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Ein mörderischer Sommer

Titel: Ein mörderischer Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fielding Joy
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ihr, während sie am Maschendrahtzaun entlanggeht. Der Korb mit den hellgrünen Bällen steht neben seinen Beinen, er nimmt einen Ball und schlägt ihn übers Netz, zu dem jungen Mann, dem er gerade Unterricht gibt. »Gut so!« ruft er. »Den Ball anschauen! Nicht jedesmal einen Punkt machen wollen. Konzentrieren Sie sich darauf, den Ball übers Netz zu kriegen!« Unsichtbar bestätigt er ihr, daß er sie gesehen hat: Gleich werde ich mich um Sie kümmern, verspricht er ihr, ohne ein Wort zu sagen, warten Sie auf mich. Natürlich, denkt Joanne, schweigend erklärt sie sich einverstanden. Warten – das kann ich am besten.
    Sie setzt sich auf eine Bank und läßt den Blick wahllos von Platz zu Platz wandern. Ihre Gedanken sind ein hellgrüner Tennisball, der zwischen diesen Minuten und dem frühen Nachmittag hin- und herfliegt. Sie hört Pauls Stimme – Nächstes Wochenende habe ich schon etwas vor –, sieht Simon Loomis' Gesicht vor sich – Hier bin ich jetzt zu meinem Drei-Uhr-Termin –, erinnert sich an Rons besorgten Gesichtsaudruck – Ist alles in Ordnung mit dir? Du wirst mir doch nicht etwa krank werden? Sie hört das Telefon klingeln. Praxis Dr. Gold. Mrs. Hunter. Wie haben Sie mich gefunden? Ach, Sie kann man so leicht ausfindig machen. Hier bin ich jetzt zu meinem Drei-Uhr-Termin. Wie haben Sie mich gefunden? Ich fahre übers Wochenende raus aus der Stadt. Ist alles in Ordnung mit dir? Mrs. Hunter. Mrs. Hunter.
    »Mrs. Hunter?«
    »Was?«
    »Entschuldigung«, sagt Steve Henry. Sein gebräunter Körper steht direkt vor ihr und wirft seinen Schatten auf sie. »Ich wollte Sie nicht erschrecken.«
    Joanne springt auf. Warum ist sie überhaupt hier? »Störe ich Sie beim Unterricht?«
    »Die Stunde ist schon vorbei. Ich habe jetzt ein paar Minuten Pause. Ich nehme an, Sie sind gekommen, um mit mir zu sprechen.« Es ist ebensosehr eine Feststellung wie eine Frage.
    »Ich habe einen Job«, sagt sie. Warum erzählt sie ihm das? »Deshalb bin ich in letzter Zeit nicht, mehr gekommen und habe die letzten Stunden abgesagt.«
    »Ich gebe bis neun Uhr abends Stunden«, erklärt er lächelnd. Merkt er, wie unbehaglich sie sich fühlt? »Sind Sie deswegen gekommen? Möchten Sie Termine für weitere Stunden ausmachen?« Joanne schweigt. Ja, weshalb ist sie hier? »Mrs. Hunter?«
    »Bitte, nennen Sie mich Joanne«, sagt sie. Sie hört noch eine andere Stimme, eine Stimme, die immer wieder ihren Namen sagt. Mrs. Hunter. Mrs. Hunter. »Ich dachte mir, vielleicht hätten Sie Lust, am Wochenende zum Abendessen zu mir zu kommen«, spricht sie hastig weiter. »Entweder Freitag oder Samstag abend, wenn Sie Zeit haben.« Joanne fühlt ihren Herzschlag bis in die Füße hinunter. Warum sage ich so etwas? Warum, um Himmels willen, lade ich ihn zum Abendessen ein? Was mache ich hier überhaupt?
    »Sehr gerne«, antwortet er. »Samstag abend paßt es ausgezeichnet.«
    »Ich bin eine gute Köchin«, sagt sie, und er lächelt.
    »Ich würde auch dann kommen, wenn Sie keine gute Köchin wären.«
    »Ich wohne …«
    »Ich weiß, wo Sie wohnen.«
    »Ja?«
    »Ihre Adresse ist in der Kartei vermerkt.«
    Sie nickt. Was tut sie hier? Was hat sie dazu gebracht, diesen Mann zum Abendessen einzuladen? Weil ich meinen Mann gefragt habe, ob er kommt, und weil er geantwortet hat, er habe schon etwas vor! sagt eine kleine Stimme, und weil irgendwo dort draußen ein Irrer ist, der mir nicht mehr sehr viel Zeit auf dieser Welt lassen wird, und weil ich es, verdammt noch mal, langsam müde werde, auf ihn zu warten, und warum sollte ich diesen Mann nicht zum Abendessen einladen? »Was?«, sie schreit fast. Er hat etwas gesagt.
    »Ich habe gefragt, um wieviel Uhr ich kommen soll.«
    »Um acht? Oder geben Sie da noch Stunden?«
    »Samstags nicht. Acht Uhr ist okay.« Sie dreht sich um und geht, weiß nicht, was sie sonst tun sollte. »Joanne«, ruft er ihr nach, und sie bleibt sofort stehen. Hat er es sich anders überlegt? »Ihr neuer Job bekommt Ihnen, Sie sehen toll aus.« Sie lächelt. »Bis Samstag.«
    Joanne fährt zurück zu ihrem Haus. Ich muß wirklich verrückt sein, denkt sie.

22
    »Ich bin zu früh gekommen«, sagt er, als sie die Haustür öffnet und einen Schritt zurück macht, um ihn in die hellerleuchtete Diele treten zu lassen.
    »Kommen Sie rein«, sagt sie gequält.
    Lächelnd steht Steve Henry vor ihr. Seine rechte Hand hat er hinter dem Rücken versteckt. Sein blondes Haar ist aus der Stirn gekämmt. Er wirkt entspannt und

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