Ein moerderisches Geschaeft
Finger in seinen Oberarm. Wenn sie lange Nägel gehabt hätte, wären alle abgebrochen. Seine Haut war warm, was darauf hindeutete, dass er ein menschliches Wesen war, aber die Muskeln fühlten sich hart wie Stein an.
»Würden Sie bitte stehen bleiben? Ich muss mit Ihnen reden.« Da er immer noch nicht reagierte, setzte sie hinzu: »Bitte, John Paul. Ich brauche Ihre Hilfe.«
Oh, verdammt. Sie klang, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen. Er konnte nicht das Geringste für sie tun, aber sie war zu naiv, um das zu erkennen. Wahrscheinlich hatte sie bisher ein behütetes Leben geführt und wusste nicht, wie sie mit einer solchen Situation fertig werden sollte. Ob es ihr gefiel oder nicht, sie war dabei zu erkennen, dass es im wahren Leben nicht immer ein Happyend gab.
»Ich kann Ihnen nicht helfen.«
»Was haben Sie gemeint, als Sie am Telefon sagten, dass es zu spät sei?«
»Das soll Ihnen jemand vom FBI erklären. Gibt es jemanden, den Sie bitten können, herzukommen und Ihnen Beistand zu leisten? Ein Familienmitglied oder einen Freund, der sich um Sie kümmern könnte?«
Avery blieb abrupt stehen. Gott, er war eiskalt. »Sie denken, meine Tante ist tot, stimmt’s?«
Er blieb ebenfalls stehen, antwortete jedoch nicht sofort. Aber sein Blick verriet ihr, dass er überlegte, ob sie stark genug war, die Wahrheit zu verkraften. Hatte er Angst, dass sie einen hysterischen Anfall bekam?
»Ich breche nicht gleich zusammen. Sie können mir ruhig eine ehrliche Antwort geben.«
Er ging einen Schritt auf sie zu. »Ja«, sagte er. »Ich glaube, Ihre Tante und die beiden anderen Frauen sind tot.«
Sie wich zurück. »Warum? Was bringt Sie zu diesem Schluss?«
»Gibt es jemanden, den Sie …«
»Den ich anrufen könnte?«, fauchte sie. »Tante Carrie und Onkel Tony sind meine einzigen Verwandten, und ich werde meinen Onkel nicht derart zu Tode erschrecken wie Sie mich, bevor ich alle Fakten kenne. Sagen Sie mir, woher Sie diesen Monk kennen.«
»Miss Delaney?«
Oliver rief nach ihr. Sie drehte sich um und sah, dass er einen Telefonhörer hochhob und sie zu sich winkte.
Das ist bestimmt nicht Margo, dachte Avery. Sie würde es zuerst auf meinem Handy versuchen. Wer war es dann? Carrie … vielleicht war Carrie am anderen Ende der Leitung! Avery war plötzlich so aufgeregt, dass sie kaum noch Luft bekam. Bitte, lieber Gott, lass es Carrie sein.
Sie ließ ihren Rucksack fallen, als sie einem Pärchen auswich. Sie hob ihn nicht auf, dazu hatte sie es zu eilig. Als sie die Theke erreichte, sagte Oliver: »Die Anruferin meint, es sei sehr dringend.«
John Paul folgte ihr mit ihrem Rucksack in den Händen. Er bobachtete, wie Avery den Hörer an sich riss, und hörte sie sagen: »Carrie?«
»Tut mir Leid, Schätzchen. Hier ist nicht Carrie.«
Das Kosewort und die flüsternde Frauenstimme machten Avery stutzig. »Wer spricht da?«
»Im Moment ist es nicht wichtig, wer ich bin. Aber deine Carrie ist wichtig, oder? Wir haben Sie. Möchtest du sie wiedersehen?«
Die Stimme klang gedämpft und Avery erkannte sie nicht.
»Was haben Sie mit ihr gemacht? Geht es ihr gut? Wenn Sie ihr auch nur ein Haar krümmen …«
»Dummes Mädchen, sei still und hör mir zu«, befahl die Frau. »Ich sage das nur einmal, also pass gut auf. Drei Menschenleben hängen ganz allein von dir und deiner Mithilfe ab. Ich habe einen wattierten Umschlag mit deinem Namen an der Rezeption hinterlegt. Er liegt direkt links neben dir. Oh, dreh dich nicht um«, sagte sie in diesem melodiösen Flüsterton, der Avery Schauer über den Rücken jagte. »Wenn du mich siehst, ändern sich alle Regeln, und deine arme Tante und ihre neuen Freundinnen werden den Preis dafür bezahlen.«
Avery wurde stocksteif. »Wo sind Sie?«, krächzte sie.
»Hier«, antwortete die Stimme. »Ich beobachte dich. Du möchtest dich umsehen, oder?« Sie lachte. »Sei kein Spielverderber. Nimm die Karte aus dem Umschlag, Avery. Braves Mädchen. Siehst du die hübsche Uhr? Leg sie an. Jetzt sofort.«
Avery nahm die große Swatch-Sportuhr und streifte das Band über ihr Handgelenk.
»Sehr gut«, sagte die Frau. »Jetzt falte die Karte auseinander und such nach dem roten X, das ich für dich eingezeichnet habe. Beeil dich.«
Avery klemmte den Hörer zwischen Ohr und Schulter, breitete die Karte aus und suchte nach der Markierung. Der Hörer fiel herunter, als sie sich vorbeugte, in dem Bemühen die Gesichter, die sich in der glänzenden Steinwand hinter der Rezeption
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