Ein mörderisches Komplott (German Edition)
Paul dem obligatorischen
Streifendienst zugeteilt gewesen, wo es nicht gerade zimperlich zuging. Seine
Kollegen waren um einiges größer als er und um sich überall Gehör und Respekt
zu verschaffen, musste er seiner Stimme eine gewisse Schärfe verleihen. Darum
fiel es ihm auch schwer, im privaten Umgang den rechten Ton zu finden, was auch
der Grund für ihre Trennung war. Paul bezog ein Eineinhalbzimmer-Appartement im
Süden Londons. Endlich war er wieder ein freier Mann. Natürlich war es für ihn
anfangs noch ungewohnt, wieder ganz auf sich allein gestellt zu sein. Besonders
an den Abenden fühlte er sich einsam und empfand die Stille um ihn herum als
bedrückend. Andererseits genoss er den Zustand von Unabhängigkeit, denn nun
brauchte er auf niemanden mehr Rücksicht zu nehmen. Jetzt konnte er sich mit
ganzer Leidenschaft seinem interessanten, aber auch ständig hohe
Einsatzbereitschaft fordernden Beruf widmen, ohne sich für immer wieder
vorkommende Verspätungen rechtfertigen zu müssen.
Dann kam die – seiner Meinung nach völlig
ungerechtfertigte – Versetzung in die schottische Provinz. Beim CID Inverness
erwarteten ihn zunächst ganz andere Aufgaben, als er es von Scotland Yard her
gewohnt war. Es dauerte mehrere Wochen, bis er von einem Teil seiner neuen
Kollegen akzeptiert wurde. Auch die Suche nach einer geeigneten Wohnung
beschäftigte ihn eine Zeit lang und er musste zunächst mit einem einfach
möblierten Zimmer in einer Fremdenpension vorlieb nehmen. Besuche durfte er
hier nicht empfangen, darum fühlte er sich besonders in seiner Freizeit von
anderen Menschen isoliert. Doch schließlich erwarb er von seinen Ersparnissen
eine preiswerte Zweizimmerwohnung in der Anderson Street am River
Ness . Nun konnte er wieder Ausschau nach einer passenden Frau halten. Er
besuchte einschlägige Lokale und Diskotheken, aber die wechselnden, meist nur
kurz andauernden Beziehungen befriedigten ihn nicht, denn eine seinen
Vorstellungen entsprechende Partnerin befand sich nie darunter.
Seit seiner ersten Begegnung mit Jennifer Symon war ein
knapper Monat vergangen. Immer wenn er ihre kleine Visitenkarte in die Hand
nahm und die Blicke der jungen Frau auf sich gerichtet fühlte, geriet er ins Grübeln.
Auch jetzt erinnerte er sich wieder an den Tag, als ihn
die Journalistin zum Platz neben DSupt Bayne geführt und später zu einem Glas
Sekt überredet hatte. ›War der missratene Festakt im Rathaus eventuell ein
Wink des Schicksals , habe ich vielleicht danach das große Los gezogen‹?, dachte er bei sich und verspürte den Wunsch, dieses reizende weibliche Wesen
baldigst wiederzusehen. Nach einigem Zögern griff er zum Telefon und wählte die
auf dem Kärtchen angegebene Nummer. Doch Miss Symon befand sich gerade in einer
Besprechung. Als er gefragt wurde, ob er ihr eine Nachricht hinterlassen
möchte, nannte er nur kurz seinen Namen und legte den Hörer wieder auf. Später
ärgerte er sich über seine Zaghaftigkeit und nahm sich vor, es in den nächsten
Tagen noch einmal zu versuchen. Aber es sollte ganz anders kommen.
Kapitel 2
Als Paul O’Brien seinen Platz verließ, schaute ihm sein
Vorgesetzter noch eine ganze Weile hinterher. DSupt Gordon Bayne konnte den
Mann von Scotland Yard nicht leiden, was allerdings auf Gegenseitigkeit
beruhte. Vor allem passte es nicht in sein Weltbild, dass ausgerechnet ein Engländer ,
dazu noch ein relativ Neuer im Team, eine Belobigung erfahren sollte. Noch nie
zuvor war einem Mitarbeiter des CID eine Auszeichnung wie die heutige verliehen
worden. Darum hielt sich Bayne dafür prädestiniert, nach etlichen Dienstjahren
eine besondere Ehrung verdient zu haben und baute dabei auf seine
freundschaftlichen Beziehungen zu Staatsanwalt Henry Forster. Diesem war es
schließlich gelungen, den ahnungslosen Lord Mayor Polson davon zu überzeugen,
dass die Goldene Ehrenmedaille unbedingt an Superintendent Gordon Bayne, den
Chef der Abteilung für Kapitalverbrechen beim CID, zu verleihen sei. Womit
Bayne allerdings nie gerechnet hatte, war der Gutschein für einen Wochenende zu
Zweit in einem der vornehmsten Hotels der östlichen Highlands. Das war eine
echte Überraschung gewesen und er konnte es kaum erwarten, sich in einer
besonders exklusiven Atmosphäre verwöhnen zu lassen.
Gordon Bayne war 27 Jahre alt gewesen, als er 1983 in den
Falklandkrieg zwischen Argentinien und Großbritannien zog, den die damalige
britische Premierministerin Margaret Thatcher
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