Ein mörderisches Komplott (German Edition)
Anruf hatte sie ständig überlegt, wie sie am
Geschicktesten das Gespräch auf den Busfahrer aus Massachusetts lenken könnte.
Sie wollte keineswegs den Verdacht erwecken, nur wegen eines beruflichen
Problems O’Briens Einladung gefolgt zu sein. Daher war sie zu dem Entschluss
gekommen, dieses Thema bei anderer Gelegenheit anzusprechen. Doch nun wurde ihr
der Vorgang auf eine Weise präsentiert, die ihr ein Ausweichen unmöglich
machte.
»Ist was?«, erkundigte sich Paul O’Brien. Er hatte ihr
Grübeln sofort bemerkt. Nun überlegte er, ob er vielleicht eine falsche
Bemerkung gemacht hatte und blickte sie verunsichert an.
»Nein, es ist nichts! Oder doch! Ich bin tatsächlich
etwas irritiert, denn ich befasse mich momentan mit genau diesem Fall, der mir
schon viele schlaflose Nächte bereitete. Aber ich wollte Sie damit nicht belästigen«,
sagte Jenny und war erleichtert, nun sogar einen idealen Anknüpfungspunkt
gefunden zu haben. »Dieser Mann war kürzlich bei mir und ich habe ihm fest
versprochen, mich seines Problems anzunehmen. Allerdings wollte ich zunächst im
Alleingang versuchen, die Hintergründe eines mysteriösen Unfalls aufzuklären.
Aber nachdem nun Ihrerseits das Stichwort ›Packard‹ fiel, will ich Ihnen gern
berichten, was ich darüber weiß. Natürlich nur, wenn es Sie interessiert.
Eigentlich wollten Sie mir ja von Ihrer Arbeit berichten und nicht umgekehrt.«
Paul O’Brien sah Jenny Symon belustigt an. »Natürlich
bin ich interessiert, und zwar sehr! Wir Kriminalisten sind von Berufs wegen
neugierig, da muss man das persönliche Gespräch hin und wieder zurückstellen.«
Doch ganz unerwartet ging seine Stimme in einen etwas barsch klingenden Ton
über. »Also, schießen Sie schon los, aber lassen Sie nichts aus!«
Jenny Symon spürte eine seltsame Veränderung in Paul
O’Briens Miene und seiner ganzen Körperhaltung. Er kam ihr jetzt vor wie ein
Tiger, der sich zum Sprung auf sein wehrloses Beutetier bereit machte. Zunächst
war sie enttäuscht, dass er sich so wie alle Männer verhielt, nämlich alles um
sich herum zu vergessen, wenn ihnen ein neues Ziel ins Visier geriet. Dann aber
erinnerte sie sich an ein länger zurückliegendes Gespräch mit Garry Gibson,
ihrem väterlichen Freund und Herausgeber der Inselzeitung Lewis Today. Dieser
hatte sie eines Tages weinend an ihrem Schreibtisch vorgefunden und sich
erkundigt, was ihr denn fehle. Jenny hatte sich gerade über ihren
Abteilungsleiter Mr Baird geärgert, dem sie einen höchst interessanten Bericht
zu liefern glaubte, der aber gleich nach einem Telefonanruf seine Sachen
einpackte und grußlos davoneilte. » Mädchen « , hatte Mr Gibson sie
zu trösten versucht, » so sind halt wir Männer. Unsere beiden Gehirnhälften
arbeiten unabhängig voneinander. Dadurch unterscheiden wir uns ganz wesentlich
von euch Frauen. Das ist ein Überbleibsel aus unserer evolutionären
Entwicklung. Der Mann ist immer noch ein Jäger, und wenn der eine Beute
wittert, rät ihm die linke, die denkende Gehirnhälfte, alles stehen und liegen
zu lassen, auch wenn sich die rechte Gehirnhälfte gerade mit gefühlvollen
Dingen befasst. Darum mach dir nichts daraus, deinen Bericht wirst du bestimmt
später loswerden, Mr Baird ist ein feiner und anständiger Mann. «
Paul O’Brien bemerkte sofort, dass er Jenny durch seinen
rauen Tonfall etwas eingeschüchtert hatte. Er streckte seine Hand über den
Tisch und legte sie auf ihren Unterarm. »Ich verfalle leider immer wieder in
einen groben Ton, wenn ich jemanden vernehme. Das habe ich mir leider so
angewöhnt und mir dadurch schon manche Freundschaft verdorben. Aber ich will
mich ab sofort bessern. Kommen Sie, erzählen Sie mir, was Sie wissen. Ich bin
ganz Ohr.« Seine Stimme bekam nun einen beinahe zärtlichen Klang.
Jenny Symon konnte nun nicht anders, als Paul O’Briens
etwas hilfloses Lächeln zu erwidern und gab ihm einen ausführlichen Bericht zum
Besuch Jack Packards.
Danach herrschte eine ganze Weile Schweigen. Paul O’Brien
schaute nachdenklich zum Fenster und Jenny bemerkte, wie vor Erregung seine
Unterkiefer mahlten. Als er sich ihr wieder zuwandte, verriet seine Miene
Betroffenheit. »Wenn sich das alles bewahrheitet, Miss Symon, dann ist es meine
verdammte Pflicht, die Riesenschweinerei aufzuklären. Würden Sie mir dabei wohl
helfen?«
»Aber sicher!« Jenny Symon war froh, sich von dieser
ungeheuren Last befreit zu haben und nun einen kompetenten
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