blauen Batzen, machte aber keine Anstalten, ihn wegzuwischen. »Also werden die Zähne eben nicht geputzt«, sagte sie trotzig und verließ das Badezimmer.
    Sie saß zehn Minuten auf dem Bett, die Hand auf dem Telefon. Würde sie Paul aufwecken? Würde er überhaupt zu Hause sein? Würde er ungeduldig sein und ihr sagen, genau das sei es, was er meine, wenn er sage, sie solle selbst Entscheidungen treffen und ihn nicht wegen jedes kleinen Problems anrufen? Konnte man das ein kleines Problem nennen? Würde er wütend auf sie sein, weil sie ihn störte? Joanne nahm den Hörer ab und wählte Pauls Nummer. Soll er wütend sein, dachte sie, während sie dem Summton lauschte. Es summte nur einmal, dann nahm er den Hörer ab, als ob er neben dem Apparat gesessen und ihren Anruf erwartet hätte.
    »Hallo?« meldete sich eine fremde Stimme. Die Stimme einer Frau.
    Einen Moment lang schwieg Joanne, überzeugt, die falsche Nummer gewählt zu haben. Sie wollte gerade auflegen, da sprach die unbekannte Stimme weiter. »Wollten Sie mit Paul sprechen?« fragte sie freundlich.
    Joanne wurde es kotzübel. »Ist er da?« hörte sie sich fragen.
    »Na ja, da ist er«, kicherte das Mädchen, »aber im Augenblick kann er nicht ans Telefon kommen. Darf ich etwas ausrichten?«
    »Sind Sie Judy?« hörte Joanne ihre ebenso fremd klingende Stimme nach einer scheinbar sehr, sehr langen Pause fragen.
    »Ja.« Die Stimme klang hocherfreut, erkannt worden zu sein. »Wer ist denn da?«
    Joanne ließ den Hörer an ihrem Hals entlanggleiten und sanft auf die Gabel fallen. »Nein!« schrie sie plötzlich, nahm Pauls Kissen vom Bett und warf es durch das ganze Zimmer, bevor sie auf die Knie fiel, ihren Körper hin und her warf und ihr heftiges Schluchzen zwischen ihren nackten Schenkeln begrub.
    Das Telefon klingelte.
    Sofort sprang Joanne auf. Das war Paul. Judy hatte ihm von dem seltsamen Anruf berichtet, und er hatte den Schluß gezogen, daß nur sie es gewesen sein konnte.

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