Ein mörderisches Komplott (German Edition)
O’Brien.
»In diesem Lokal bin ich inzwischen Stammgast. Es war meine erste Zuflucht,
nachdem ich als Fremder in Inverness eintraf. Dem Essen in schottischen
Restaurants konnte ich nämlich nichts abgewinnen.«
Als sie Platz genommen hatten, wurden ihnen sofort zwei
umfangreiche Speisekarten vorgelegt. Paul O’Brien wies seinen Gast auf die
Spezialitäten des Hauses hin. Sie studierten gemeinsam das umfangreiche Angebot
und einigten sich schließlich auf eine Vorspeise, zwei Hauptgänge und ein
leckeres Dessert. Dazu bestellte Paul O’Brien einen Rotwein der Edelmarke Montepulciano
d’Abruzzo .
Während sie das köstliche Dinner genossen, führten sie
eine ungezwungene Unterhaltung über alles Mögliche. Dabei vermied es Jenny
vorerst, das Gespräch auf Paul O’Briens Berufsarbeit überzuleiten. Vielmehr
sprachen Sie über die landschaftlichen Besonderheiten der Äußeren Hebriden,
insbesondere über Jennys Heimatinsel Harris . Jenny unterhält regen
Kontakt zu ihren Eltern, während Paul nach dem Tod seiner Mutter jede Beziehung
zu seinem Vater im nordirischen Larne abgebrochen hatte.
Bevor O’Brien die Rechnung beglich, strich er sich über
die Wölbung seines Bauchs. »Das ist doch etwas anderes als das ewige Haggis oder Lamb and Kidney Pie , oder?« Er schüttelte sich vor Widerwillen.
»Wie gut, dass die Globalisierung auch auf kulinarischem Gebiet nicht vor uns
Halt machte. Die europäischen Völker können nur voneinander lernen und
profitieren. Natürlich hat auch Schottland einiges zu bieten, ich denke nur an
den Whisky. Wir sollten unbedingt eine unserer hiesigen Whisky-Destillerien
besuchen, ich kenne einige namhafte Betriebe. Allerdings trinke ich nur selten
Alkohol, schon gar nicht vorm Autofahren. Aber mit dem Viertelliter Rotwein im
Blut werde ich Sie gerade noch heimkutschieren können.«
Daraufhin verließen sie laut lachend das Lokal, nicht
ohne das » Arreviderci, e buona notte « des Wirts freundlich zu erwidern.
Bevor sie sich verabschiedeten, meinte Paul O’Brien: »Was
halten Sie davon, mich einmal im CID zu besuchen? Ich würde Sie durch die
einzelnen Abteilungen führen und Ihnen dann alles über unsere Arbeit erklären.
Als Journalistin dürfte es Sie vielleicht interessieren, einmal einen Blick
hinter die Kulissen dieser Behörde zu werfen. Überlegen Sie sich das in Ruhe,
wir können jederzeit einen Termin vereinbaren.«
Jenny konnte es kaum fassen, dass ihr ein solches
Angebot gemacht wurde und stimmte freudig zu. Sie hätte Paul O’Brien zum
Abschied am liebsten umarmt, beherrschte sich aber. So bedankte sie sich nur
für den gelungenen Abend und gab ihm zu verstehen, wie sehr sie sich auf ein
Wiedersehen freue.
Mit dem sicheren Gefühl, dass sein Schicksal soeben eine
wunderbare Wendung genommen hatte, fuhr Paul vergnügt nach Hause.
Als Jenny Symon vor einem Jahr die Stelle beim Inverness
Report antrat, wurde sie von ihrem neuen Chef, dem wegen seines grauen
Backenbarts etwas großväterlich wirkenden Harry McKinnel, persönlich in ihr
Arbeitszimmer geführt. Sie war sehr angetan von dem hellen und freundlichen,
mit neuem Mobiliar ausgestatteten Raum. Dass sie sich darin wohlfühlen würde,
stellte sie auf den ersten Blick fest. Umso überraschter zeigte sie sich jetzt,
als sie von Paul O’Brien in sein in der Mitte eines langen Gangs gelegenes,
dunkles und mit vergitterten Fenstern versehenes Büro geführt wurde. Er hatte
sie am frühen Morgen angerufen und gefragt, ob sie ihn nicht bereits heute im
CID besuchen wolle Als Lokalredakteurin genoss Jenny Symon viele Freiheiten und
stimmte dieser Einladung sofort zu.
Paul O’Brien begrüßte Jenny Symon am Eingang des grauen
CID-Gebäudes, nachdem ihm der Sicherheitsbeamte an der Pforte ihren Besuch
avisiert hatte, und geleitete sie zunächst durch die verschiedenen Abteilungen.
Nun stand sie in seinem Arbeitszimmer und besah sich verwundert den uralten,
wohl in einigen Jahrzehnten nachgedunkelten Eichenholz-Schreibtisch, davor den
altmodischen Holzsessel mit geschweiften Armlehnen, auf dessen Sitz ein rundes
Kissen mit Blumenmustern lag, sowie die zwei hohen, farblich dazu nicht
passenden Rollladenschränke mit dunkelgrünen Linoleumsockeln.
»Wie Sie sehen, hat unser Staat keine Mühen und Kosten
gescheut, um den Beamten Ihrer Majestät das Arbeiten in diesen
lichtdurchfluteten, modernst eingerichteten Räumlichkeiten so angenehm wie
möglich zu gestalten.« Paul
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